Das neue Bundesgesetz über die Revision der Quellenbesteuerung des Erwerbseinkommens tritt am 1. Januar 2021 in Kraft und enthält eine ganze Reihe neuer Bestimmungen. Welchen neuen Herausforderungen müssen sich Schweizer Steuerzahler und Arbeitgeber stellen und wie kann man sich am besten darauf vorbereiten? Wir stellen Ihnen die Schlüsselelemente der Reform vor.

Der Zweck der Reform ist die Beseitigung von Ungleichbehandlung zwischen quellenbesteuerten und ordentlich besteuerten Personen. Mit der Überarbeitung soll die Einhaltung des im bilateralen Abkommen über den freien Personenverkehr (FZA) zwischen der Schweiz und den EU/EFTA-Ländern vorgesehenen Grundsatzes der Gleichbehandlung sichergestellt werden. Darüber hinaus soll die Reform die  landesweite Besteuerung der Arbeitseinkommen harmonisieren, indem sie Regeln dort festlegt, wo bisher kantonal unterschiedliche Praxen angewendet worden sind, dies insbesondere für nichtansässige Personen, die pendeln.

 

Was sind die  wichtigsten Auswirkungen für die Schweizer Arbeitgeber?

  • Internationale Auswirkungen

    • Harmonisierter Ansatz des Begriffs des faktischen Arbeitgebers

Nach schweizerischem Recht ist letztlich der Schuldner des zu versteuernden Einkommens, d. h. die juristische Person,  die dem Arbeitnehmer ein quellensteuerpflichtiges Einkommen zahlt,  für die Ablieferung der Quellensteuer an die schweizerischen Behörden verantwortlich. Diese Verpflichtung besteht nur, wenn der Arbeitgeber einen Wohnsitz, eine effektive Verwaltung, eine Zweigniederlassung oder eine feste Agentur in der Schweiz hat. Das jüngste Rundschreiben Nr. 45 über die Quellensteuer  auf  Arbeitseinkommen  verdeutlicht diese Verpflichtung, indem es das Konzept des "faktischen Arbeitgebers" definiert und somit klare Bedingungen festlegt.

Wird ein Arbeitnehmer zu einem schweizerischen Unternehmen entsandt, welches dessen Arbeitskosten trägt und für das Risiko und die Leistung des Arbeitnehmers verantwortlich ist, so gilt der Arbeitgeber, der als "faktischer Arbeitgeber" qualifiziert ist, als Schuldner des zu versteuernden Einkommens und ist daher für die Ablieferung der Quellensteuer verantwortlich.

Bei einer Entsendung von mehr als drei Monaten pro Kalenderjahr muss in der Schweiz die Qualifikation als  wirtschaftlicher Arbeitgeber überprüft werden.  Im Kreisschreiben Nr. 45  wird die Analyse nach den  folgenden Kriterien festgelegt:

  • Bildet die Leistung des Arbeitnehmers einen integralen Bestandteil der Geschäftstätigkeit der schweizerischen Unternehmung?
  • Trägt das schweizerische Unternehmen das Risiko für die Leistung des Arbeinehmers?
  • Übt das schweizerische Unternehmen die Weisungshoheit aus?
  • Ist der entsandte Arbeitnehmer in die Betriebsorganisation der schweizerischen Unternehmung eingegliedert?
  • Trägt die schweizerische Unternehmung die Lohnkosten oder müsste sie sie wirtschaftlich tragen?

 

Wenn eine oder mehrere dieser Fragen bejaht werden, dann ist es notwendig, Ihre Verpflichtungen als potenzieller Schuldner der Quellensteuer  genauer zu prüfen.

  • Veränderung des  zu versteuernden Einkommens in der Schweiz

Gute Nachrichten für die Liquiditätsplanung! Der Anteil des in der Schweiz steuerbaren Einkommens für quellensteuerpflichtige Mitarbeiter und nicht in der Schweiz Ansässige kann nun fortlaufend, ohne vorgängige Genehmigung durch die Steuerbehörden, geändert werden. Allerdings kann der Arbeitgeber im Wohnsitzland des Arbeitnehmers quellensteuerpflichtig werden.

Ab 2021 können von dieser Änderung betroffene Arbeitgeber den Anteil des zu versteuernden Einkommens in der Schweiz für jeden ihrer Mitarbeiter bestimmen und dann ihre potenziellen steuerrechtlichen Verpflichtungen gegenüber dem Wohnsitzland des Arbeitnehmers nach den geltenden Doppelbesteuerungsabkommen und den jeweiligen innerstaatlichen Gesetzen analysieren. Zu beachten ist, dass der Schweizerische Arbeitgeber in einigen Fällen eine Steuerpflicht im Wohnsitzland des Arbeitnehmers haben kann (z. B. Frankreich für den Grenzgänger Kantons Genf).

