Am 10. Juli 2015 wurde durch das Oberverwaltungsgericht (NSA) aufgrund der umsatzsteuerrechtlichen Vorschriften (VAT) das Urteil mit dem Aktenzeichen I FSK 944/15 ueber die Weiterbelastung der Medienkosten erlassen. Das ist die erste Entscheidung nach dem Urteil des EuGH vom 16. April 2015 in der Rechtssache C-42/14 betreffend die Vermietung und Weiterbelastung der Medienkosten. In Zusammenhang mit der neulichen Veröffentlichung der schriftlichen Urteilsbegruendung des polnischen Oberverwaltungsgerichts möchten wir Ihnen unsere Meinung ueber diese Begruendung praesentieren, die sich auf die Abrechnung der Umsatzsteuer auf Medienkosten in Bezug auf die Vermietungsleistung erheblich auswirken kann.

Im betroffenen Urteil des Oberverwaltungsgerichts ging es um die Antwort auf die Schluesselfrage, welcher Umsatzsteuersatz auf den Wiederverkauf (Weiterbelastung) der Leistungen, darunter der Leistungen von allgemeinem Interesse und verschiedener Arten der Energie (sog. Medien) anzuwenden war, der durch die uebertragung der Kosten, die von dem Erwerber dieser Leistungen bzw. Energie getragen wurden, auf das Subjekt, das diese tatsaechlich nutzte, erfolgte.

Zu erinnern ist, dass der EuGH im vorgenannten Urteil darauf hinwies, dass die Lieferung der Elektrizitaet, der Waerme, des Wassers sowie die Abfallentsorgung grundsaetzlich - nach Analyse der bestimmten Voraussetzungen - von der Vermietung einer Wohnung bzw. Raeumlichkeit separat zu besteuern ist. Jede Leistung soll naemlich getrennt behandelt werden, es sei denn, dass solch eine Abtrennung wirklichkeitsfremd waere. Aus diesem Grund erklaerte der Gerichtshof, dass im Rahmen jedes Mietverhaeltnisses zu pruefen ist, ob der Mieter die Medien in beliebiger Menge frei verbrauchen kann. Das ist zwar kein entscheidendes Kriterium, aber es kann helfen bei Ermittlung, ob man in dem jeweiligen Fall mit einer Gesamtleistung oder nicht zu tun hat.

Im betroffenen Urteil entschied das Oberverwaltungsgericht, in welchen Situationen der Vermieter die Lieferung der Medien separat von der Vermietung betrachten soll. Das Gericht hob hervor (indem er die Argumentation des EuGH teilte), dass die Lieferung von Medien grundsaetzlich als eine selbststaendige Leistung gegenueber der Vermietungsleistung zu behandeln ist und ihre Betrachtung als eine Leistung nur dann gerechtfertigt ist, wenn sie miteinander untrennbar verbunden sind und deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd waere.

Das Oberverwaltungsgericht betonte Folgendes:

