Die vier von der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) festgelegten Kategorien von Kryptowährungen gelten sowohl für die Besteuerung natürlicher Personen als auch für juristische Personen.
In diesem Abschnitt wird die steuerliche Behandlung von Kryptowährungs-Token betrachtet, wenn sie von einem Unternehmen oder einem professionellen Einzelhändler gehalten oder gehandelt werden, sowie wenn sie von einem Unternehmen im Rahmen eines ICO (Initial Coin Offering) oder ITO (Initial Token Offering) ausgegeben werden.
Steuerliche Behandlung von Token im Besitz eines Unternehmens oder eines professionellen Trader
Kryptowährungs-Token müssen in der Bilanz als Vermögenswert ausgewiesen werden, in der Regel als Wertschrift. Wenn der Handel mit diesen Token einen wesentlichen Teil der Geschäftstätigkeit des Unternehmens darstellt, kann auch eine Einstufung als Vorräte angemessen sein.
Wie bereits erwähnt, kann der Handel einer Einzelperson als berufliche Tätigkeit eingestuft werden, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind. Für solche Steuerpflichtige verweisen wir auf den entsprechenden Abschnitt weiter oben. Der folgende Abschnitt bezieht sich ausschliesslich auf Unternehmen.
Bewilligungen
Es ist erwähnenswert, dass der Handel mit Kryptowährungen in bestimmten Fällen einer Bewilligung durch die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA) unterliegen kann. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn ein Unternehmen grosse Handelsvolumen bewegt und über zahlreiche Kundinnen und Kunden verfügt. Die Art der erforderlichen Bewilligung hängt davon ab, welche Art von Kryptowährung gehandelt wird (zum Beispiel ob diese von der FINMA als Wertpapier eingestuft wird).
Die Erlangung solcher Bewilligungen war in der Vergangenheit mit hohen Hürden verbunden, da die Anforderungen streng sind. Die Schweiz ergreift jedoch Massnahmen, um den Zugang zum Handel mit Kryptowährungen zu erleichtern. Seit August 2021 gilt eine gesetzliche Reform, mit der ein neues Lizenzmodell für den Handel mit DLT-Wertpapieren (Distributed Ledger Technology) eingeführt wurde. Diese Lizenz ist weniger streng als herkömmliche Handelsbewilligungen. Unternehmen, die über diese Lizenz verfügen, dürfen auch Privatpersonen den Zugang gewähren und können Verwahr-, Abwicklungs- und Clearingdienstleistungen erbringen, ohne dafür zusätzliche Bewilligungen zu benötigen. Da die Blockchain ebenfalls eine DLT-Technologie ist, ermöglicht diese Regelung einen einfacheren Zugang zum Handel mit DLT-Vermögenswerten einschliesslich Kryptowährungen.
Gleichzeitig wurde das Geldwäschereigesetz überarbeitet, um auch DLT-Handelsplattformen zu erfassen. Nach der überarbeiteten Gesetzgebung unterliegen DLT-Handelsplätze, die als Finanzintermediäre gelten, bestimmten Pflichten – insbesondere zur Identifikation der Kundschaft und zur Prüfung ihrer Vermögenswerte. Eine DLT-Handelsplattform gilt nur dann als Finanzintermediär, wenn die Handelsdienstleistungen im Rahmen einer dauerhaften Geschäftsbeziehung erbracht werden.
Einkommenssteuer
Unternehmen oder Einzelpersonen, die mit Kryptowährungen im Rahmen einer selbständigen Erwerbstätigkeit handeln, unterliegen in der Schweiz der Gewinnsteuer auf den Reinertrag aus dem Verkauf dieser Kryptowährungen.
Wichtig ist zu beachten, dass im Unternehmenskontext sämtliche Gewinne einschliesslich Kapitalgewinne steuerpflichtig sind. Verluste hingegen, auch Wertverluste, können steuerlich geltend gemacht werden. Dies im Gegensatz zur privaten Vermögenssphäre, in der solche Verluste in der Regel nicht abzugsfähig sind.
Kapitalsteuer
Kryptowährungs-Token, die von einem Unternehmen gehalten werden und damit dessen Vermögen darstellen, unterliegen grundsätzlich nicht der Kapitalsteuer. Eine Ausnahme besteht bei Unternehmen in Liquidation.
Stempelabgabe
Der Handel mit bestimmten Token kann der eidgenössischen Umsatzabgabe (Stempelabgabe) unterliegen. Dies gilt insbesondere für ausländische Kapital-Token sowie für asset-backed Token mit Stimmrechten. Die steuerlichen Auswirkungen sollten im Einzelfall sorgfältig geprüft werden.
