Die Auswirkungen der Blockchain
Eine Blockchain ist ein digitales Hauptbuch, in dem Transaktionen und Daten pseudoanonym aufgezeichnet und bestätigt werden. Es handelt sich dabei um eine Ereignisaufzeichnung, die zwischen mehreren Parteien geteilt wird. Besonders relevant im Hinblick auf die Wirtschaftsprüfung ist, dass einmal eingetragene Informationen nur mit erheblichem Aufwand verändert werden können. Jede Information wird nur ein einziges Mal in die Blockchain geschrieben. Eine Transaktion lässt sich nicht rückgängig machen, es können lediglich neue Daten hinzugefügt werden. Man denke nur daran, wie viel Zeit Prüferinnen und Prüfer damit verbringen, zu überprüfen, ob gespeicherte Daten durch Fehler oder Betrug verändert wurden.
Obwohl die Begriffe häufig miteinander verwechselt oder gleichgesetzt werden, sind Blockchain und Kryptowährungen nicht dasselbe. Die Blockchain-Technologie bildet die Grundlage für Kryptowährungen, doch ihr Einsatzbereich reicht weit darüber hinaus und variiert je nach Branche.
In der Luftfahrt können Hersteller beispielsweise mithilfe der Blockchain ein Bauteil über die gesamte Lieferkette hinweg verfolgen, von der Herstellung bis zur Installation, und so sicherstellen, dass es den Standards der Federal Aviation Administration entspricht. Auf diese Weise lassen sich gefälschte Bauteile aus dem System fernhalten, was die Sicherheit und Zuverlässigkeit erhöht.
Im Einzelhandel arbeiten Walmart und eine Gruppe grosser Lebensmittelunternehmen gemeinsam mit IBM daran, die Blockchain-Technologie auf ihre Lebensmittellieferketten anzuwenden. Zu dieser Initiative gehören unter anderem Konzerne wie Unilever, Nestlé und Dole. Ziel ist es, mithilfe der Blockchain sichere digitale Aufzeichnungen zu führen und die Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln entlang der gesamten Lieferkette zu verbessern.
Prüfansatz bei der Verwendung von Blockchain-Technologie
Einer der zentralen Aspekte jeder Prüfmethodik ist die Verlässlichkeit der Daten. Da die Blockchain-Technologie ein neues Medium darstellt, über das nicht nur Informationen, sondern auch Werte ausgetauscht werden, ist die Zuverlässigkeit der aus einer Blockchain gewonnenen Daten von entscheidender Bedeutung. Bevor sich eine Prüferin oder ein Prüfer also mit den klassischen Risiken und Behauptungen im Zusammenhang mit dem Jahresabschluss befasst, sollte zunächst sichergestellt sein, dass die zugrunde liegende Blockchain, die ein Unternehmen nutzt, ausreichend sicher ist.
Bei der Beurteilung der Datenverlässlichkeit einer Blockchain liegt der Fokus auf der Frage, ob und in welchem Ausmass sie manipuliert oder verändert werden könnte. Die Blockchain-Technologie basiert auf dem Konzept eines sogenannten Konsensmechanismus. Dieser bestimmt, wie sich die Beteiligten auf Transaktionen einigen, die in die Blockchain aufgenommen werden sollen. Bei der Prüfung der Datenverlässlichkeit einer Blockchain sollte die Prüferin oder der Prüfer insbesondere bewerten, wie anfällig der jeweilige Konsensalgorithmus für Angriffe ist. Kann eine unbefugte Transaktion erzeugt und in die Blockchain aufgenommen werden? Ist ein sogenanntes „Double Spending“ möglich? Im Kontext von Kryptowährungen bezeichnet „Double Spending“ zum Beispiel den Versuch, eine Einheit einer Kryptowährung an eine andere Person zu senden und anschliessend die Transaktion im eigenen Blockchain-Verlauf rückgängig zu machen, ohne dass dies im Verlauf der Empfängerin oder des Empfängers geschieht.
