Katarzyna STENCEL
Audit Supervisor bei RSM Poland

Wie Ende 2019 angekuendigt, beginnen wir nach Besprechung der Themen betreffend Sachanlagen und Rueckstellungen eine Reihe von Beitraegen ueber Finanzinstrumente. Wir möchten Ihnen naeher bringen, wie die Finanzinstrumente vom praktischen Standpunkt zu identifizieren und anschließend richtig zu bewerten und darzustellen sind. Dabei helfen uns nicht nur die Vorschriften des Rechnungslegungsgesetzes (im Weiteren: RLG) und der Verordnung zu detaillierten Grundsaetzen ueber Anerkennung, Bewertungsmethoden, Abgabenumfang und Methoden der Darstellung von Finanzinstrumenten (GBl. 2017 FN. 277) (im Weiteren: FIVO), sondern auch und vor allem die Internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS) – darunter grundsaetzlich der IFRS 9, sowie auch der IFRS 7, IAR 32 und IAR 39.​

Es ist zu betonen, dass es zurzeit keine umfassende Bearbeitung ueber Finanzinstrumente, d.h. keinen Nationalen Rechnungslegungsstandard zu diesem Thema gibt. Der Nationale Rechnungslegungsstandard Nr. 4 „Wertminderung von Vermögenswerten” bestimmt jedoch die  Grundsaetze fuer Vornahme von Wertberichtigungen bei den Finanzinstrumenten, deren Wert sich minderte. Zugleich ist zu beachten, dass sich seit dem Inkrafttreten der Grundsaetze des MSSF 9 Finanzinstrumente, d.h. seit 1. Januar 2018, die polnischen Vorschriften ueber Finanzinstrumente mit den internationalen Vorschriften nicht mehr decken.

In Bezug auf IFRS sind die Klassifizierung und Bewertung von Vermögenswerten und finanziellen Verbindlichkeiten, Wertminderungen und Sicherungsbilanzierung in dem IFRS 9 geregelt, der grundsaetzlich als Revision des IAS 39 gilt. Der IFRS 7 konzentriert sich dagegen auf Angaben und Risiken der Verwaltung von Finanzinstrumenten, was von IAS 32 uebernommen wurde. Der IAS 32 regelt zurzeit nur die Darstellungsvoraussetzungen.

Finanzinstrumente richtig verstehen

Sind wir uns aber angesichts so vieler verschiedener Quellen der Regelungen völlig bewusst, was unter den Finanzinstrumenten zu verstehen ist? Gemaeß Art. 3 Abs. 1 Nr. 23 des Rechnungslegungsgesetzes ist unter den Finanzinstrumenten ein Vertrag zu verstehen, der die Entstehung der finanziellen Vermögenswerte bei einer der Parteien und einer finanziellen Verbindlichkeit bzw. eines Kapitalinstruments bei der anderen Partei verursacht, vorausgesetzt dass aus dem zwischen zwei oder mehreren Parteien abgeschlossenen Vertrag eindeutig wirtschaftliche Folgen resultieren, ungeachtet dessen, ob die Ausuebung der Rechte bzw. Erfuellung der Verpflichtungen aus diesem Vertrag bedingungslos oder bedingt ist. Das Vorliegen eines Vertrags sowie die Entstehung der finanziellen Vermögenswerte, finanziellen Verbindlichkeiten bzw. des Kapitalinstruments gehören zu den wichtigsten Voraussetzungen fuer Identifizierung von Finanzinstrumenten.

aehnlich werden die Finanzinstrumente durch den IAS 32 definiert. Es ist jedoch zu beachten, dass seine Leitlinien durch alle Unternehmen in Bezug auf alle Finanzinstrumente anzuwenden sind, ausgenommen u.a.:

  • Beteiligungen an Tochterunternehmen, assoziierten Unternehmen und Joint Ventures,
  • Rechte und Verpflichtungen des Arbeitgebers aus leistungsorientierten Arbeitnehmerplaenen (siehe IAS 19),
  • Versicherungsvertraege (siehe IFRS 4) oder
  • Finanzinstrumente, Vertraege und Verpflichtungen aus Transaktionen, die aufgrund der eigenen Geschaeftsanteile/Aktien abgerechnet werden (siehe IFRS 2), mit bestimmten Ausnahmen.