Mehrwertsteuer (MWST)
Für die Mehrwertsteuer werden Kryptowährungs-Token wie reguläre Währungen behandelt. Daher sind alle Transaktionen mit Kryptowährungen von der Mehrwertsteuer befreit.
Steuerliche Behandlung von Token, die im Rahmen eines ICO/ITO ausgegeben werden
Anstatt bestehende Kryptowährungs-Token zu handeln und zu halten, entscheiden sich manche Unternehmen dafür, eigene Token zu erstellen. Dies geschieht in der Regel im Rahmen einer Finanzierungsrunde (ICO oder ITO), nach der der Emittent neue Token erzeugt und an Investorinnen und Investoren ausgibt.
Bewilligungen
Aufgrund des grossen Interesses im Inland veröffentlichte die FINMA bereits 2018 Richtlinien zum anwendbaren regulatorischen Rahmen für ICOs. Finanzmarktregulierungen gelten dabei nicht pauschal für alle ICOs, sondern müssen jeweils im Einzelfall geprüft werden. Entscheidende Kriterien sind insbesondere der Zweck der Token sowie deren Handelbarkeit und Übertragbarkeit.
Grundsätzlich betrachtet die FINMA asset-backed Token als Effekten. Auch Utility Token gelten als Effekten, es sei denn, sie dienen ausschliesslich dem Zugang zu einer Dienstleistung und können bereits zum Zeitpunkt ihrer Ausgabe entsprechend genutzt werden. Die Ausgabe solcher Token unterliegt somit denselben gesetzlichen Vorgaben wie die Emission anderer Effekten.
Im Gegensatz dazu gelten native Token nicht als Effekten. Allerdings bleibt das Geldwäschereigesetz auch bei ihrer Ausgabe anwendbar.
Einkommenssteuer
Die steuerliche Behandlung der im Rahmen eines ICO oder ITO beschafften Mittel hängt von der Art des ausgegebenen Tokens ab. Mittel, die für ausländische Kapital-Token oder asset-backed Token mit Stimmrechten erhoben werden, gelten nicht als Einkommen, sondern als Kapital. Zinszahlungen an Inhaber solcher Token sind zudem als geschäftsmässiger Aufwand abzugsfähig.
Anders verhält es sich bei ICOs oder ITOs, bei denen asset-backed Token auf vertraglicher Grundlage oder Utility Token ausgegeben werden. In diesen Fällen gelten die beschafften Mittel in der Regel als steuerpflichtiges Einkommen. Bei den asset-backed Token auf vertraglicher Grundlage sind die aufgrund der vertraglichen Verpflichtungen geleisteten Zahlungen jedoch als geschäftsmässiger Aufwand abzugsfähig.
Kapitalsteuer
Nur die Ausgabe von asset-backed Token mit Stimmrechten unterliegt auf Unternehmensebene der Kapitalsteuer. Es ist zu beachten, dass einige Kantone eine Anrechnung der Einkommenssteuer auf die Kapitalsteuer vorsehen.
Verrechnungssteuer
Sofern bestimmte Schwellenwerte erreicht werden, ist der Emittent eines ausländischen Kapital-Tokens verpflichtet, auf ausgezahlte Zinsen (sofern vorhanden) Verrechnungssteuer einzubehalten. Ebenso ist der Emittent eines asset-backed Tokens mit Stimmrechten verpflichtet, Verrechnungssteuer auf daraus resultierende Erträge einzubehalten, sofern diese als Dividenden gelten, vergleichbar mit der Besteuerung regulärer Aktien.
Stempelabgabe
Die Emissionsabgabe ist in der Regel von der Gesellschaft geschuldet, wenn asset-backed Token mit Stimmrechten ausgegeben werden, insbesondere dann, wenn die mit dem Token übertragenen Rechte denjenigen entsprechen, die bei der Übertragung einer Aktie übergehen. Wird eine Emissionsabgabe erhoben, entfällt für die Investorin bzw. den Investor die Umsatzabgabe.
Mehrwertsteuer (MWST)
Wie bereits erwähnt, werden Kryptowährungen für Zwecke der Mehrwertsteuer wie reguläre Währungen behandelt. Daher fällt bei der Ausgabe neuer Token keine Mehrwertsteuer an, unabhängig davon, zu welcher Kategorie die Token gehören und welche Rechte sie den Inhabenden verleihen.