Ein weiterer Aspekt neben der Verlässlichkeit von Blockchain-Daten ist deren Richtigkeit. Ein Mitglied des Verwaltungsrats des Public Company Accounting Oversight Board (PCAOB) brachte dies in einer Rede wie folgt auf den Punkt: „Die Blockchain macht die darin enthaltenen Informationen nicht automatisch vertrauenswürdig. Ereignisse, die in der Blockchain erfasst sind, sind nicht zwangsläufig korrekt oder vollständig. Die Aufzeichnung einer Transaktion in der Blockchain beseitigt nicht das Risiko, dass sie unautorisiert, betrügerisch oder rechtswidrig ist. Die Blockchain schützt auch nicht vor der Möglichkeit, dass die Transaktionsparteien miteinander verbunden sind oder dass es Nebenabreden gibt, die nicht in der Kette abgebildet sind.“ Daher ist es für die Prüferin oder den Prüfer entscheidend, auch den Prozess zu verstehen, über den Daten in die Blockchain eingespeist werden, sowie die damit verbundenen Kontrollmechanismen zur Sicherstellung der korrekten Datenerfassung.
Nachdem die Prüferin oder der Prüfer ausreichend Sicherheit hinsichtlich der Datenverlässlichkeit einer Blockchain gewonnen hat, kann der Fokus auf die Prüfung der Behauptungen zu Transaktionen und Beständen digitaler Vermögenswerte gelegt werden. Diese bringen eigene Herausforderungen, aber auch Vorteile mit sich:
- Existenz / Rechte und Pflichten: Im Umfeld digitaler Vermögenswerte ist das einzige Identifikationsmerkmal eines Kontos (auch Wallet genannt) eine zufällige Kombination aus Zahlen und Buchstaben. Die Blockchain-Technologie ermöglicht es Personen und Unternehmen, „ihre eigene Bank zu sein“ und die vollständige Kontrolle über ihre Mittel zu behalten. Daraus ergeben sich zusätzliche Anforderungen bei der Prüfung der Existenz digitaler Vermögenswerte. Insbesondere muss nachgewiesen werden, dass ein Mandant tatsächlich die Kontrolle über eine bestimmte Wallet besitzt.
- Vollständigkeit: Da alle existierenden digitalen Vermögenswerte zu jedem Zeitpunkt auf einer Blockchain einsehbar sind, konzentrieren sich die Überlegungen zur Vollständigkeit nicht darauf, ob es „versteckte“ digitale Vermögenswerte auf der Blockchain gibt. Vielmehr geht es darum, ob kontrollierte Wallets absichtlich und fälschlicherweise nicht in den Büchern und Aufzeichnungen erfasst werden. Der in der Bilanz ausgewiesene Bestand sollte im Allgemeinen mit der vom Mandanten vorgelegten Wallet-Übersicht übereinstimmen. Aus Sicht der Vollständigkeit deutet jede Abweichung zwischen diesen Beträgen in der Regel darauf hin, dass entweder nicht alle Wallets aufgeführt oder nicht alle kontrollierten Wallets buchhalterisch erfasst wurden.
- Genauigkeit: Since a blockchain is immutable—it cannot be edited—the processing of data is significantly more accurate than a typical database. Provided that comfort over data reliability is obtained, the auditor could be in a position where there is reduced risk over the accuracy of information related to digital assets. Conversely, information that is not related to digital assets and is sourced externally or inputted from an external source to a blockchain does not make the information inherently trustworthy. Recorded transactions or events can still be inaccurate due to human input error.
- Cutoff: Da eine Blockchain unveränderlich ist – das heisst, sie kann nicht nachträglich bearbeitet werden – ist die Datenverarbeitung wesentlich genauer als bei einer herkömmlichen Datenbank. Sofern die Datenverlässlichkeit sichergestellt ist, kann sich das Risiko im Hinblick auf die Genauigkeit von Informationen zu digitalen Vermögenswerten deutlich verringern. Im Gegensatz dazu gilt: Informationen, die nicht direkt mit digitalen Vermögenswerten zusammenhängen und von externen Quellen stammen oder manuell in die Blockchain eingespeist wurden, sind dadurch nicht automatisch vertrauenswürdig. Aufgezeichnete Transaktionen oder Ereignisse können aufgrund von Eingabefehlern durch Menschen trotzdem ungenau sein.
