Piotr STASZKIEWICZ
Audit Partner bei RSM Poland

Zuletzt widmeten wir viel Platz der Erfassung von Erlösen aus Bau- und Beratungsdienstleistungen, heute kommt die Zeit fuer die naechste Branche. Diesmal befassen wir uns mit der Verkaufsanalyse von immateriellen Vermögenswerten und gleich nehmen wir dafuer ein Beispiel:

Die Gesellschaft (auch Unternehmen genannt) kauft von ihrem Anbieter die Lizenz ABC und verkauft dieses Nutzungsrecht an der Software ABC ohne weitere Modifikationen an ihren Kunden, mit dem sie zugleich einen Vertrag ueber Entwicklung und Installation der Software ABC unterzeichnet. Der Kunde kann also die Software aufgrund der erworbenen Lizenz nutzen. Die Zeit fuer die Durchfuehrung der Installation zusammen mit Personalschulung betraegt ca. 6 Monate, die in 6 Stufen eingeteilt werden. Jede Stufe endet mit dem Abnahmeprotokoll.

Frage

Wie sind die Erlöse aus dem Lizenzverkauf und die Softwareinstallationsdienstleistungen in den Buechern zu erfassen (die Schulungen lassen wir außer Acht)?

Zuerst ist zu analysieren, ob:

  • die Vertraege zusammen verhandelt werden und denselben kommerziellen Zweck betreffen;
  • der im Rahmen eines Vertrags zustehende Preis von der Ausfuehrung eines anderen Vertrags abhaengt?

Es scheint, dass wenn nicht zwei auf einmal, dann ist zumindest das zweite Kriterium erfuellt, d.h. zwei Vertraege könnte man als einen Vertrag behandeln.

In einem weiteren Schritt ist die Leistungsverpflichtung zu bestimmen

Es scheint, dass die zugesagte Leistungsverpflichtung die Softwareinstallation sowie Anlieferung des immateriellen Vermögenswertes in Form einer Lizenz ist. Die Frage ist, ob man diese zugesagte Ware und Dienstleistung gemaeß IFRS 15 Paragraph 27 als eigenstaendig abgrenzbar ansehen kann?

Gemaeß IFRS 15 Paragraph 27 sind die Waren oder Dienstleistungen eigenstaendig abgrenzbar, falls sie die beiden untergenannten Kriterien erfuellen:

  • dem Kunden entsteht aus den zugesagten Waren oder Dienstleistungen direkt oder im Zusammenspiel mit anderen, ihm zur Verfuegung stehenden Ressourcen ein Nutzen

In dem besprochenen Fall scheint sie Software mit der Lizenz die Nutzen erst nach Beendigung der Installation zu bringen und es ist nicht so, dass ein anderer Anbieter die Software ohne ihre wesentlichen aenderungen installieren kann. Auch die Nutzung der Software ohne Lizenz ist nicht möglich, der Kunde kann jedoch die Lizenz mittelbar bei einem anderen Anbieter kaufen; umgekehrt funktioniert das aehnlich – mit der Lizenz kann der Kunde die jeweilige Software nicht nutzen, sobald sie nicht implementiert/installiert ist, egal, ob sie durch die Gesellschaft oder einen anderen Anbieter geliefert wurde; die Lizenz und Software scheinen also untrennbar sein, sogar falls sie an den Kunden durch verschiedene Unternehmen geliefert werden...;

  • die zugesagten Waren oder Dienstleistungen lassen sich von anderen zugesagten Waren oder Dienstleistungen des gleichen Vertrags als trennbar identifizieren.

Hier sollte man in Erwaegung ziehen, ob man die Software alleine, d.h. separat von ihrer Installation liefern kann – sicherlich nicht, sie muss „entstehen” und implementiert ´werden, die Softwareinstallation heißt also Software + Installation, Tests, Schulung, Vermittlung des Wissens an den Kunden u. dgl.. Parallel muss der Kunde eine Lizenz erwerben.

Es scheint, dass die beiden Kriterien nicht erfuellt wurden, deswegen sollen nicht nur die einzelnen Stufen der Softwareimplementierung, sondern auch die Lizenz zusammen mit der Softwareimplementierung/-installation zusammen geprueft werden.

PRueFUNG DER RECHNUNGSFueHRUNG
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Das Thema scheint nicht eindeutig zu sein, deswegen ist der „geschaeftliche Ansatz” von Bedeutung, d.h. welche Aussage soll die Zusammenarbeit mit dem Kunden haben?, und nicht das, was in dem Vertrag niedergeschrieben wurde, obwohl am besten waere, wenn die Vertraege die Absichten der Parteien widerspiegeln wuerden.

Es ist zu beachten, dass die aenderung einiger Parameter/Erwartungen der Parteien eine andere Vorgehensweise in Bezug auf die Vertragsanalyse zur Folge haben kann.

Unten wurden die Faktoren genannt, welche beurteilen helfen, ob sich die zugesagten Waren als  eigenstaendig abgrenzbar oder untrennbar identifizieren lassen (IFRS 15, Paragraph 29):

  • erbringt das Unternehmen bedeutende Leistungen, die auf der Zusammenfassung oder Verbindung der zugesagten Waren oder Dienstleistungen mit anderen im Vertrag zugesagten Waren oder Dienstleistungen in Buendel beruhen, die nach dieser Zusammenfassung bzw. Verbindung den Gegenstand des mit dem Kunden abgeschlossenen Vertrags bilden, dann sind diese Waren oder Dienstleistungen NICHT eigenstaendig abgrenzbar;
  • werden mit der Ware oder Dienstleistung andere im Vertrag zugesagte Waren oder Dienstleistungen weder wesentlich geaendert noch angepasst, dann sind sie eigenstaendig abgrenzbar;
  • haengen die zugesagten Waren oder Dienstleistungen von anderen im Vertrag zugesagten Waren oder Dienstleistungen nicht wesentlich ab bzw. stehen in keiner Wechselbeziehung mit diesen, dann sind sie eigenstaendig abgrenzbar.

