Bartosz MIŁASZEWSKI
Managing Partner bei RSM Poland

Interessant, dass es manchmal viel einfacher ist, ein großes Unternehmen mit Tausenden Arbeitnehmern zu kaufen, dessen Ertraege in Milliarden zu rechnen sind, als ein solches mit nur ein paar bzw. einigen zehn Arbeitnehmern und nur ein paar Millionen Ertraegen. Und es geht hier gar nicht um den Preis, den man fuer solch ein Unternehmen zahlen muss.

Es scheint, dass ein kleineres Gewerbe den Einsatz geringerer Finanzmittel und ein geringeres Risiko bedeutet, deswegen auch die Transaktion einfacher sein soll. Die Geschaeftspraxis zeigt aber, dass es ganz umgekehrt ist. Kleinere Gewerbe, d.h. Unternehmen mit den Ertraegen von ein paar bis einige zehn Millionen Zloty sind haeufig viel schwieriger zu bewerten und somit auch zu verkaufen bzw. kaufen.

Ich verkaufe ein gewinnbringendes Unternehmen. Aber wirklich?

Erstens ist der Zugriff auf Informationen bei den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) ganz anders als bei den Großunternehmen. Die Organisationsstruktur der Großunternehmen ist durch ihre Größe aufgezwungen. Sie haben CFOs, eine Controlling-Abteilung, ihr Budget und eine Finanzberichterstattung, welche die Rentabilitaet jedes Produkts/jeder Dienstleistung/jedes Handelsvertreters verfolgen laesst. Bei den kleineren Unternehmen existiert eine interne Finanzberichterstattung gar nicht bzw. sie ist Folge der mehrjaehrigen ueberlegungen der Unternehmenseigentuemer und entspricht ausschließlich ihren Beduerfnissen und Vorstellungen. Dadurch ist sie nicht standardmaeßig und deswegen manchmal total unverstaendlich fuer externe Subjekte, die es kaufen möchten. Andere Probleme kommen zum Vorschein, wenn es sich erweist, dass das zu uebernehmende Unternehmen keine Handelsbuecher fuehrt, denn seit mehreren Jahren tut es alles Mögliche, um die Höchstgrenze fuer die erzielten Erlöse nicht zu ueberschreiten, was es zur vollstaendigen Buchfuehrung verpflichten wuerde.

Zweitens gibt es manchmal bei kleineren Unternehmen viele versteckte Probleme, die sich auf das Subjekt alleine nicht beziehen. Z.B. ein Arbeitsverhaeltnis mit der Cousine, die eine Kunstuniversitaet abgeschlossen hat und jetzt Gegenstaende entwirft, die in die Schublade kommen, trotzdem möchte sie der Unternehmenseigentuemer weiterhin anstellen, weil sie „schließlich ein Familienmitglied ist”. Oder ein Auto fuer die Ehefrau und den Sohn, die offiziell im Unternehmen helfen, wenn man aber nach Details und ihr Engagement fragt, erweist es sich, dass sie im Unternehmen einmal im Monat erscheinen, aber eher fuer gesellschaftliche als fuer geschaeftliche Zwecke.

Drittens beruht das Problem mit solch einer Transaktion darauf, dass ein kleines Unternehmen in der Regel einen Eigentuemer hat, der zugleich ihr (alles tuende) Manager ist und keinen Stellvertreter hat. Im Falle seiner Abwesenheit leidet also das Unternehmen unter Entscheidungslosigkeit.

Viertens ist eine emotionale Beziehung der Eigentuemer zu dem Unternehmen viel staerker bei den kleinen Subjekten als bei Konzernen. Bei den Großunternehmen zaehlt vor allem das Geld – die jeweilige Transaktion ist rentabel oder nicht, andere Faktoren werden also in den Hintergrund gerueckt. Im Falle der Transaktionen bei den kleineren Unternehmen sieht das anders aus. Die Psychologie spielt hier eine wichtige Rolle und das Geld rangiert oft auf dem zweiten oder sogar einem weiteren Platz.

Fuenftens gibt es dabei einen Unternehmenseigentuemer bzw. ein paar Miteigentuemer, die jeden Tag in dem Unternehmen ca. ein Dutzend Stunden verbringen und dafuer keine Verguetung bzw. eine minimale Verguetung beziehen oder umgekehrt – sie beziehen eine Verguetung, die deutlich höher als die marktuebliche Verguetung ist.

