Unternehmen und Kryptowährungen: Rechnungslegungs- und Steueraspekte

Wie Privatpersonen haben auch einige Unternehmen kürzlich Kryptowährungen erworben, sei es als Investition, als Zahlungsmittel für ihre Kunden oder aus anderen Gründen.

In unserem untenstehenden Artikel beleuchten wir kurz einige nützliche Aspekte aus Rechnungslegungs- und Steuersicht. RSM hat in den vergangenen Monaten in der Praxis ein sehr spezifisches Fachwissen zu diesem Thema aufgebaut, um sich in diesem hochspezialisierten Bereich der digitalen Vermögenswerte als anerkannter und bekannter Anbieter zu positionieren.

Aus praktischen Gründen verwenden wir im Folgenden den Begriff „Bitcoin“. Die genannten Aspekte gelten jedoch für alle digitalen Vermögenswerte (Kryptowährungen), ob Bitcoin oder andere.

1. Folgen der Integration von Bitcoin in den Jahresabschluss und die dafür geltenden Vorschriften 

Die Aufnahme von Bitcoin wie auch anderer Kryptowährungen in die Rechnungslegung bringt Folgendes mit sich:

Neue rechtliche und regulatorische Fragestellungen, die zu berücksichtigen sind

Vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen stellt sich die rechtliche und regulatorische Einordnung von Bitcoin in der Schweiz wie folgt dar:

  • Bitcoin ist kein gesetzliches Zahlungsmittel, da nur die Schweizerische Nationalbank berechtigt ist, gesetzliches Zahlungsmittel auszugeben.
  • Bitcoin gilt nicht als Fremdwährung, da offizielle Fremdwährungen von einer zentralen Institution wie einer Zentralbank emittiert und in ihrem Herkunftsland als gesetzliches Zahlungsmittel anerkannt werden.
  • Bitcoin ist weder eine Ware noch eine Dienstleistung.
  • Bitcoin wird im Sinne von Art. 641 ZGB als Sache qualifiziert, nämlich als Einheit digitaler Information. Inhaber von Bitcoin haben somit ein dingliches Recht an dieser Sache, das in Geld bewertbar ist, auch wenn Bitcoin keine physische Form besitzt.
  • Bitcoin-Einheiten stellen weder Wertpapiere noch Vermögenswerte noch sonstige Forderungsrechte dar.

Darstellung und Behandlung in der Rechnungslegung nach Verwendungszweck :

Wertschriften (Umlauf- und Anlagevermögen):

Bitcoin hat ähnlich wie Gold und andere Edelmetalle einen Marktwert, ohne jedoch als gesetzliches Zahlungsmittel oder Forderung zu gelten. Zum Wertschriftenkonto gehören zudem bestimmte Forderungen und Beteiligungen, die nicht den Charakter von Wertpapieren im engeren Sinn haben. Daher werden Gold und andere Edelmetalle üblicherweise in diesem Abschnitt ausgewiesen. Die Definition von Wertschriften ist somit weit gefasst und umfasst auch Vermögenswerte, die in verschiedener Hinsicht mit Bitcoin vergleichbar sind.

Eine Einstufung von Bitcoin als eigene Position „Wertschriften“ im Umlaufvermögen oder als Teil der börsenkotierten Vermögenswerte ist angemessen, wenn eine kurzfristige Haltedauer beabsichtigt ist und der Handel mit Bitcoin nicht zur gewöhnlichen Geschäftstätigkeit des Unternehmens gehört.

Eine Einstufung von Bitcoin als Wertschriften im Anlagevermögen ist angemessen, wenn eine langfristige Haltedauer beabsichtigt ist.

Bei einer solchen Einstufung sind Bitcoins auf zwei verschiedene Arten zu bewerten:

  • Zum niedrigsten Anschaffungswert bzw. Anschaffungskosten.
  • Zum Marktpreis oder einem anderen beobachtbaren aktuellen Preis.
    In diesem Fall kann die Bewertung beispielsweise auf den seit dem 31.12.2015 von der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) veröffentlichten Werten basieren, die als Referenzwert für die Vermögenssteuer unter Berücksichtigung eines Durchschnittswerts verschiedener Bitcoin-Anbieter dienen. Es ist jedoch auch zulässig, eine eigene Einschätzung des aktuellen Preises vorzunehmen, gestützt auf die tatsächlichen Transaktionspreise an den für das Unternehmen relevanten Handelsplattformen am Bilanzstichtag.
    Transaktionskosten sind in der Regel als Aufwand zu verbuchen, analog zu Courtagen und Bankspesen. Sie können jedoch auch als Teil der Anschaffungskosten aktiviert werden.

Inventar:

Wenn der Handel mit Bitcoins einen wesentlichen Teil der ordentlichen Geschäftstätigkeit des Unternehmens darstellt, ist eine Einstufung als Inventar angemessen.