  • Interkantonale Auswirkungen

    • Steuerüberweisung nur im Wohnkanton

Nach den schweizerischen  Steuervorschriften  wird die geschuldete Quellensteuer vom Arbeitgeber direkt vom Gehalt des Arbeitnehmers abgezogen und an den Kanton weitergegeben, in dem er seinen Sitz hat. Ist der Arbeitnehmer in der Schweiz wohnhaft, ist die Quellensteuer in seinem Wohnkanton  fällig. Es ist nicht mehr möglich, die Quellensteuerabrechnung für sämtliche quellensteuerpflichtigen Personen über den Kanton des Sitzes oder der Betriebsstätte des Arbeitgebers vorzunehmen. Am Ende  des Tages kann dies zu potenziellen finanziellen Engpässen für den Arbeitnehmer sowie zu einem erheblichen Verwaltungsaufwand führen, da die Steuersätze zwischen den 26 Schweizer Kantonen nicht harmonisiert sind.

Die territoriale Zuständigkeit für die Steuererhebung wird sich ab 2021 ändern. Als anspruchsberechtigter Kanton gilt grundsätzlich der Wohn- oder Wochenaufenthaltskanton des quellensteuerpflichtigen Arbeitnehmers. Ist der Arbeitnehmer im Ausland ansässig und verfügt über keinen Wochenaufenthaltsort in der Schweiz, ist der Kanton anspruchsberechtigt, in welchem der Arbeitgeber seinen Sitz, seine tatsächliche Verwaltung oder seine Betriebsstätte hat.

Der Schuldner des zu versteuernden Einkommens (SSL) muss sich im richtigen Kanton registrieren und die Ankunft, Abreise und Situation jedes Arbeitnehmers bekannt geben. Auch im Falle eines Kantonswechsels müssen die erforderlichen Änderungen bereits im Monat nach dem Wohnsitzwechsel des Mitarbeiters bekannt gegeben werden. Dies erfordert ein reibungsloses Ankündigungsverfahren zwischen den Arbeitnehmern, ihrem Arbeitgeber und den Steuerbehörden.

  • Harmonisierung der Berechnungsmethoden

Je nach Wohnort gelten folgende Methoden zur Berechnung der Quellensteuer:

  • Jährlich : Der Steuerzeitraum bezieht sich auf das Kalenderjahr: Genf, Waadt, Freiburg, Tessin und Wallis. Der monatliche Bruttolohn des Arbeitnehmers wird mit dem Satz besteuert, der dem gesamten Bruttojahreseinkommen entspricht, der jährlich an den Kanton gezahlt wird. Das Einkommen wird also monatlich auf das jährliche Einkommen hochgerechnet, wobei Effekte aus Vorperioden berücksichtigt sein sollten (z.B. einmalige Boni-Zahlungen dürfen nicht hochgerechnet werden, Lohnerhöhungen gelten nicht zwangsläufig rückwirkend, usw.)
  • Monatlich : Die Steuerperiode entspricht dem Monat: in allen anderen Kantonen. Der Steuersatz wird monatlich aufgrund des jeweiligen Bruttoeinkommens im Erwerbsmonat ermittelt. Das führt z.B. dazu, dass ein Bonus zu einem wesentlich höheren Steuersatz im Abrechnungsmonat führt (Progression).

 

  • Payroll Software und Tools für die Gehaltsabrechnung

Die bestehenden Quellensteuerübertragungskanäle ("Swissdec",  "e-demarches"und die papierbasierte Lösung) werden zwar weiterhin bestehen, aber angepasst. Um die wesentlichen Änderungen zu verwalten, wird es wichtig sein, Ihren Übertragungskanal anzupassen. Die elektronischen- sowie papierbasierten Übermittlungsverfahren werden in Kürze von den Schweizer Behörden angepasst. Sie müssen jedoch sicherstellen, dass Ihre Swissdec-zertifizierte Software über die erforderlichen Änderungen verfügt und möglicherweise Schritte zur Aktualisierung unternehmen.

