Piotr WYRWA
Tax Supervisor bei RSM Poland

Der Jahresanfang brachte umfassende aenderungen in Bezug auf die den Zahlern der sog. pauschalen Quellensteuer (WHT) auferlegten Pflichten. Zurzeit muessen sie nicht nur die Ansaessigkeitsbescheinigung ihres Geschaeftspartners einholen, sondern auch – unter Einhaltung der erforderlichen Sorgfalt – ueberpruefen, ob die Grundlagen fuer die Anwendung der verguenstigten Besteuerungsgrundsaetze aufgrund des jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommens (DBO) vorliegen.

Die Schwierigkeit, die mit dieser ueberpruefung zusammenhaengt, z.B. die Festlegung, ob der jeweilige Geschaeftspartner der sog. Nutzungsberechtigte fuer diese Forderungen ist, ist das eine. Wie aber soll der potentielle QSt-Zahler vorgehen, wenn er nicht weiß, ob er solch eine Steuer auf die ausgezahlte Forderung ueberhaupt einbehalten muss?

In den letzten Jahren hat man ziemlich viele umstrittene Gebiete im Bereich der Einstufung der Zahlungen als die der QSt unterliegenden identifiziert. Fuer manche davon kann man das Licht am Ende des Tunnels sehen. Ein Beispiel fuer die Chance, eine fuer die Steuerpflichtigen guenstigen Lösung auszuarbeiten, kann eine sich positiv entwickelnde Praxis der Finanzbehörden im Bereich der fehlenden Pflicht zur Besteuerung mit der Quellensteuer der Endbenutzer-Lizenzen (eng. end user licences) sein. Manchmal ist aber fuer die Lösung von Streitigkeiten der Eingriff des Gesetzgebers notwendig – vide: die aenderung im Bereich der fehlenden Pflicht zur Erhebung der Quellensteuer auf die Flugtickets.

Ungepruefte Bereiche der QSt

Es gibt jedoch solche ungepruefte Gebiete der Quellensteuer, auf welche die bisherige Praxis kein helles Licht wirft. Aus unserer Erfahrung geht hervor, dass es besonders dunkel dann sein wird, falls wir in diesem Kontext die Dark-Fiber-Mietvertraege unter die Lupe nehmen wollen. Die Nutzung solcher Glasfasern erfolgt meistens aufgrund der Vertraege ueber das ausschließliche Nutzungsrecht (eng. ROU), die nicht die Erbringung der uebertragungsdienste ueber den Lichtwellenleiter, sondern die Bereitstellung einer seiner Faser zwischen den bestimmten geographischen Punkten umfassen. Woraus ergibt sich das Problem mit der Besteuerung der aufgrund solcher Vertraege gezahlten Forderungen mit der Quellensteuer?

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Polen ist eines der wenigen OECD-Laender, das in seiner inlaendischen Gesetzgebung (dem Körperschaftsteuergesetz, Einkommensteuergesetz) sowie in den bilateralen Doppelbesteuerungsabkommen als Lizenzgebuehren nicht nur die Zahlungen fuer Nutzung von immateriellen Vermögenswerten, sondern auch die fuer Nutzung der materiellen Vermögenswerte (beweglichen Vermögensgegenstaende) zustehenden Zahlungen ansehen laesst. In den inlaendischen Vorschriften sowie den Bestimmungen der durch Polen abgeschlossenen DBA wird in diesem Bereich eine raetselhafte Formulierung, d.h. Forderungen fuer „Nutzung einer Industrieanlage” verwendet.

Was bedeutet dieser Begriff tatsaechlich und wie ist er im Kontext von fuer die fuer das ausschließliche LWL-Nutzungsrecht zu entrichtenden Zahlungen auszulegen?

Nach Auffassung der Finanzbehörden und einiger Verwaltungsgerichte heißt der Begriff Industrieanlage nicht, dass die Quellensteuer nur diejenigen Subjekte betrifft, welche tatsaechlich eine Industrietaetigkeit ausueben (d.h. die Produkte in großer Menge mit den mechanischen Geraeten herstellen). Problematisch bleibt dabei, ob man den Lichtwellenleiter ueberhaupt als eine „Anlage” betrachten darf. Dieser Begriff ist naemlich gemaeß seiner sprachlicher Bedeutung als „Gegenstand mit einem komplexen Aufbau, der eine bestimmte Arbeit abwickelt bzw. erleichtert” oder auch als: „ein Mechanismus oder eine Gruppe von Mechanismen, manchmal technisch sehr komplizierten, die der Durchfuehrung von bestimmten Handlungen dienen, eine bestimmte Funktion ausueben; Geraet” zu definieren. 

Erfuellt der Lichtwellenleiter diese Definition? Auf den ersten Blick könnte man diese Frage mit Ja beantworten. Er erledigt doch die bestimmten Aufgaben als ein Datentransfermedium. Andererseits aber, wenn man eine LWL-Faser naeher betrachtet (gerade die einzelne Faser, und nicht der ganze Lichtwellenleiter ist meistens Gegenstand von Vertraegen ueber das ausschließliche Nutzungsrecht), kann man ernste Zweifel darueber haben. Die unbeschaltete Glasfaser ist naemlich passiv und enthaelt keine mechanischen Bestandteile. Vereinfacht gesagt ist es ein Glasfaser-Rohr, in welchem die Ausbreitung von Licht erfolgt, welches als Informationstraeger genutzt wird. In der einzelnen Faser gibt es keine Mechanismen und man kann kaum feststellen, dass dieser Gegenstand einen komplexen Aufbau hat. Es fehlen also die typischen Merkmale einer „Anlage”, die in seiner Wörterbuch-Definition genannt sind.

Zusammenfassung

Die eindeutige Entscheidung der Frage bezueglich der Besteuerung der Miete der sog. unbeschalteten Glasfaser mit der Quellensteuer ist nicht einfach und bedarf einer detaillierten Analyse sowohl des jeweiligen, durch das polnische Subjekt abgeschlossenen Vertrags ueber das ausschließliche Nutzungsrecht, sowie der Bestimmungen des jeweiligen DBA. Solch eine Analyse wird dadurch erschwert, dass die polnischen Finanzbehörden keine große Erfahrung in diesem Bereich haben, denn bisher schienen sie dieses Problem nicht wahrzunehmen. Fuer die Subjekte, welche die unbeschalteten Glasfasern mieten, ist dieses Problem deswegen beunruhigend, weil seit Anfang des Jahres ein verstaerktes Interesse der Finanzbehörde gerade fuer das Thema Quellensteuer zu beobachten ist. Die letzten Jahre zeigen uns dagegen, dass der Fiskus dort mit einem Interesse schaut, wo er die Möglichkeiten fuer die Maximierung der Steuerbelastung sieht.

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