Insolvenzrisiko für Krypto-Investoren
Viele wissen, dass einige Personen mit Kryptowährungen enorme Gewinne erzielt haben – eine Investition von 1'000 US-Dollar in Bitcoin im Jahr 2010 wäre heute über 700 Millionen US-Dollar wert. Weniger bekannt ist jedoch, dass sich mit solchen Vermögenswerten nicht nur Kapitalgewinne erzielen lassen, sondern auch laufende Erträge generiert werden können.
Eine der einfacheren Möglichkeiten, mit Kryptoanlagen laufende Erträge zu erzielen, ist das sogenannte „Staking“. Dabei wird eine bestimmte Kryptowährung für einen definierten Zeitraum gesperrt, und die Anlegerin oder der Anleger erhält dafür eine Vergütung – in der Regel in Form zusätzlicher Coins.
Die Art und Weise, wie diese Erträge ausgezahlt und besteuert werden, ähnelt der Situation eines Anlegers in einem thesaurierenden Fonds. Die Anlegerin oder der Anleger erhält weitere Anteile derselben Anlage, und diese Zuwächse unterliegen der Einkommenssteuer, basierend auf ihrem Wert zum Zeitpunkt der Gutschrift.
Es gibt jedoch eine Reihe weiterer Möglichkeiten, wie sich Kryptoanlagen nutzen lassen, um Erträge zu generieren. Besonders hervorzuheben ist der starke Anstieg dezentraler Finanzaktivitäten (DeFi) im vergangenen Jahr.
Die Abkürzungen und Fachbegriffe in der Welt der Kryptowährungen können verwirrend sein. Vereinfacht gesagt bezieht sich DeFi (Decentralised Finance) auf Finanzdienstleistungen, die auf der Blockchain abgewickelt werden und nicht über traditionelle Institutionen wie Banken.
Ein typisches Beispiel für eine DeFi-Aktivität ist die Vergabe von Krypto-Krediten. Dabei können Personen ihre Kryptoanlagen in DeFi-Projekte einbringen und damit laufende Erträge erzielen, vergleichbar mit Zinsen. Solche Aktivitäten sind allerdings mit hohen Risiken verbunden, aber auch mit entsprechend hohen Gewinnchancen. Der DeFi-Sektor erfreut sich wachsender Beliebtheit. Der geschätzte Wert der in DeFi-Projekten hinterlegten Kryptoanlagen ist im vergangenen Jahr von rund 23 Milliarden auf über 105 Milliarden US-Dollar gestiegen.
Die attraktiven Renditen solcher Aktivitäten haben viele Krypto-Investoren angezogen. Dennoch sind sich viele von ihnen möglicherweise nicht bewusst, welches zusätzliche steuerliche Risiko sie dabei eingehen. Insbesondere dann, wenn eine Person in Form von Kryptoanlagen entlohnt wird, unterliegt dieser Betrag der Einkommenssteuer auf Basis des Marktwerts zum Zeitpunkt der Zahlung. Sollte der Wert der Kryptoanlagen danach stark fallen, kann es sein, dass der verbleibende Vermögenswert nicht mehr ausreicht, um die Steuerlast zu decken. Ein daraus resultierender Verlust gilt als Kapitalverlust und kann nicht mit der Einkommenssteuerpflicht verrechnet werden. Dies kann die steuerpflichtige Person in finanzielle Schwierigkeiten bringen und je nach Höhe der Beträge im Extremfall sogar zur Insolvenz führen.
Es ist offensichtlich, dass Kryptowährungen auf der Prioritätenliste der britischen Steuerbehörde HMRC weiter nach oben gerückt sind. Kürzlich hat HMRC einige Steuerpflichtige direkt angeschrieben und sie dazu aufgefordert, etwaige steuerliche Pflichten im Zusammenhang mit ihren Kryptoanlagen offenzulegen und zu begleichen. Angesichts des Fehlens spezifischer gesetzlicher Regelungen zu Kryptoanlagen ziehen einige Investoren in Erwägung, ihre Aktivitäten über eine Unternehmensstruktur abzuwickeln. Diese könnte nicht nur zusätzlichen Schutz bieten, sondern im Falle von Verlusten auch die Möglichkeit eröffnen, diese mit anderen Einkünften zu verrechnen.
Weitere Leitlinien von HMRC werden erwartet. Aktuell gleicht die Situation jedoch einem Glücksspiel: Bei Kopf gewinnt HMRC, bei Zahl verliert der Steuerpflichtige.