  • Administrative Auswirkungen

Es wird drei wesentliche Änderungen an den Steuertabellen geben:

  • Der Steuertarif D für Einkünfte aus Nebenwerb verschwindet. Für die Bestimmung des Steuersatzes müssen die gesamten Einkünfte berücksichtigt werden. Dazu muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber sein zusätzliches Beschäftigungspensum und die verschiedenen Lohnbestandteile mitteilen.
  • Ist ein Arbeitnehmer im Teilzeitpensum angestellt, so muss der Arbeitgeber neu ermitteln, ob noch weitere Anstellungsverhältnisse bestehen. Bestehen mehrere Anstellungsverhältnisse, ist das Einkommen aus allen Erwerbstätigkeiten und Ersatzeinkünften für die Berechnung des satzbestimmendes Einkommens massgebend. Besteht nur ein Arbeitsverhältnis und werden keine weiteren Einkünfte erzielt, muss keine Umrechnung erfolgen.
  • Ersatzeinkünfte (Taggelder, Renten, usw), die nicht über den Arbeitgeber ausbezahlt werden, unterliegen der neuen Skala G (Grenzgänger aus Deutschland Tarif Q).
  • Wurde im Arbeitsvertrag keine monatliche Auszahlung des 13.Monatslohnes vereinbart,ist es nicht zulässig, den 13. Monatslohn monatlich auszuzahlen, um eine Progression der Quellensteuer zu reduzieren, welche sonst bei jährlicher Auszahlung anfallen würde. Wird der 13. Monatslohn vierteljährlich, halbjährlich oder jährlich ausbezahlt, so muss der Anteil des 13. Monatslohnes zu den Einkünften im Auszahlungsmonat hinzugerechnet werden (25, 50 oder 100%).
  • Der Zivilstand und die Familienentgelte der Arbeitnehmer werden monatlich und nicht mehr rückwirkend zu Jahresbeginn festgelegt. Der Arbeitnehmer hat daher den Arbeitgeber innerhalb eines Monats über Änderungen zu informieren. Eine Korrekturabrechnung, falls die Meldung nicht rechtzeitig erfolgt, ist nach wie vor möglich.

 

Was sind  die wichtigsten Veränderungen für die in der Schweiz tätigen Mitarbeitenden?

  • Korrektur der Quellensteuer aufgrund von zusätzlichen Abzügen

Bisher konnte jede quellenbesteuerte Person im Quellensteuertarif gar nicht oder bloss pauschal berücksichtigte Abzüge geltend machen. Dies ist neu nicht mehr möglich. Neu kann der Steuerpflichtige einen Antrag auf Vornahme einer nachträglichen ordentlichen Veranlagung einreichen (siehe unten).

Ausnahmsweise kann bis zum 31. März des folgenden Jahres eine Neuberechnung der Quellensteuer verlangt werden, wenn

a) der der Quellensteuer unterliegende Bruttolohn falsch ermittelt wurde;

b) das satzbestimmende Einkommen falsch ermittelt wurde oder

c) der falsche Tarif angewendet wurde.

  • Nachträgliche ordentliche Veranlagung bei Ansässigkeit in der Schweiz

Bereits bisher waren einige Arbeitnehmende zu einer nachträglichen ordentlichen Veranlagung verpflichtet (z.B. jährliches Bruttoeinkommen über CHF 120‘000, Immobilienbesitz, steuerpflichtiges Vermögen).

Neu kann jeder Arbeitnehmer bis am 31. März des Folgejahres einen Antrag auf Vornahme einer nachträglichen ordentlichen Veranlagung einreichen. Die Quellensteuer wird weiterhin vom Arbeitgeber erhoben, die Steuerpflichtigen werden jedoch anschließend nach dem regulären Steuersystem besteuert. Die bereits erhobene Quellensteuer wird vom Gesamtbetrag der Steuer abgezogen.

Es ist darauf hinzuweisen, dass die nachträgliche ordentliche Veranlagung auch für zukünftige Steuerperioden gilt; und dies auch dann, wenn die Steuersituation sich wesentlich ändert (Scheidung, Aufgabe der Erwerbstätigkeit, usw.). Die nachträgliche ordentliche Veranlagung besteht also für die Dauer der Quellenbesteuerung fort.

  • Nachträglich ordentliche Veranlagung bei Ansässigkeit im Ausland

Eine quellensteuerpflichtige Person mit Ansässigkeit im Ausland ist nicht verpflichtet, eine Steuererklärung zur Meldung ihres weltweiten Einkommens und Vermögens einzureichen, da ihre Steuerschuld in der Schweiz auf die Arbeitstage beschränkt ist, die sie in der Schweiz gearbeitet hat. Für die übrigen Arbeitstage bleibt die Steuerpflicht im Wohnsitzstaat bestehen.