Das RLG und der IAS 32 definieren auch solche Begriffe wie finanzielle Vermögenswerte, finanzielle Verbindlichkeiten und Kapitalinstrumente, die wir jetzt unter die Lupe nehmen.

Was sind finanzielle Vermögenswerte?

Nach RLG sind unter den finanziellen Vermögenswerten die monetaere Vermögenswerte, die durch andere Unternehmen emittierten Kapitalinstrumente sowie das aus dem Vertrag resultierende Recht auf Erhalt von monetaeren Vermögenswerten bzw. das Recht auf Austausch von Vermögenswerten mit einem anderen Unternehmen unter guenstigen Bedingungen zu verstehen. Mit anderen Worten sind unter finanziellen Vermögenswerten u.a.:

  • finanzielle Mittel in der Landeswaehrung sowie in Devisen auf Bankkonten,
  • Termineinlagen, Bankdepots,
  • Staatsanleihen und Anleihen der Unternehmen,
  • Forderungen aus gewaehrten Darlehen,
  • Forderungen aus Finanzierungsleasing,
  • Wechselforderungen,
  • Forderungen aus Lieferungen und Leistungen,
  • Geschaeftsanteile/Aktien an einem anderen Unternehmen,
  • Termingeschaefte

zu verstehen.

PRueFUNG DER RECHNUNGSFueHRUNG
Haben Sie Zweifeln daran, ob die Informationen, welche Sie von der Buchhaltungsabteilung erhalten, zuverlaessig sind?
MEHR

Das Gesetz bestimmt zugleich, dass zu den finanziellen Vermögenswerten insbesondere:

  • Rueckstellungen und aktive latente Steuern,
  • Finanzgarantievertraege, welche die Erfuellung der Pflichten aus der gewaehrten Garantie in Form der Bezahlung der Betraege vorsehen, die den Verlusten entsprechen, welche von dem Beguenstigten aufgrund der Nichtzahlung der Verbindlichkeit durch den Schuldner innerhalb der genannten Frist getragen wurden.
  • Vertraege ueber uebertragung der Rechte aus Wertpapieren in dem Zeitraum zwischen dem Abschluss und Abrechnung des Geschaefts, falls die Erfuellung dieser Vertraege der Herausgabe von Wertpapieren innerhalb einer bestimmten Frist bedarf, auch falls die uebertragung dieser Rechte in Form der Aufzeichnung auf dem Wertpapierdepotkonto erfolgt, das durch ein dazu aufgrund von separaten Vorschriften befugtes Subjekt gefuehrt wird,
  • Vermögenswerte und Verbindlichkeiten aus den Plaenen, aus denen die Anteile der Arbeitnehmer und anderen mit dem Unternehmen verbundenen Personen an dem Kapital des Unternehmens resultieren, denen das Unternehmen angehört,
  • Verschmelzungsvertraege von Gesellschaften, aus denen sich die Pflichten nach Art. 44b Abs. 9 RLG ergeben,

nicht zaehlen.

Was bedeutet das in der Praxis? Die Unternehmen, die der obligatorischen Abschlusspruefung unterliegen und zugleich die Definition des kleinen Unternehmens nicht erfuellen, sind verpflichtet, die detaillierten Grundsaetze ueber Finanzinstrumente, d.h. Grundsaetze der FIVO anzuwenden. Das gilt sowohl fuer finanzielle Vermögenswerte, als auch fuer finanzielle Verbindlichkeiten.

Um dies zu veranschaulichen, können die Forderungen und gewaehrte Darlehen, die zu den finanziellen Vermögenswerten zaehlen, zu berichtigten Anschaffungskosten und falls das Unternehmen sie fuer Verkauf innerhalb von maximal 3 Monaten bestimmt, zum Marktwert bzw. zu einem anders bestimmten beizulegenden Zeitwert bewertet werden. Die Unternehmen legen nicht immer einen Wert darauf und bewerten die vorgenannten Posten zu Anschaffungskosten, eventuell unter Einhaltung des gesetzlich vorgeschriebenen Vorsichtsprinzips.

