Gemaeß der neuesten Entscheidung des Woiwodschaftsverwaltungsgerichts (WSA) Gliwice ueber die Steuerermaeßigung wegen uneinbringlicher Forderungen können die Steuerpflichtigen die (fuer die uneinbringlichen Forderungen) geschuldete Steuer sogar dann berichtigen, wenn seit Ende des Jahres, in dem die jeweilige Rechnung ausgestellt wurde, bereits zwei Jahre abgelaufen sind. 

 

In dem Urteil vom 23. Maerz 2017, Az. III SA/Gl 1411/16 (rechtskraeftige Entscheidung), stellte das Woiwodschaftsverwaltungsgericht (WSA) Gliwice fest, dass die polnische Vorschriften ueber die sog. Steuerermaeßigung wegen uneinbringlicher Forderungen mit den Bestimmungen der Richtlinie 2006/112/EG (ueber das gemeinsame Mehrwertsteuersystem) nicht konform sind. Das Gericht berief sich dabei auf die frueheren Urteile des Gerichtshofs der Europaeischen Union (in der Rechtssache C-337/13 und C-588/10) sowie auf das Urteil des Woiwodschaftsverwaltungsgerichts (WSA) Wrocław vom 22. April 2015, Az. I SA/Wr 2484/14 (rechtskraeftige Entscheidung).

Aufgrund des Art. 89a des polnischen Umsatzsteuergesetzes (UStG-PL) kann ein Steuerpflichtiger die Rueckerstattung der geschuldeten Steuer fuer die nicht bezahlten Rechnungen beantragen, soweit er die in der Vorschrift genannten Voraussetzungen erfuellt hat. Gemaeß Art. 89a Abs. 2 Nr. 5 UStG-PL kann ein Steuerpflichtiger die USt-Voranmeldungen berichtigen, falls ab dem Datum der Ausstellung der Rechnung, welche die jeweilige Forderung dokumentiert, nicht mehr als 2 Jahre nach Ende des Jahres, in welchem die Rechnung ausgestellt wurde, vergangen sind.

Die Bedingungen fuer Minderung der Bemessungsgrundlage im Falle der vollstaendigen oder teilweisen Nichtbezahlung sollen den Bestimmungen des Art. 90 Abs. 1 i. V. m. Art. 273 der Richtlinie 2006/112/EG entsprechen. Gemaeß diesen Vorschriften können die Mitgliedstaaten bei Einfuehrung der "Steuerermaeßigung wegen uneinbringlicher Forderungen" weitere Pflichten vorsehen, die sie fuer erforderlich erachten, um eine genaue Erhebung der Mehrwertsteuer sicherzustellen und um Steuerhinterziehung zu vermeiden.

Nach Auffassung des Gerichts widerspricht die Einschraenkung des Anspruchs auf Inanspruchnahme der "Steuerermaeßigung wegen uneinbringlicher Forderungen" auf zwei Jahre den EU-Vorschriften. Die verkuerzte Frist fuer die Berichtigung der Voranmeldungen dient weder einer genauen Erhebung der Mehrwertsteuer noch der Vermeidung der Steuerhinterziehung. Es ist ein uebermaeßiger Formalismus und dadurch wird der Neutralitaetsgrundsatz verletzt.

In der Rechtsprechung gibt es auch einen anderen Standpunkt, gemaeß welchem die Bestimmungen des Art. 90 der Richtlinie 2006/112/EG den Mitgliedstaaten ein freies Ermessen einraeumen, insbesondere in Bezug auf Bedingungen, die durch die Mehrwertsteuersteuerpflichtigen gegenueber den Finanzbehörden dieser Staaten erfuellt werden muessen, damit die Bemessungsgrundlage aufgrund der Nichtbezahlung der Rechnung durch den Geschaeftspartner des jeweiligen Mehrwertsteuerpflichtigen entsprechend gemindert werden kann (beispielsweise: Urteil des Woiwodschaftsverwaltungsgerichts Warszawa vom 14. September 2016, Az. III SA/Wa 2118/15 – rechtskraeftige Entscheidung).

Zweifelsohne wird mit dem Urteil des Woiwodschaftsverwaltungsgerichts Gliwice die "Steuerermaeßigung wegen uneinbringlicher Forderungen" auf die aeltesten nichtbezahlten Forderungen erstreckt. Zugleich soll man aber aufgrund der profiskalischen Einstellung der Finanzbehörden und einer nicht einheitlichen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte mit einem hohen Risiko der Infragestellung des Anspruchs auf diese Steuerermaeßigung rechnen. Aus der Praxis geht hervor, dass die Erstattung der Steuer mit einem gerichtlichen Rechtsstreit zusammenhaengen wird und sich die endgueltige Auslegung der vorgenannten Vorschriften erst in den kuenftigen Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts (NSA) klaeren wird.

Zu bemerken ist jedoch die Tatsache, dass die Verwaltungsgerichte die Mehrwertsteuervorschriften immer haeufiger in Bezug auf das Ziel deren Einfuehrung und unter Beruecksichtigung des Grundsatzes der Neutralitaet der Mehrwertsteuer auslegen.

 

Sollten Sie Fragen dazu haben oder möchten Sie dieses Thema naeher besprechen, dann steht Ihnen unser Experte Przemysław POWIERZA jederzeit gerne zur Verfuegung.

E-Mail: [email protected]

Tel. +48 61 8515 766

Fax +48 61 8515 786