Die Steuerpflichtigen mit Ansässigkeit im Ausland können  ebenfalls eine nachträgliche ordentliche Veranlagung beantragen, wenn sie eine der folgenden Bedingungen erfüllen:

  • Der überwiegende Teil des weltweiten Einkommens ist in der Schweiz steuerpflichtig (mehr als 90% des Einkommens des Arbeitnehmers und seines Ehegatten unterliegen in der Schweiz der Steuer); oder
  • Die Situation des Steuerpflichtigen ist vergleichbar mit einer in der Schweiz wohnhaften steuerpflichtigen Person (z.B. wenn der Steuerpflichtige in seinem Wohnsitzland nicht über ein ausreichendes zu versteuerndes Einkommen verfügt, um die zulässigen Steuerabzüge (Familienstand, Kinderabzüge) in Anspruch zu nehmen); oder
  • Steuerabzug von ausländischen Rentenbeiträgen, den die Schweiz im Rahmen eines Doppelbesteuerungsabkommens akzeptieren muss.

Dieses Gesuch muss, anders als die Behandlung der in der Schweiz wohnhaften Personen, jährlich erneuert werden. Quellensteuerpflichtige Personen können ohne Antrag ihrerseits keine weiteren Abzüge (Einkäufe der 2. Säule, Beiträge der 3. Säule a usw.) geltend machen.

Der Antrag auf die nachträgliche ordentliche Veranlagung wird geprüft und kann abgewiesen werden, wenn die Voraussetzungen nicht erfüllt werden. Gegen diese Verfügung können die ordentlichen Rechtsmittel ergriffen werden.

Es ist neu auch möglich, dass eine nachträgliche ordentliche Veranlagung bei Ansässigkeit im Ausland von Amtes wegen durchgeführt wird. Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn z.B. ein selbständiger Nebenerwerb, oder Liegenschaftenerträge vorliegen.

 

Unsere Empfehlungen

Die Überarbeitung wird erhebliche Veränderungen für Unternehmen und Arbeitnehmer mit sich bringen. Um sich an die neuen Anforderungen anzupassen und die neuen geltenden Vorschriften einzuhalten, raten wir Unternehmen, die Situation zu  prüfen, um allfällige Lücken zu schliessen sowie einen Massnahmenplan zu entwickeln.

Um 2021 einsatzbereit zu sein, müssen die Arbeitgeber auch sicherstellen, dass sie ihre Mitarbeiter angemessen über die bevorstehenden Änderungen informieren. Als Schuldner des zu versteuernden Vorteils müssen die Arbeitgeber  die Situation ihrer Arbeitnehmer regelmäßig überwachen und die Quellensteuerabzüge entsprechend der tatsächlichen Situation überprüfen und gegebenenfalls anpassen.

Außerdem empfehlen wir Arbeitnehmern, die bisher nur an der Quelle besteuert werden, die aber eine nachträgliche ordentliche Veranlagung beantragen könnten, die Steuerfolgen zu berechnen, um zu beurteilen, ob eine nachträgliche ordentliche Veranlagung erstrebenswert wäre.

> Unsere Outsourcing- und Tax & Legal-Teams werden mobilisiert, um Sie bei der Überprüfung dieser neuen Verpflichtungen und der Umsetzung der Unterstützung für diesen Übergang zu unterstützen. RSM Schweiz freut sich, die Unterstützung, die genau zu Ihren Bedürfnissen passt, auszudehnen und Ihnen bei den verschiedenen Schritten dieser Steuerumrüstung behilflich zu sein. Wir unterstützen Sie gerne dabei, konkrete Folgen in Ihrem Fall zu prüfen und die optimale Lösung für Sie zu erarbeiten.

> Bei Fragen zur Lohnabrechnung wenden Sie sich bitte an unser  Outsourcing-Team::

Französischsprachige Schweiz (Genf & Lausanne):  Olivier Betrisey

Deutschsprachige Schweiz (Zürich)  :  Thomas Laube.

> Für jede rechtliche und steuerliche Unterstützung für Arbeitgeber oder Arbeitnehmer:

Französischsprachige Schweiz (Genf & Lausanne):  Daniel Spitz  &  Augustin de La Chapelle

Deutschsprachige Schweiz(Zürich):  Pascal Sigrist

> RSM wird ab Ende September in mehreren Sprachen (französlsch, deutsch und englisch) Webinare abhalten, um Sie über die wichtigsten Änderungen zu informieren und allfällige Fragen zu beantworten. Die Webinareinladungen finden Sie unter https://www.rsm.global/switzerland/events. Bitte wählen Sie Ihre Sprache aus.