Piotr STASZKIEWICZ
Audit Partner bei RSM Poland

In der letzten Zeit schrieben wir auf unserem Blog viel ueber Finanzinstrumente: ihre Definition, Klassifizierung, Bewertung, Wertminderungen u.dgl. Da dieses Thema immer noch aktuell bleibt, veröffentlichen wir bald in Form von Q&A die am haeufigsten gestellten Fragen sowie erlaeutern wir diejenigen betreffend Finanzinstrumente, die unsere Leser quaelen.

Heute dagegen, einigermaßen in Zusammenhang mit dem herrschenden  Epidemiezustand und einigermaßen zur Fortsetzung des Themas Wertminderungen von Vermögenswerten (Forderungen), entschloss ich mich, die Bewertung der Bilanzposten nach Fair Value unter die Lupe zu nehmen.

Wir schrieben bereits ueber Geschaeftsvorfaelle nach dem Bilanzstichtag  sowie darueber, wie die Einstellung des Handels bzw. der Produktion in dem Jahresabschluss fuer 2019 widerspiegelt werden soll. Jetzt soll man ueberlegen, wie die wirtschaftliche Verlangsamung in den Buechern fuer 2020 darzustellen ist, besonders, dass bald die Gesellschaften ihre Halbjahresabschluesse aufstellen und darin die Auswirkung von COVID-19 und Konjunkturrueckgang auf die Bewertung von Vermögenswerten praesentieren werden.

Die Folgen von Coronavirus und den Abschwung kann man in der Finanzberichterstattung im weiten Sinne auf folgende Analyse beschraenken:

  • Beurteilung der Fortfuehrungsfaehigkeit
  • Bewertung von Vermögenswerten;
  • Analyse des Anstiegs der Unsicherheit bei Schaetzungen der Geschaeftsleitung des Subjekts;
  • entsprechende Beschreibung sowohl der Schaetzungen, als auch der Risikomanagement-Fragen;
  • Analyse der erforderlichen zusaetzliche Angaben in dem Abschluss, darunter von Eventualverbindlichkeiten oder Rueckstellungen;
  • kritische Analyse der in den Abschluessen enthaltenen Daten durch den Abschlusspruefer.

Beurteilung der Fortfuehrungsfaehigkeit

In der laufenden Berichterstattung ist die richtige Beurteilung der Faehigkeit des jeweiligen Unternehmens zur Fortfuehrung der Geschaeftsfaehigkeit durch dessen Geschaeftsfuehrung relevant. Ist naemlich die Geschaeftsfuehrung der Meinung, dass solch eine Faehigkeit nicht vorliegt, dann ist der Abschluss unter Anwendung der anderen Berichterstattungsregeln als – man kann sagen – die „alltaeglichen” aufzustellen. Das gilt sowohl fuer die Regeln gemaeß dem Rechnungslegungsgesetz als auch gemaeß IFRS. Gemaeß Art. 29 des Rechnungslegungsgesetzes falls die Annahme der Fortfuehrung der Geschaeftstaetigkeit nicht begruendet ist, dann sind die Vermögenswerte nach dem Nettoveraeußerungswert zu bewerten, der jedoch nicht höher als der bisherige Wert von Vermögenswerten (d.h. Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten gemindert um planmaeßige bzw. außerplanmaeßige Abschreibungen) sein soll. Man soll auch die Rueckstellung fuer zusaetzliche und voraussichtliche Kosten bilden, die mit der Einstellung der Geschaeftstaetigkeit bzw. dem Verlust der Fortfuehrungsfaehigkeit zusammenhaengen. Auch gemaeß IFRS 1 Par. 25 sowie Par. 4.1 des Rahmenkonzepts fuer Finanzberichterstattung ist klar darzustellen, wenn der Abschluss unter Annahme der Fortfuehrung der Geschaeftstaetigkeit nicht aufgestellt wird und welche Grundsaetze fuer Bewertung und Darstellung der Daten dann angewendet werden.

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Bewertung von Vermögenswerten

Manche Subjekte bewerten ihre Sachanlagen und Finanzinvestitionen (aufgrund von IAS 16 und IAS 40) nach dem beizulegenden Zeitwert, der im Weiteren als Fair Value bezeichnet wird. Solche Subjekte solle den MSSF 13 – Fair value measurement neu analysieren, um die eventuellen Probleme im Voraus vorzusehen.

Worauf weist IFRS 13 hin?

Dieser Standard ist ueberall dort anzuwenden, wo ein anderer Standard die Bewertung nach Fair Value zulaesst bzw. dies erfordert oder die Angaben ueber Bewertung nach Fair Value unabdingbar sind. Die in dem IFRS 13 beschriebenen Grundsaetze der Bewertung nach Fair Value haben keine Anwendung auf Bewertung der anteilsbasierten Verguetungen (IFRS 2), Leasingverhaeltnisse (IFRS 16) sowie auf die Bewertungen, die Fair Value aehnlich sind, aber tatsaechlich danach nicht erfolgen (IAS 2 – Bewertung nach dem Nettoveraeußerungswert (sog. net realisable value) oder IAS 36 – Wertminderung von Vermögenswerten).