Vergleichsweise gilt jeder Vermögenswert als finanzieller Vermögenswert nach IAS 32, falls er:

  • ein Zahlungsmittel,
  • ein Kapitalinstrument eines anderen Unternehmens,
  • ein vertragliches Recht ist,
    • fluessige oder andere finanzielle Vermögenswerte von einem anderen Unternehmen zu erhalten oder
    • finanzielle Vermögenswerte oder finanzielle Verbindlichkeiten mit einem anderen Unternehmen unter potenziell vorteilhaften Bedingungen fuer das Unternehmen auszutauschen oder
  • ein Vertrag ist, der in den Eigenkapitalinstrumenten des Unternehmens erfuellt werden kann und bei dem es sich um Folgendes handelt:
    • ein nicht derivatives Finanzinstrument, das eine vertragliche Verpflichtung des Unternehmens enthaelt oder enthalten kann, eine variable Anzahl der Eigenkapitalinstrumente des Unternehmens zu erhalten oder
    • ein derivatives Finanzinstrument, das nicht durch Austausch eines festen Betrags an Zahlungsmitteln oder anderen finanziellen Vermögenswerten gegen eine feste Anzahl der Eigenkapitalinstrumente des Unternehmens erfuellt wird oder werden kann.

Ein paar Worte ueber finanzielle Verbindlichkeiten

Gleich sieht die Situation mit den finanziellen Verbindlichkeiten aus. Gemaeß RLG versteht man darunter die Verpflichtung des Unternehmens zur Herausgabe von finanziellen Vermögenswerten oder zum Austausch des Finanzinstruments mit einem anderen Unternehmen. Sie können zu berichtigten Anschaffungskosten und falls das Unternehmen sie fuer Verkauf innerhalb von maximal 3 Monaten bestimmt, zum Marktwert bzw. zu einem anders bestimmten beizulegenden Zeitwert bewertet werden. Zu den finanziellen Verbindlichkeiten zaehlen u.a.:

  • eingegangene Darlehen und Kredite,
  • Verbindlichkeiten aus Finanzierungsleasing.

Nach IAS 32 sind sie sozusagen die Umkehrung von finanziellen Vermögenswerten. Eine finanzielle Verbindlichkeit ist also jede Verbindlichkeit, die:

  • vertragliche Verpflichtung ist,
    • fluessige Mittel oder andere finanzielle Vermögenswerte an ein anderes Unternehmen abzugeben; oder
    • finanzielle Vermögenswerte oder finanzielle Verbindlichkeiten mit einem anderen Unternehmen zu Bedingungen zu tauschen, die potenziell unguenstig sind; oder
  • ein Vertrag ist, der in den Eigenkapitalinstrumenten des Unternehmens beglichen werden kann oder wird und bei dem es sich um Folgendes handelt:
    • ein nicht derivatives Finanzinstrument, durch welches das Unternehmen verpflichtet ist oder verpflichtet werden kann, eine variable Anzahl von Eigenkapitalinstrumenten des Unternehmens zu liefern oder
    • ein derivatives Finanzinstrument, das nicht durch Austausch eines festen Betrags an Zahlungsmitteln oder anderen finanziellen Vermögenswerten gegen eine feste Anzahl von Eigenkapitalinstrumenten des Unternehmens erfuellt werden kann.

An dieser Stelle soll man auf die Definition des kleinen Unternehmens nach Art. 3 Abs. 1c RLG hinweisen. Gemaeß dieser Vorschrift sind kleine Unternehmen Handelsgesellschaften (Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften, auch in Organisation) sowie Gesellschaften  buergerlichen Rechts und andere juristische Personen und Niederlassungen der auslaendischen Gesellschaften im Sinne der Vorschriften des Gesetzes vom 6. Maerz 2018 ueber Grundsaetze der Beteiligung der auslaendischen Unternehmer und anderen auslaendischen Personen am Wirtschaftsverkehr auf dem Gebiet der Republik Polen, falls diese Unternehmen in dem Geschaeftsjahr, fuer das sie den Jahresabschluss aufzustellen haben und in dem vorangegangenen Geschaeftsjahr und im Falle der die Geschaeftstaetigkeit aufnehmenden Subjekte bzw. der die Fuehrung der Buecher auf die gesetzlich vorgeschriebene Art und Weise beginnenden Subjekte zumindest zwei der folgenden drei Größen nicht ueberschritten haben:

  1. 25,5 Mio. PLN – im Falle der Summe der Aktiva zum Ende des jeweiligen Geschaeftsjahres,
  2. 51 Mio. PLN – im Falle der Nettoumsatzerlöse fuer das jeweilige Geschaeftsjahr,
  3. 50 Personen – im Falle der jahresdurchschnittlichen Beschaeftigung umgerechnet in Vollzeitstellen

– gegenueber denen das Feststellungsorgan die Entscheidung ueber Aufstellung eines vereinfachten Jahresabschlusses traf, was in der Praxis die Fassung des entsprechenden Beschlusses bedeutet, in der Theorie spaetestens bis zum Stichtag fuer die Aufstellung des Jahresabschlusses, d.h. bei den meisten Unternehmen bis 31. Maerz des Folgejahres nach dem Jahr, fuer das der Jahresabschluss aufzustellen ist.

Kapitalinstrumente nicht weniger wichtig

Zum Schluss sollte man Kapitalinstrumente definieren, unter denen die Vertraege zu verstehen sind, die einen Residualanspruch an den Vermögenswerten eines Unternehmens nach Befriedigung bzw. Absicherung aller Glaeubiger, sowie die Verpflichtung des Unternehmens begruenden, Eigenkapitalinstrumente, insbesondere Geschaeftsanteile, Eigenaktienoptionen bzw. Optionsscheine zu emittieren bzw. zu liefern.

Klassifizierung

Waehrend die Definitionen der vorgenannten Begriffe im RLG zu finden sind, ´sind die detaillierte Unterteilung von Finanzinstrumenten und ihre Bewertungsgrundsaetze der FIVO zu entnehmen, ausgenommen u.a.:

  • die durch das Unternehmen emittierten bzw. ausgestellten Kapitalinstrumente, darunter Geschaeftsanteile, Eigenaktienoptionen, Bezugsrechte, Optionsscheine, Aktienrechte und sonstige Finanzinstrumente, die nach dem Gesetz durch das Unternehmen als das Eigenkapital zu behandeln sind,
  • Geschaeftsanteile an den untergeordneten Unternehmen.

Die Finanzinstrumente alleine sind durch das polnische Bilanzrecht nach folgenden Kategorien klassifiziert:

  • zu Handelszwecken gehaltene finanzielle Vermögenswerte und Verbindlichkeiten,
  • gewaehrte Darlehen und eigene Forderungen,
  • bis zur Faelligkeit gehaltene finanzielle Vermögenswerte,
  • zur Veraeußerung verfuegbare finanzielle Vermögenswerte.

Zusammenfassung

Die vorgenannten Vergleiche und ersten Schlussfolgerungen ergeben sich aus der vor allem aufgrund des RLG und der FIVO, sowie des IAS 32 durchgefuehrten Analyse. Die Details zu den Finanzinstrumenten, die in den internationalen Rechnungslegungsstandards angesprochen werden, sind eine andere Geschichte. In den naechsten Beitraegen versuchen wir Ihnen naeher zu bringen, wie die Finanzinstrumente aufgrund der IFRS zu identifizieren, zu bewerten und in dem Jahresabschluss darzustellen sind und man die Wertminderung, den SPPI-Test, das Modell zur Beruecksichtigung erwarteter Kreditverluste und das Hedging betrachten soll. Bleiben Sie auf dem Laufenden und machen Sie sich mit diesen Beitraegen vertraut.

MÖCHTEN SIE MEHR ERFAHREN?
Abonnieren Sie unseren Newsletter, um ueber die steuerrechtlichen und finanziellen Fragestellungen auf dem Laufenden zu sein. Profitieren Sie vom Fachwissen unserer Experten!
Jetzt abonnieren