- Periodenabgrenzung: Ein zentrales Merkmal der Blockchain ist die Zeitstempelung jeder Transaktion und jeder Dateneingabe. Bei Transaktionen, die in Echtzeit erfolgen, kann die Blockchain grundsätzlich als Nachweis für eine korrekte Periodenabgrenzung dienen. Dennoch entbindet die Verwendung einer Blockchain die Prüferin oder den Prüfer nicht von der Pflicht, die zeitliche Zuordnung von Geschäftsvorfällen zu überprüfen. Denn die Erfassung einer Transaktion zu einem bestimmten Zeitpunkt bedeutet nicht zwangsläufig, dass sie auch den geltenden Rechnungslegungsstandards entsprechend bilanziert wurde. Beispiele hierfür sind die Vorauszahlung einer Rechnung eines Dienstleisters, die über einen bestimmten Zeitraum als Aufwand zu erfassen ist, oder die Übertragung von Rechten und Pflichten beim Verkauf von Vorräten, die sich zum Bilanzstichtag noch im Transit befinden.
- Bewertung: Da Transaktionen auf einer Blockchain ausschliesslich in der jeweiligen digitalen Währung erfasst werden, müssen diese digitalen Vermögenswerte für Zwecke der Finanzberichterstattung in die Berichtswährung des Unternehmens umgerechnet werden. Aufgrund der erheblichen Volatilität der Wechselkurse zwischen digitalen Assets und Fiatwährungen ist eine klar definierte und nachvollziehbare Bewertungspolitik entscheidend, damit die Prüferin oder der Prüfer die Bewertung der in den Abschlüssen ausgewiesenen digitalen Vermögenswerte angemessen beurteilen kann.
Grundlegender Wandel im Aufbau der Abschlussprüfung
Die Blockchain-Technologie stellt im Kern ein neues, verschlüsseltes digitales Buchführungssystem dar. Die durch Blockchain geschaffene Transparenz erfordert ein grundsätzlich neues Denken im Bereich der Abschlussprüfung. Eine Blockchain hat das Potenzial, die unterstützenden Dokumente, die Genehmigungen, die Buchungssätze sowie die Wertübertragung für beide Seiten einer Transaktion auf einer gemeinsamen Plattform zu erfassen und auszuführen. Dies könnte die Notwendigkeit von Bestätigungen oder Abstimmungen erheblich reduzieren, da solche Prüfhandlungen bei Nutzung derselben Blockchain durch alle Beteiligten in Echtzeit erfolgen könnten. Der Prüfansatz verändert sich somit von einer rückblickenden, punktuellen Prüfung hin zu einer kontinuierlichen, in Echtzeit stattfindenden Überwachung. Die grundlegenden Prinzipien von Prüfung und interner Kontrolle werden in die Struktur jeder einzelnen Transaktion integriert.
Die sich wandelnde Rolle der Wirtschaftsprüferin bzw. des Wirtschaftsprüfers
Die Vorteile der Blockchain-Technologie wecken bereits heute grosses Interesse bei Grossunternehmen und Firmen im mittleren Marktsegment. Angesichts des Potenzials der Blockchain, den Aufbau von Prüfungen grundlegend zu verändern, ist auch eine Weiterentwicklung der Rolle von Wirtschaftsprüfenden nahezu unausweichlich. Zukünftige Aufgaben könnten die Überwachung, Gestaltung und Feinabstimmung der Automatisierung von Buchführung, Prüfung und Steuerprozessen umfassen. Wirtschaftsprüferinnen und Wirtschaftsprüfer könnten zu Prüfpersonen von Blockchain-Plattformen oder Smart Contracts werden, ebenso zur Kontrolle der Datenqualität bei der Eingabe. Weitere mögliche Rollen sind die Verwaltung digitaler Identitäten oder die Funktion als finanzielle Schiedsinstanz im Rahmen von Smart Contracts, etwa in der Rolle einer Treuhandstelle. Mit der zunehmenden Verbreitung von Blockchain in unterschiedlichen Branchen gewinnen auch Software-Schichten, die auf der Blockchain aufbauen, für externe Prüfende an Bedeutung.
Der Einsatz von Blockchain-Technologie zur Optimierung von Prozessen, zur Veränderung von Lieferkettenstrukturen oder zur Reduktion von Reibungsverlusten bei Finanztransaktionen bringt langfristige Vorteile für Unternehmen. Wenn Geschäftsprozesse auf die Blockchain verlagert werden, müssen sowohl interne als auch externe Prüferinnen und Prüfer überlegen, wie sich diese Technologie auf den Prüfprozess auswirkt. Gleichzeitig sollten Unternehmen sicherstellen, dass die Implementierung der Blockchain so erfolgt, dass weiterhin eine nachvollziehbare Prüfspur gewährleistet ist.