Piotr NOWATKOWSKI
International Department Supervisor bei RSM Poland
Immer besser gekleidete Polen – XXL-Perspektiven fuer polnische Bekleidungsbranche
Personen, die Polen nach einer laengeren Abwesenheit wieder besuchen, beobachten einen zivilisatorischen Sprung, der in unserem Land in dem letzten Jahrzehnt gemacht wurde. Diese aenderungen beziehen sich nicht nur auf die Infrastruktur, Verbesserung der Leistungsqualitaet und einen besseren Zugang auf Informationen, sondern auch auf uns selbst. Es geht mir dabei gar nicht um die Mentalitaetsaenderung, eine größere Weltoffenheit und immer haeufigere gute Englischkenntnisse der Polen. Ich meine damit unseren Look, und genauer gesagt – unsere Kleidung…Beim Durchwandern der Straßen von polnischen Staedten, insbesondere diesen, die als Metropolen bezeichnet werden, sind die riesigen aenderungen im Kleidungsstil der Polen schwer zu uebersehen. Interessant ist auch, wie sie sich auf die konkreten Zahlen und die Lage der ganzen Bekleidungsbranche auswirken, was ich in diesem Eintrag unter die Lupe nehme.
Der Schaetzungswert des Schuh- und Bekleidungsmarktes in Polen lag im Jahr 2014 bei 7,3 Mrd. Euro[1] und war höher um 5,6% im Vergleich zum Vorjahr. Das Bekleidungssegment verzeichnete ein 5,9% Wachstum gegenueber einem 4,5% Wachstum des Schuhsegments. Bemerkenswert ist, dass in den letzten vier Jahren die ganze Branche ein Durchschnittswachstum von 4% verzeichnete, ausgenommen 2012, wenn ein geringer Rueckgang festgestellt wurde (- 1,6% im Schuhsegment gegenueber 0,5% im Bekleidungssegment). 2014 entwickelten die meisten Unternehmen ihre Handelsketten, was in Zusammenhang mit der wachsenden Nachfrage den Anstieg der Umsatzerlöse zur Folge hatte.
Nur China, Bangladesch und Vietnam?
Zur Beantwortung der Frage, wer heutzutage Polen einkleidet, griff ich nach Daten des Hauptstatistikamtes (GUS) fuer Bekleidungs- und Schuhimport. Ich gebe offen zu, dass ich total ueberrascht war, dass unter den größten Bekleidungs- und Schuhexporteuren die Laender des Mittleren und Fernen Ostens vorherrschen, welche die seit Jahren mit Mode assoziierten Staaten wie Italien und Frankreich auf weit entfernte Plaetze verdraengten. Das heißt aber nicht, dass sich nichts seit der Zeit aenderte, als wir billige Kleider schlechter Qualitaet an den Marktstaenden kauften, die damals eine aehnliche Funktion wie heutige Supermaerkte ausuebten. Es ist naemlich zu beachten, dass der in den GUS-Statistiken angegebene Importwert aufgrund der Zollmeldungen (im Falle der Importeure außerhalb der EU) und der Intrastat-Meldungen (im Falle der EU-Importeure) berechnet wird. Die Tatsache, dass das jeweilige Produkt in einem bestimmten Land hergestellt wurde, muss nicht bedeuten, dass es auf dem Zielmarkt genau mit diesem Land identifiziert wird. Genauer gesagt kann ein Hemd in China oder Bangladesch fuer ein italienisches oder französisches Unternehmen hergestellt werden, unter dessen Marken es in Polen verkauft und erkennbar wird.
Eine immer größere Rolle in dem polnischen Modeeinzelhandel spielen auch einheimische Unternehmen, wie z.B. LPP, die den Verbrauchergeschmack sehr gut treffen und ihre Marken fuer den durchschnittlichen Verbraucher von den Marken der westlichen Bekleidungsunternehmen gar nicht abweichen.
Italienisch klingen wollen und viel mehr
Unsere Nachahmung des Westens und ueberzeugung von einer hohen Qualitaet der davon kommenden Produkte findet auch Widerspiegelung in der Bekleidungsbranche. Nicht zufaellig waehlen viele einheimische Unternehmen einen fremd klingenden Firmennamen, der fuer eine hohe Qualitaet und einen guten Geschmack stehen soll (besonders beliebt sind italienische Firmennamen).
Ein Pole wird zu einem immer mehr anspruchsvollen Verbraucher und alleine eine fremd klingende Marke reicht nicht mehr, damit er sich fuer den Kauf eines bestimmten Kleidungsstuecks bzw. der bestimmten Schuhe entscheidet. Im Kaufentscheidungsprozess sind immer wichtiger Qualitaet, Bequemlichkeit, Einzigartigkeit – immer größerer Beliebtheit erfreut sich z.B. die Maßkleidung. In Bezug auf konkrete Zahlen ist es am wichtigsten, dass wir fuer Kleider immer mehr Geld ausgeben können. Nach einer PMR-Umfrage gab im 2014 eine Frau durchschnittlich 158 PLN fuer ein Rock, 113 PLN fuer eine Hose und 158 PLN fuer Schuhe aus, dagegen ein Mann durchschnittlich 99 PLN fuer ein Hemd, 135 PLN fuer eine Hose und 194 PLN fuer Schuhe.
Mit der Steigerung der Löhne und Gehaelter wird sich der Trend zum Einsetzen der höheren Betraege fuer Kleidung bestimmt verstaerken. Zweifelsohne ist es eine Chance fuer Bekleidungsunternehmen, welche die Premiumprodukte anbieten.
Deswegen fuerchte ich nicht anzunehmen, dass der Modeeinzelhandel zu einem weiteren, sich dynamisch entwickelnden Zweig unserer Wirtschaft wird, indem er auf den polnischen Markt neue Spieler mit den bekannten und angesehenen Marken anlocken wird. Denn obwohl Polen sicherlich immer besser gekleidet sind, steckt das Premiumsegment im polnischen Modeeinzelhandel noch in den Kinderschuhen. Deswegen sind hier die Wachstumsmöglichkeiten viel größer als in den modischen und mit den teuren Marken gesaettigten westlichen Laendern.
[1] PMR Daten.