In diesem Fall können Bitcoins auf zwei Arten bewertet werden (Wahlrecht):

  • Auf Basis der Anschaffungskosten oder des aktuellen Preises (Marktwert), sofern dieser niedriger ist (Art. 960c Abs. 1 OR). Die Anschaffungskosten können nach einem üblichen Verfahren ermittelt werden, zum Beispiel nach der FIFO-Methode (First in – First out), der Methode der gewogenen Durchschnittskosten usw.
  • Auf Basis des aktuell beobachtbaren Preises, sofern diese Bewertungsmethode auf alle als Inventar verbuchten Bitcoins angewendet wird.

Immaterielle Werte:

Immaterielle Werte im Anlagevermögen umfassen identifizierbare nicht monetäre Vermögenswerte ohne physische Form. Langfristig gehaltene Bitcoins erfüllen diese Kriterien. Aufgrund ihrer Natur sind Bitcoins jedoch eher wie Wertschriften zu betrachten.

Bitcoins, die in der Bilanz als immaterielle Werte verbucht werden, können auf zwei Arten bewertet werden (Wahlrecht):

  • Nach dem Anschaffungskosten-/Niederstwertprinzip. Da Bitcoin weder durch Nutzung noch durch Zeitfaktor einem Wertverlust unterliegt, ist keine Abschreibung erforderlich. Wertminderungen aufgrund anderer Faktoren müssen jedoch durch Wertberichtigungen erfasst werden (Art. 960a Abs. 3 OR). Solche Wertberichtigungen sind vorzunehmen, sobald der aktuelle Preis unter den Anschaffungskosten oder dem bisherigen Buchwert liegt.
  • Nach einem beobachtbaren aktuellen Preis.

Für alle Bitcoins, die zum beobachtbaren aktuellen Preis bewertet werden, ist nach Art. 960b Abs. 2 OR die Bildung einer Schwankungsreserve möglich und zu prüfen.

Schulden:

Das Bitcoin-Zahlungssystem erlaubt nur Guthabenkonten. „Schulden in Bitcoin“ sind daher nur möglich, wenn mit einer Drittpartei vereinbart wurde, dass eine Verbindlichkeit in Bitcoin statt in traditioneller Währung beglichen wird. In diesem Fall hängt die Bilanzierung von der Art der betreffenden Schuld ab. Bitcoins und ihr Wert in traditioneller Währung sind dabei nur für die Bewertung relevant.

Die Bewertung erfolgt nach denselben Grundsätzen wie bei Fremdwährungsverbindlichkeiten. Besonders das Vorsichtsprinzip ist zu beachten: Nicht realisierte Kursverluste sind als Aufwand zu erfassen, während nicht realisierte Kursgewinne nicht in der Erfolgsrechnung ausgewiesen werden dürfen.

Anpassung des Reporting-Systems und der Prozesse zur Bewältigung der Volatilität

Verfolgung von Gewinnen und Verlusten

Abhängig vom Transaktionsvolumen und der gewählten Bewertungsmethode müssen Unternehmen ihr Reporting-System und ihre Prozesse anpassen, um sowohl den Anforderungen der Rechnungslegung als auch der steuerlichen Berichterstattung gerecht zu werden.

Automatisierung der Krypto-Rechnungslegung

Immer mehr Unternehmen, die Bitcoin vollständig in ihre Geschäftstätigkeit integriert haben, setzen auf die Automatisierung ihrer Krypto-Rechnungslegung. Dies geschieht entweder über spezialisierte Krypto-Software oder durch die Integration eines «Crypto»-Moduls in die bestehende Buchhaltungssoftware.

Dank dieser Automatisierung lassen sich Transaktionshistorien einfach abrufen, Gewinne und Verluste unkompliziert berechnen und Bilanzkonten problemlos neu bewerten.

Anpassung der Struktur des Jahresabschlusses

Bei grossen Beständen an Bitcoins ist eine separate Darstellung erforderlich.

Die Volatilität von Bitcoin führt dazu, dass die zum Stichtag berücksichtigten Buchwerte nur eingeschränkt aussagekräftig sind. Die notwendige Transparenz in der Bilanz kann daher nur durch eine separate Ausweisung gewährleistet werden.

Werden Vermögenswerte zum beobachtbaren aktuellen Preis bewertet, muss diese Bewertung im Anhang offengelegt werden. Der Gesamtwert der in Bitcoin gehaltenen Vermögenswerte ist dabei den im Anhang offenzulegenden Gesamtbeträgen der Positionen «Wertschriften» oder «übrige Aktiven» zuzurechnen.

Wird eine Schwankungsreserve im Sinne von Art. 960b Abs. 2 OR gebildet, ist diese separat in der Bilanz oder im Anhang darzustellen.