Oft wird durch die Parteien im Laufe der Verhandlung von Transaktionsbedingungen der vereinfachte Grundsatz fuer die Unternehmensbewertung vereinbart, d.h. X mal EBITDA (das Vielfache des operativen Gewinns vor finanziellen Aufwendungen, Steuern und Abschreibungen). Zu diesem Zeitpunkt stellt der Verkaeufer fest: wir haben einen Kompromiss erreicht, ich kenne den Preis und ich bin damit zufrieden, wir erstellen den Unternehmenskaufvertrag (SPA) und schließen die Transaktion ab. Dann faengt der Kaeufer mit der Due Diligence an und nach ihrer Durchfuehrung kommt er zur Verwunderung des Verkaeufers zu dem Schluss, dass der Unternehmenswert von dem aufgrund der vorgenannten Kennzahl ermittelten Wert deutlich abweicht. Es ist ein typischer Kommunikationsfehler, der besonders oft kleine und mittlere Unternehmen betrifft. Was soll man tun, um dies zu vermeiden?

Unternehmensbewertung

Bereits im Laufe der einleitenden Verhandlungen sind nicht nur der Wert des Multiplikators (d.h. wie viele Male EBITDA), sondern auch zumindest:

  1. EBITDA-Basisgröße – z.B. ein Durchschnitt von den letzten zwei-drei Jahren bzw. von einer anderen abgestimmten Periode,
  2. Grundsaetze fuer Normalisierung des Ergebnisses (Normalisierung des EBITDA),
  3. Cash Free/Debt Free-Grundsaetze (insbesondere, welche Verbindlichkeiten des Unternehmens als wertmindernd behandelt werden),
  4. Methode fuer Ermittlung des Working Capitals und dessen Einfluss auf den Transaktionspreis,
  5. Grundsaetze fuer Ergebnisverteilung fuer die letzte Periode, in der das Unternehmen noch das Eigentum der Verkaeufer ist,

festzulegen.

In Bezug auf die vorgenannten Erwaegungen scheint die Festlegung der Grundsaetze fuer Normalisierung des Ergebnisses schluesselhaft zu sein. Was ist also die Normalisierung des EBITDA? Wie ist solch eine Normalisierung durchzufuehren und das normalisierte Ergebnis zu ermitteln?

Wie die meisten Transaktionsbereiche – im Wege von Verhandlungen. Die Parteien vereinbaren miteinander die Grundsaetze fuer Normalisierung des EBITDA, indem sie bestimmen, welche Posten/Ereignisse die Anpassung der in den Jahresabschluessen ausgewiesenen Werte an den Wert, der den Transaktionspreis bestimmt, beeinflussen werden. Meistens sind es:

  1. die richtige Zuordnung der Ertraege und Aufwendungen zu den Perioden, auf welche sie sich beziehen,
  2. Beseitigung der einmaligen Ereignisse (z.B. des Ergebnisses infolge des Immobilienverkaufs, der bezahlten Vertragsstrafe),
  3. Beseitigung von den Aufwendungen der Ausgaben, die mit dem gefuehrten Gewerbe nicht zusammenhaengen (der versteckten Dividende),
  4. Vornahme der Abschreibungen auf Vermögensgegenstaende im Falle ihres Wertverlustes,
  5. Bestimmung der Abschreibungsgrundsaetze,
  6. Umwandlung des operativen Leasings in Finanzierungsleasing,
  7. Beruecksichtigung der marktueblichen Verguetung fuer die Arbeit der Gesellschafter unter den Aufwendungen.

Wie ist das Ziel der Normalisierung des Ergebnisses? Grundsaetzlich die Ermittlung des realen Unternehmenswertes. Die ueberpruefung der Trends in Bezug auf die Ertraege, Aufwendungen, Rentabilitaet ermöglicht dem Kaeufer die Entwicklungsszenarien fuer das Unternehmen aufgrund der zuverlaessigen Informationen zu entwickeln. Ist der Kaeufer ein Brancheninvestor, dann kann er die Struktur von Ertraegen und Aufwendungen des zu uebernehmenden Unternehmens mit der Struktur bei anderen Subjekten vergleichen. Bei Durchfuehrung der Normalisierung des Ergebnisses kann er die Staerken und Schwaechen des zu uebernehmenden Unternehmens identifizieren. Somit ist er imstande, dessen realen Wert und den Transaktionspreis zu ermitteln.