Der letztgenannte Fall scheint im Widerspruch zum zweitgenannten Fall stehen.

Dann ist zu analysieren, wann die zugesagte Dienstleistung erbracht/die zugesagte Ware uebergeben wird. Zum Zeitpunkt der Leistungserfuellung? Wenn ja, dann wann eigentlich, falls wir die Lizenz z.B. im Januar 2019 uebergeben und die Software erst im Juli 2019 funktionieren wird... Zum Zeitpunkt der Beendigung der Implementierung? Oder vielleicht waehrend der Installationsdauer...

IFRS 15 Paragraphen 35 und 38 sieht vor, dass die Erlöse entweder ueber einen Zeitraum hinweg („Over time”) oder zu einem Zeitpunkt („at point in time”) erfasst werden können. Darueber schrieben wir im Detail auf unserem Blog.

Die Erfuellung der Leistungsverpflichtung ueber einen Zeitraum hinweg liegt vor, wenn die Gesellschaft die Verfuegungsmacht ueber eine Ware bzw. eine Dienstleistung ueber einen Zeitraum hinweg uebertraegt und somit ihre Leistungsverpflichtung erfuellt, falls eine der folgenden Voraussetzungen erfuellt ist:

  • Mit Erfuellung durch das Unternehmen der jeweiligen Leistung erhaelt der Kunde den Nutzen aus dieser Leistung und verbraucht ihn gleichzeitig;
  • Mit seiner Leistung erzeugt oder verbessert das Unternehmen einen Vermögenswert, ueber den der Kunde die Verfuegungsmacht waehrend der Erzeugung oder Verbesserung dieses Vermögenswertes besitzt;
  • Mit seiner Leistung erzeugt das Unternehmen einen Vermögenswert, der vom Unternehmen nicht anderweitig genutzt werden kann; dabei hat das Unternehmen einen vollstreckbaren Zahlungsanspruch fuer die bisher erbrachte Leistung.

In Bezug auf die uebertragung der Verfuegungsmacht sind die Paragraphen 31-34, 38 und B5 zu beachten; als Verfuegungsmacht bezeichnet man die Faehigkeit, ueber den jeweiligen Vermögenswert direkt zu verfuegen und die sonstigen Nutzen daraus zu ziehen. Sie umfasst die Faehigkeit, zu verhindern, dass andere ueber den Vermögenswert verfuegen und den Nutzen daraus ziehen. Man kann Zweifel haben, ob die Verfuegungsmacht uebertragen wurde, weil der Kunde grundsaetzlich bis zum Zeitpunkt der Abgabe der Software zur Nutzung nicht alle Nutzen daraus ziehen kann; es scheint, dass das der falsche Ansatzpunkt ist und sogar falls man den Nutzen nicht „jetzt” ziehen kann, dann gibt es trotzdem die Verfuegungsmacht, weil die Faehigkeit, ueber den Vermögenswert (allmaehlich) zu verfuegen und die Nutzen daraus bald zu ziehen, vorliegt.

Waehrend diese Bestimmung im Falle der Gesellschaft aus unserem Beispiel Kontroversen hervorrufen kann, scheinen die Bestimmungen des zweiten und dritten Gedankenstrichs oben klar darauf hinzuweisen, dass – angenommen, dass die Software mit der Lizenz individuell sind und unsere Gesellschaft bei Vertragskuendigung den getragenen Arbeitsaufwand nicht anders nutzen wuerde (die Arbeit wuerde verloren gehen und kein Vermögenswert zu der alternativen Nutzung bzw. des Verkaufs auf dem Markt entstehen wuerde) – man feststellen kann, dass die Verfuegungsmacht ueber einen Zeitraum hinweg uebertragen wird, deshalb sind die Erlöse aus dem Vertrag, der die Lizenz sowie die Softwareinstallation umfasst, auch ueber einen Zeitraum hinweg, verhaeltnismaeßig zu der erbrachten Dienstleistung zu erfassen.

Schlussfolgerung

Der dargestellte Sachverhalt und der geschaeftliche Ansatz sprechen dafuer, damit die Gesellschaft die Erlöse aus dem Lizenzverkauf und Softwareinstallation ueber den Zeitraum der Erbringung der Softwareinstallationsdienstleistungen erfasst. Im Falle der zu veraeußernden „fertigen” Software sieht die Situation anders aus; auch im Falle der zusaetzlichen Dienstleistungen wie Software-Update bzw. technische Unterstuetzung sind diese Leistungsverpflichtungen gegenueber dem Kunden jeweils zusaetzlich zu analysieren. Meine Erwaegungen sollten gerade auf die Notwendigkeit solch einer Analyse jedes Falles hinweisen. Wie bereits erwaehnt wurde, kann die geschaeftliche „Aussage” jedes abgeschlossen Vertrags anders sein, deswegen ist die Anwendung der Instrumente, d.h. der durch den IFRS 15 vorgesehenen Fragen notwendig, und den falschen buchhalterischen Ansatz abzulehnen und bei demjenigen zu bleiben, der dem Sachverhalt am besten entspricht.

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