In einem sich ständig wandelnden wirtschaftlichen Umfeld müssen Unternehmen ihre Finanzstruktur häufig anpassen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Das im Januar 2025 veröffentlichte Kreisschreiben 32a der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) stellt einen Wendepunkt im schweizerischen Steuerrahmen dar und bietet klarere Lösungen zur Unterstützung von Unternehmen in Schwierigkeiten oder im Umbruch. Diese Reform eröffnet neue steuerliche Chancen für Unternehmen, die eine Restrukturierung oder Rekapitalisierung anstreben und dabei die neuen Vorgaben einhalten wollen, um ihre finanzielle Gesundheit auf optimale Weise wiederherzustellen.

Wirtschaftlicher und steuerlicher Kontext: Ein fruchtbarer Boden für strategische Überlegungen

Die Resilienz eines Unternehmens hängt oft entscheidend von seiner Fähigkeit ab, die Finanzstruktur an veränderte Umstände anzupassen. In der Schweiz bietet das Steuerrecht mittlerweile klarere Instrumente, um solche Übergänge zu unterstützen. Das im Jahr 2025 veröffentlichte Kreisschreiben 32a der ESTV stellt einen bedeutenden Schritt zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Restrukturierungen dar. Es ersetzt das bisherige Kreisschreiben 32 aus dem Jahr 2010 und ändert zwar nicht die Gesetzgebung, bestätigt jedoch die Weiterentwicklung der Praxis geprägt durch aktuelle Urteile des Bundesgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts sowie durch die Reform des Gesellschaftsrechts.

Das erklärte Ziel ist klar: Es soll ein konsistenter und praxistauglicher steuerlicher Rahmen für Unternehmen in Schwierigkeiten oder im Umbruch geschaffen werden, insbesondere in den Bereichen der Emissionsabgabe, der Verrechnungssteuer (die ESTV-Praxis wird durch das Kreisschreiben bestätigt) und der Gewinnsteuer.

Direkte Steuern: Forderungsverzichte ohne Einfluss auf den Gewinn – ein vereinfachter Hebel

Ein bedeutender Fortschritt betrifft die Behandlung von Forderungsverzichten durch Aktionäre (direkt oder indirekt). Bis vor Kurzem konnten solche Vorgänge zu steuerbarem Ertrag bei der begünstigten Gesellschaft führen, sofern keine komplexen Strukturen wie etwa Debt-Equity-Swaps verwendet wurden. Neu gilt: Wird ein Forderungsverzicht buchhalterisch ohne Einfluss auf die Erfolgsrechnung erfasst, ist dieser explizit von der Bemessungsgrundlage der Gewinnsteuer ausgenommen. Dieses Prinzip gilt unabhängig davon, ob die Transaktion der Wiederherstellung der finanziellen Gesundheit dient. Mit anderen Worten: Eine finanzielle Restrukturierung kann nun steuerneutral erfolgen, sofern die entsprechenden buchhalterischen Voraussetzungen erfüllt sind.

Indirekte Steuern: Emissionsabgabe als Optimierungsinstrument

a) Steuerfreier Schwellenwert bei Restrukturierungen

Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe k des Bundesgesetzes über die Stempelabgaben sieht unter bestimmten Voraussetzungen eine Befreiung von der Emissionsabgabe bis zu einem Betrag von CHF 10 Millionen vor. Dieser steuerfreie Schwellenwert gilt für Einlagen von Aktionären zur Deckung buchhalterischer Verluste. Kreisschreiben 32a präzisiert, dass bei der Berechnung des zu deckenden Fehlbetrags nur bestimmte Reserven zu berücksichtigen sind. Gewinnvorträge und freiwillige Gewinnreserven sofern vorhanden müssen angerechnet werden. Gesetzliche Reserven sowie aus Kapitaleinlagen stammende Reserven unabhängig davon, ob sie der Emissionsabgabe unterlagen oder nicht bleiben hingegen ausser Betracht.

Das Kreisschreiben bestätigt, dass der Verlustausgleich nach den Grundsätzen des Handelsrechts erfolgen muss. In der Praxis heisst das: Der Ausgleich muss formell beschlossen werden. Dies geschieht in der Regel an der Generalversammlung, die den Jahresabschluss genehmigt. Dieser Punkt wurde vom Bundesgericht bestätigt und ist Voraussetzung für die Steuerbefreiung.

b) Steuererleichterung beantragen bei Überschreitung des Freibetrags

Ein Erleichterungsgesuch nach Artikel 12 desselben Gesetzes ist möglich, wenn der steuerfreie Schwellenwert von CHF 10 Millionen nicht ausreicht oder nicht genutzt wird. Die ESTV prüft solche Gesuche umfassender. Das Unternehmen muss aufzeigen, dass ein echter Fehlbetrag besteht, der nicht durch offene oder willkürliche stille Reserven gedeckt werden kann. Zudem muss klar sein, dass die Erhebung der Emissionsabgabe schwere Folgen hätte. Bestimmte sogenannte obligatorische stille Reserven, zum Beispiel aus der Neubewertung von Liegenschaften oder Beteiligungen, dürfen unberücksichtigt bleiben. Dies gilt insbesondere, wenn sie aus den Vorschriften der Rechnungslegung stammen.

Ein weiteres zentrales Kriterium ist die Nachhaltigkeit der Restrukturierung. Eine Erleichterung wird nur gewährt, wenn das Unternehmen nach der Massnahme wirtschaftlich nicht mehr überschuldet ist. Das Eigenkapital darf nach der Restrukturierung nicht mehr negativ sein. Ziel ist es nicht nur, buchhalterische Verluste zu beseitigen, sondern eine solide und glaubwürdige finanzielle Basis wiederherzustellen.

Wir unterstützen Sie mit einer individuellen und fallbezogenen Analyse

Das neue Kreisschreiben eröffnet spannende Perspektiven für Unternehmen, die eine Sanierung oder Kapitalneuausrichtung anstreben. Gleichzeitig bringt es jedoch formale und materielle Anforderungen mit sich, die sorgfältig beachtet werden müssen.

Die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung oder -erleichterung hängen von verschiedenen Faktoren ab. Entscheidend ist unter anderem die Art der verfügbaren Reserven, der Zeitpunkt der buchhalterischen Erfassung, die Bilanzierung sowie der Nachweis des Restrukturierungsbedarfs.

In diesem Zusammenhang ist eine individuelle und kontextbezogene Analyse unerlässlich. Die steuerlichen Auswirkungen einer Rekapitalisierung oder Restrukturierung vorausschauend zu prüfen, ist heute kein optionaler Schritt mehr, sondern ein strategischer. Unternehmen profitieren klar davon, sich von erfahrenen Beratern begleiten zu lassen, die rechtliche, buchhalterische und steuerliche Anforderungen gezielt in Einklang bringen und so jede Massnahme optimal absichern.

Unser multidisziplinärer Ansatz vereint Steuerrecht, Rechnungslegung, Gesellschaftsrecht und strategische Beratung. So entwickeln wir massgeschneiderte, sichere und wirkungsvolle Lösungen. Da jeder Fall einzigartig ist, legen wir besonderen Wert auf eine individuelle Analyse, um den Nutzen zu maximieren und die Risiken gezielt zu steuern.

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