Magdalena MICHAŁOWSKA
Junior Tax Consultant

Das Finanzministerium veröffentlichte den Entwurf der steuerlichen Erlaeuterungen zur Vermutung und höchsten Sorgfalt bei den Transaktionen mit den Unternehmen aus den sog. Steueroasen. Der Entwurf der Erlaeuterungen unterliegt bis 20. April 2021 den öffentlichen Konsultationen, an denen sich alle Unternehmen beteiligen können.

Einleitung

Der Entwurf betrifft die seit 1. Januar geltenden Vorschriften des Art. 11o Abs. 1b des Körperschaftsteuergesetzes (KStG-PL) und Art. 23za Abs. 1b des Einkommensteuergesetzes (EStG-PL), welche die Fragen der Vermutung und höchster Sorgfalt bei der ueberpruefung der Abrechnungen des anderen Transaktionspartners mit dem Unternehmen, der den Wohnsitz, Sitz oder die Geschaeftsfuehrung auf dem Gebiet oder in dem Staat, der einen schaedlichen Steuerwettbewerb anwendet, regeln. Diese Vorschriften sind auf die im Jahr 2021 und in den Folgejahren durchgefuehrten Transaktionen anzuwenden. Es ist zu beachten, dass die aenderungen betreffend Transaktionen mit Unternehmen aus den sog. Steueroasen insbesondere auf Folgendem beruhen:

  1. Erweiterung des Umfangs der Transaktionen, die auf die Konformitaet mit dem Fremdvergleichsgrundsatz zu pruefen sind, auf die Transaktionen, bei denen der wirtschaftliche Eigentuemer (eng. beneficial owner) den Wohnsitz, Sitz oder die Geschaeftsfuehrung in der sog. Steueroase hat (sogar, falls unser Geschaeftspartner in Polen steuerlich ansaessig ist).
  2. Einfuehrung der neuen Transaktionsschwellen:
  • 500 Tsd. PLN fuer Transaktionen, bei denen sich der wirtschaftliche Eigentuemer in dem Staat oder auf dem Gebiet befindet, der einen schaedlichen Steuerwettbewerb anwendet;
  • 100 Tsd. PLN fuer kontrollierte und nicht kontrollierte Transaktionen mit den Unternehmen aus den sog. Steueroasen.

Das Verzeichnis der Staaten bzw. Gebiete, die den schaedlichen Steuerwettbewerb anwenden, ist der Verordnung des Finanzministers zu entnehmen. In dem Verzeichnis stehen solche Staaten wie Fuerstentum Andorra, die Republik Marshallinseln oder die Britischen Jungferninseln.

Wesen der Vermutung

Gemaeß dem Entwurf der Erlaeuterungen enthaelt der Art. 11o Abs. 1b KStG-PL die Vermutung, die annehmen laesst, dass ein wirtschaftlicher Eigentuemer ein Unternehmen aus der Steueroase ist, falls der andere Partner der Transaktion waehrend des Steuerjahres die Abrechnungen mit einem Unternehmen aus der Steueroase vornimmt. Selbst die Ermittlung der vorgenannten Umstaende hat die Entstehung der Pflicht zur Erstellung einer landesspezifischen Dokumentation von Verrechnungspreisen zur Folge. Die Vermutung findet dann Anwendung, falls ermittelt wird, dass der andere Partner einer Transaktion mit einem Wert von mehr als 500 Tsd. PLN waehrend des Steuerjahres unmittelbar die Abrechnungen mit einem Unternehmen aus der Steueroase vornimmt.

Um welche Abrechnungen handelt es sich genau? Erstens handelt es sich um die Abrechnungen, die waehrend des Steuerjahres des Steuerpflichtigen und nicht waehrend des Steuerjahres des anderen Transaktionspartners vorgenommen werden. Zweitens handelt es sich um die Begleichung der Forderung/Verbindlichkeit gegenueber dem Geschaeftspartner, die u.a. durch Zahlungsmittel (Zahlung), Sachleistungen (uebergabe eines anderen Vermögenswertes oder Erbringung einer Leistung) oder durch die Aufrechnung erfolgen kann. Fuer die Ermittlung, ob der andere Transaktionspartner waehrend des jeweiligen Steuerjahres die Abrechnungen mit dem Unternehmen aus der Steueroase vornimmt, sind irgendwelche Abrechnungen des anderen Transaktionspartners, d.h. die Begleichung irgendwelcher offener Posten (Forderungen/Verbindlichkeiten) relevant. Aufgrund der Ermittlung eines Umstands, dass der andere Transaktionspartner die Abrechnungen mit einem Unternehmen aus der Steueroase vornimmt, entsteht die Vermutung, dass der wirtschaftliche Eigentuemer ein Unternehmen aus der Steueroase ist. Um diese Vermutung in Frage zu stellen, ist es erforderlich, einen gegenteiligen Umstand nachzuweisen, d.h., dass der wirtschaftliche Eigentuemer kein Unternehmen aus der Steueroase ist. Wird diese Vermutung in Frage gestellt, dann entfaellt die Pflicht zur Erstellung einer landesspezifischen Dokumentation von Verrechnungspreisen.