Ergeben sich nach dem Bilanzstichtag, aber vor der Genehmigung der Jahresrechnung wesentliche Wertänderungen, sind die finanziellen Auswirkungen offenzulegen. Die Bewertung zum Bilanzstichtag muss dem Stichtagsprinzip entsprechen.

2. Steuerliche Auswirkungen

Die ESTV behandelt Bitcoin steuerlich entsprechend seiner Rechnungslegung.

Der Kauf und das blosse Halten von Zahlungstoken, die über Plattformen erworben wurden, löst weder Einkommens- noch Verrechnungssteuer aus. Die steuerlichen Folgen hängen jedoch von der gewählten Art der Verbuchung ab (insbesondere bei Bitcoin). Die Bewertungsmethode entscheidet, wann und ob ein Ertrag in der Erfolgsrechnung erfasst wird (Massgeblichkeitsprinzip).

Bei der Anschaffungskostenmethode wird ein Ertrag nur dann ausgewiesen, wenn der Bitcoin tatsächlich verkauft wird und sein Preis seit dem Erwerb gestiegen ist. Bei der Marktwertmethode (beobachtbarer aktueller Preis) wird der Kapitalgewinn schrittweise in der Erfolgsrechnung erfasst. Dieser Gewinn unterliegt dem ordentlichen Gewinnsteuersatz des Sitzkantons. Während bei der Bewertung zu Anschaffungskosten die Besteuerung erst beim Verkauf erfolgt, verteilt sich der Kapitalgewinn bei der Marktwertmethode über die Zeit.

Die Wahl der Rechnungslegungs- und Bewertungsmethode für digitale Vermögenswerte ist besonders für den Cashflow relevant. Steigt der Wert innerhalb eines Jahres stark an, kann die Steuerbelastung erheblich sein, selbst wenn noch kein Verkauf und damit kein Mittelzufluss stattgefunden hat.

3. Interesse von Unternehmen an der Integration von Bitcoin in ihre Rechnungslegung und Beweggründe

Wir beobachten ein zunehmendes Interesse von Unternehmen an Bitcoin und daran, Teil dieser «Revolution» zu sein. Die Motivation ist dabei unterschiedlich: Einerseits wollen Unternehmen auf die steigende Nachfrage ihrer Kunden nach Zahlungen in Kryptowährungen reagieren. Andererseits handelt es sich oft um eine Überzeugung, den Wunsch nach Transparenz durch die Nutzung eines dezentralen Systems oder schlicht um die Suche nach Gewinn und einer attraktiven Anlagemöglichkeit.

Weltweit integrieren Unternehmen Bitcoin in ihre Rechnungslegung:

Als Zahlungsmittel

Immer mehr Konsumentinnen und Konsumenten verlangen die Möglichkeit, mit Kryptowährungen zu bezahlen, insbesondere jüngere Zielgruppen. Dies veranlasst innovative Unternehmen dazu, Bitcoin als Zahlungsmittel zu integrieren. Der Trend ist global und wurde durch eine Studie von PYMNTS und BitPay in den USA bestätigt: 28 % der Konsumenten betrachten Kryptowährungen als Zahlungsoption. Schließt man die Babyboomer und Seniorinnen und Senioren aus, steigt dieser Anteil auf fast 39 %. Ohne die Generation X erhöht er sich sogar auf 42 %.

Als Investition

Durch den Erfolg von Bitcoin sind immer mehr Unternehmen bereit, in die Kryptowährung zu investieren. Angezogen von den Gewinnen, die Firmen und Privatpersonen in den vergangenen Jahren mit Bitcoin erzielt haben, gehen manche Unternehmen bewusst dieses Risiko ein. Betroffen sind vor allem drei Kategorien: persönliche oder familiäre Holdinggesellschaften, Verwaltungsgesellschaften und Family Offices, die im Auftrag ihrer Kunden Kryptowährungen kaufen, sowie KMU, die ihr Portfolio diversifizieren möchten.

Als Mittel der Eigenkapitalfinanzierung

Einige Unternehmen auf der Suche nach Finanzierung setzen Bitcoin als Mittel der Eigenkapitalfinanzierung ein. Dabei kann Bitcoin als Vermögenswert im Rahmen einer qualifizierten Gründung einer Kapitalgesellschaft eingebracht werden.

Als integraler Bestandteil der Geschäftstätigkeit

Angesichts der Chancen, die Bitcoin bietet, richten immer mehr Unternehmen ihr Geschäft darauf aus und machen ihn zu einem zentralen Bestandteil ihrer Tätigkeit. So entstehen vermehrt Handels-, Broker- und Mining-Unternehmen, die auf die enormen Möglichkeiten von Kryptowährungen reagieren.

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