  • Ein grundlegendes Kriterium fuer die Feststellung der Selbststaendigkeit von Dienstleistungen ist wirtschaftliches Kriterium und nicht die Vertragsbestimmungen;
  • Die Vertragsbestimmungen sind von Bedeutung bei Pruefung der Komplexitaet der Medienlieferungen und der Vermietungsleistung, wenn die Grundlage der Vereinbarungen wirtschaftliche Gruende bilden (z. B. stuetzen sich die Vertragsbestimmungen auf wirkliche Kriterien fuer den Medienverbrauch);
  • In Bezug auf Medien, denen gegenueber ein Verbrauchskriterium angenommen werden kann (Wasser-, Elektrizitaet- und Waermeverbrauch sowie Abfallentsorgung), ist gerade dieses Kriterium fuer die Selbststaendigkeit dieser Medien entscheidend und nicht die Frage, ob der Mieter den Anbieter dieser Medien frei waehlen konnte;
  • Lieferungen der Medien, die durch den Verbrauch des Wassers, der Elektrizitaet und Waerme sowie durch die Abfallentsorgung zustande kommen, sollen als selbststaendige Leistungen gegenueber der Vermietungsleistung angesehen werden, falls der Mieter ueber die Art und Weise der Nutzung der jeweiligen Waren und Dienstleistungen durch die Höhe des Verbrauchs selbst entscheiden kann;
  • Entscheiden ueber die Höhe des Verbrauchs beruht darauf, dass die Vertragsparteien die Kriterien annehmen, die den tatsaechlichen Medienverbrauch ermitteln lassen (z. B. im Falle der Abrechnung des Medienverbrauchs aufgrund des Zaehlerstands bzw. aufgrund der Anzahl der Nutzer von gemieteten Raeumen);
  • Die Wahl des Kriteriums soll sich aus wirtschaftlichen Gruenden ergeben und die Aussonderung der Medienkosten und deren Abrechnung auf solche Weise ermöglichen, die den Medienverbrauch objektiv widerspiegelt;
  • Abgesehen von der Möglichkeit der Abrechnung des tatsaechlichen Medienverbrauchs sind diese Leistungen als eine einheitliche Vermietungsleistung anzusehen, falls die Aufspaltung der Medien wirklichkeitsfremd waere (im Falle der Vermietung der schluesselfertigen Bueroraeume zusammen mit der Medienlieferung oder im Falle der kurzfristigen Vermietung von Immobilien fuer Urlaubs - oder Geschaeftszwecke, die dem Mieter ohne Möglichkeit der Medienabtrennung zur Verfuegung gestellt werden);
  • Abfallentsorgung ist von der Vermietungsleistung getrennt zu behandeln, wenn der Mieter den Anbieter dieser Dienstleistungen frei waehlen kann; Da es solche Möglichkeit nicht gibt (beim gegenwaertigen Stand des Rechts sind fuer die Organisation dieser Dienstleistungen obligatorisch die Gemeinden zustaendig) sind die Vermietung und die Abfallentsorgung zusammen mit einem fuer die Vermietungsdienstleistung geltenden USt-Satz zu besteuern.

In Bezug auf die ueberlegungen des EuGH laesst sich zusammenfassend sagen, dass Lieferungen der Medien, die durch den Verbrauch des Wassers, der Elektrizitaet und Waerme sowie durch die Abfallentsorgung zustande kommen, gegenueber der Vermietungsleistung grundsaetzlich als selbststaendige Leistungen anzusehen sind, falls der Mieter ueber die Art und Weise der Nutzung der jeweiligen Waren und Dienstleistungen durch die Höhe des Verbrauchs selbst entscheiden kann. Dagegen im Falle der Abfallentsorgung ist diese von den Vermietungsleistungen getrennt zu behandeln, falls der Mieter den Anbieter dieser Dienstleistung frei waehlen kann.

Unserer Meinung nach scheint die Einstufung der Abfallentsorgung als eines Bestandteils des Mietvertrags anstatt als einer separaten Leistung nur aufgrund der geltenden Rechtsvorschriften ueber die Organisation der Hausmuellabfuhr bei den Immobilieneigentuemern ungerechtfertigt zu sein. Diese Frage kann zum Gegenstand von weiteren Streitfaellen mit Finanzbehörden werden, umso mehr, als der Gerichtshof keine Kategorien von Waren und Dienstleistungen nannte, bei welchen nur die Möglichkeit deren Abrechnung aufgrund des tatsaechlichen Verbrauchs zu pruefen ist, sowie keine diejenigen, bei welchen nur die Möglichkeit der Wahl des Anbieters entscheidend ist. Diese Kriterien sind zusammen in Betracht zu nehmen, indem die jeweilige Situation aus wirtschaftlicher Sicht des Erwerbers beurteilt wird. Sollte Mietgegenstand (z.B. ein schluesselfertiges Buero) ohne bestimmte Medien nutzlos sein, dann hat sogar die Abrechnung des tatsaechlichen Medienverbrauchs mit dem Mieter nicht zur Folge, dass die Vermietung und Medienlieferung als selbststaendige Leistungen gelten. Und umgekehrt - in eine Wohnung kann jemand einziehen, der feststellt, dass er fuer diese bestimmte Immobilie den Anbieter von billigeren Medien frei waehlen kann.