Fair Value ist ein Preis, den man bei der Veraeußerung des Vermögenswertes erhalten bzw. fuer uebertragung der Schulden bei einem ueblichen Geschaeft zwischen den Marktteilnehmern zahlen könnte. Ich versuche zu erklaeren, was die Geschaeftsfuehrung der Gesellschaft machen soll, um die Bewertung nach Fair Value waehrend der Rezession richtig anzuwenden - sei es eine voruebergehende Rezession, die z.B. durch die Epidemie verursacht wurde oder eine langfristige, die auf Wirtschaftszyklen, demografische Veraenderungen oder die durch die Regierungen von mehreren Staaten getroffenen Entscheidungen zurueckzufuehren ist.

Nachdem der zu bewertende Vermögenswert identifiziert ist, soll die Geschaeftsfuehrung den entsprechenden Markt finden, der fuer diesen zu bewertenden Vermögenswert am zutreffendsten waere sowie die Bewertungstechnik und die Inputdaten, die sie bei der Bewertung nutzen will, waehlen.

Bewertungstechniken und Bewertungshierarchie

Als Bewertungstechniken kann man grundsaetzlich folgende nennen:

  • Marktansatz – basiert auf marktueblichen Transaktionen der gleichen oder aehnlichen Vermögenswerte (auch der Verbindlichkeiten, jedoch fuer Zwecke dieses Beitrags konzentrieren wir uns auf Bewertung von Vermögenswerten);
  • Ertragsansatz – basiert auf den kuenftigen Betraegen, die sich z.B. aus Cashflows ergeben, und anschließend auf den aktuellen Wert diskontiert werden.
  • Kostenansatz – basiert auf dem Betrag, der oft auf die laufenden Kosten des Ersatzes des jeweiligen Vermögenswertes bezogen wird.

Fuer die Durchfuehrung einer zuverlaessigen Bewertung sind auch die angemessenen Inputdaten unabdingbar. Waehrend der Standard nicht bestimmt, welche Bewertungstechnik besser oder schlechter ist, dann ist im Falle von Inputdaten fuer die Bewertung die durch den Standard festgelegte Hierarchie von Bedeutung. Nach IFRS 13 ist es naemlich wichtig, dass die fuer Bewertung nach dem beizulegenden Zeitwert angewendeten Techniken die Nutzung der beobachtbaren Inputdaten maximieren und zugleich die Nutzung der nicht beobachtbaren Daten einschraenken. Mit anderen Worten konzentrieren sich die Grundsaetze der Bewertung nach Fair Value und die unten genannte Hierarchie auf Inputdaten und nicht auf Bewertungstechnik als solche.

Welche Bewertungshierarchie gibt es also?

  • Erstens (Stufe 1) sollen wir versuchen, fuer die Bewertung die nicht korrigierten Daten (Preisnotierungen) auf aktiven Maerkten fuer identische Vermögenswerte wie unsere zu bewertenden Vermögenswerte zu verwenden. In diesem Fall sprechen wir ueber die zuverlaessigsten Daten und gerade solche sollen wir zuerst verwenden.
  • Zweitens (Stufe 2) sollen wir die beobachtbaren (objektiven und messbaren) aber anderen als beim vorgenannten Ansatz genutzten Inputdaten verwenden, die fuer den zu bewertenden Vermögenswert unmittelbar oder mittelbar zu beobachten sind.
  • Erst am Ende (Stufe 3) können wir beim Fehlen der auf Stufe 1 und 2 genannten Daten die nicht beobachtbaren Daten nutzen.

COVID-19 vs. Bewertung von Vermögenswerten

Angesichts des Vorgenannten hat man bei der Durchfuehrung der Bewertung in der aktuellen Wirtschaftslage u.a. Folgendes zu beruecksichtigen:

  • Antwort auf COVID-19, welche den Anstieg der Heimarbeit zur Folge hat und ihre Auswirkung auf bestimmte Kennzahlen, z.B. der leerstehenden Immobilien bei der Bewertung von Investitionsimmobilien;
  • Antwort auf COVID-19, die sich auf den Zugang zum Kapital oder Markt auswirkt;
  • Rueckgang der Zinssaetze fuer risikofreie Instrumente und aenderungen der Liquiditaet, die sich auf die Diskontsaetze auswirken können oder
  • aenderung der Risikopraemie.

Besonders wenn wir die Inputdaten auf Stufe 3 anwenden, muessen wir die Gueltigkeit der messbaren Daten sowie die Risiko- bzw. Unsicherheitsfolgen bei Anwendung der Abzinsung beachten. Bei Bewertung und Verwendung der Cashflows kommen noch die Fragen hinzu, die mit den sich aendernden Vertraegen (z.B. Mietvertraegen) , der Wahrscheinlichkeit der Vertragsbeendigung, Wahrscheinlichkeit der Cashflows u.dgl. zusammenhaengen.

Auch bei Verwendung der Inputdaten auf Stufe 1 und 2 sollen wir beachten, dass COVID-19 oder wirtschaftliche Hemmung die Veraenderlichkeit auf Finanzmaerkten zur Folge haben, was sich wiederum auf die Zuverlaessigkeit der Marktpreise auswirken kann.

Zum Schluss bleibt die Frage, was mit Bewertung der anderen Vermögenswerte, auf welche sich IFRS 15, IFRS 9 und IFRS 16 beziehen. Davon erzaehle ich jedoch in dem naechsten Beitrag.

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