Einhaltung höchster Sorgfalt

Der Begriff der höchsten Sorgfalt ist allen Mehrwertsteuerpflichtigen sehr gut bekannt, denn die Entscheidungen darueber wurden mehrmals durch den EuGH erlassen. Der polnische Gesetzgeber entschied sich, dieses Konzept auch im Bereich der Verrechnungspreise einzufuehren. Gemaeß dem Entwurf der Erlaeuterungen bestimmt der Art. 11o Abs. 1b KStG-PL den Standard der Erwartungen betreffend Handlungen der Steuerpflichtigen, die auf die ueberpruefung abzielen, ob der andere Transaktionspartner waehrend des jeweiligen Steuerjahres die Abrechnungen mit einem Unternehmen aus der Steueroase vornahm. Der Standard der höchsten Sorgfalt kann verschieden weit definiert werden. (…) Im Falle der verbundenen Unternehmen soll die ueberpruefung umfassender sein, denn sie haben im Rahmen der Gruppe größere Möglichkeiten der Mitwirkung, um die relevanten Umstaende zu ueberpruefen.

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Welche Handlungen sind also vorzunehmen? Gemaeß dem Entwurf der Erlaeuterungen reicht es fuer die Einhaltung höchster Sorgfalt bei der Abwicklung der Transaktionen mit fremden Dritten unabhaengig von ihrem Ansaessigkeitsort aus, dass der Steuerpflichtige von dem anderen Transaktionspartner eine schriftliche Erklaerung des Wissens einholt, aus der es sich ergibt, dass der andere Transaktionspartner waehrend des Steuerjahres des Steuerpflichtigen keine Abrechnungen mit einem Unternehmen aus der Steueroase vornimmt. Die Erklaerung betrifft die Abrechnungen des anderen Transaktionspartners waehrend des Steuerjahres, sie ist also ex post, d.h. nach Beendigung des Steuerjahres des Steuerpflichtigen einzuholen. Das Ministerium erklaert, dass die Verpflichtung zur Abgabe der Erklaerung in einem Vertrag enthalten werden kann, der zwischen den Partnern im Laufe des Steuerjahres abgeschlossen wird.

Zugleich kann man nicht annehmen, dass die höchste Sorgfalt eingehalten wurde, falls der Steuerpflichtige ueber die Informationen verfuegt, aufgrund deren er davon Kenntnis hatte bzw. haben sollte, dass die erhaltene Erklaerung der Wahrheit nicht entspricht. (…) Im Falle der Zweifel, ob die Erklaerung der Wahrheit entspricht, bedeutet die Anforderung der Einhaltung höchster Sorgfalt die Notwendigkeit einer weiteren ueberpruefung der fuer die erlaeuterte Vorschrift relevanten Umstaende. Die zusaetzlichen Quellen von Informationen, die von dem verbundenen Unternehmen einzuholen sind, können:

  • Verrechnungspreisdokumentation (Local File, Master File);
  • CbC-Report;
  • Jahresabschluss samt Pruefungsurteil und Pruefungsbericht eines Wirtschaftspruefers;
  • Beteiligungsverhaeltnisse;
  • Gutachten des Vertreters eines vertrauenswuerdigen Berufes (z.B. Wirtschaftspruefers, Rechtsanwalts, Steuerberaters)

sein.

Leider fuehrt die in dem Entwurf vorgeschlagene Vorgehensweise zur Intensivierung der administrativen Belastungen der Steuerpflichtigen.

Zusammenfassung

Sicherlich bestimmen diese Erlaeuterungen viele Fragen naeher, jedoch bereiten sie auch weitere Zweifel und mehr praktische Probleme. War es tatsaechlich die Absicht des Gesetzgebers, den Steuerpflichtigen die Pflicht zur Einholung der vorgenannten Erklaerung von allen Geschaeftspartnern, d.h. verbundenen Unternehmen und fremden Dritten sowie von den polnischen und auslaendischen Unternehmen aufzuerlegen? Wie sollen diejenigen Unternehmen vorgehen, die die betroffene Erklaerung nicht erhalten? Wurde die Transaktion im Laufe des Steuerjahres abgeschlossen, soll der Steuerpflichtige tatsaechlich bis Ende dieses Steuerjahres warten und erst dann den Geschaeftspartner um die Abgabe der vorgenannten Erklaerung bitten? Hoffentlich werden diese Fragen im Rahmen der laufenden steuerlichen Konsultationen aufgeklaert. Bis jetzt haben wir den Eindruck, dass die neuen Anforderungen fuer die meisten polnischen Steuerpflichtigen technisch und praktisch unerfuellbar sind.

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