Neuer Zollkodex – eine Revolution oder eher eine Evolution?

 

Die Einfuehrer und Ausfuehrer stehen vor einer echten Zollrevolution. Anstelle der Bestimmungen des Zollkodex der Gemeinschaften sollen die Vorschriften des Zollkodex der Union (im Folgenden: UZK) gelten, der am 9. Oktober 2013 mit der Verordnung (WE) Nr. 952/2013 des Europaeischen Parlaments und des Rates angenommen wurde. Die Bestimmungen dieses Kodex sind ab 1. Mai 2016 anzuwenden, wenn die auf den UZK bezogenen delegierten Rechtsakte und Durchfuehrungsrechtsakte angenommen werden und in Kraft treten. Die Wirtschaftsbeteiligten, die den Handel mit dem Ausland abwickeln, muessen sich also auf große aenderungen vorbereiten.

Ziel

Die Einfuehrung der neuen Regelungen in das EU-Zollrecht hat zum Ziel:

  • Vereinfachung der Zollgesetzgebung,
  • Vereinheitlichung der Betreuung des Warenverkehrs mit dem Ausland in der gesamten Europaeischen Union durch die Harmonisierung der Grundsaetze fuer Informationen- und Datenaustausch,
  • Einfuehrung der Erleichterungen im Bereich der Zollverfahren, die auf die Steigerung der Wirtschaftlichkeit der Zollvorgaenge gemaeß den aktuellen Beduerfnissen abzielen,
  • Umsetzung der Betreuung von Geschaeftsprozessen in einem rein elektronischen Arbeitsumfeld – sowohl fuer Zollverwaltung, als auch fuer Subjekte, die den Warenverkehr mit dem Ausland abwickeln.
  • Unterstuetzung der zuverlaessigen und vertrauenswuerdigen Wirtschaftssubjekte – zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten (AEO).

Die wichtigsten mit dem UZK eingefuehrten aenderungen

Aufgrund des breiten Umfangs der Zollkodex-aenderung, die viele Bereiche betrifft, werden nachfolgend die wichtigsten Kategorien dargestellt, in welchen die Modifikationen auftreten, samt dem direkten Verweis auf die Webseite des Finanzministeriums, wo die einzelnen Themen in Bezug auf die ab 1. Mai 2016 anzuwendenden aenderungen beschrieben sind.

Die spuerbarsten Folgen

Unserer Meinung nach betreffen die wichtigsten, mit den neuen Vorschriften einzufuehrenden aenderungen u.a.:

  • Zollsicherheitsleistungen – gemaeß den Bestimmungen des UZK werden die Sicherheiten in den meisten Faellen pflichtig sein, was heißt, dass viele Wirtschaftsbeteiligte, die zurzeit bei der Inanspruchnahme des jeweiligen Verfahrens keine Finanzsicherheit, z.B. Bankgarantie leisten muessen, in Zukunft grundsaetzlich dazu verpflichtet sein werden. Die Pflicht zur Leistung einer Sicherheit ergibt sich unmittelbar aus den EU-Vorschriften, die die einzelnen Zollverfahren betreffen bzw. die Situation bezueglich der Ware auf eine andere Weise regeln und sie kann eine Voraussetzung fuer Erteilung einer Bewilligung fuer Anwendung des jeweiligen Zollverfahrens sein. Darueber hinaus berechtigt Art. 91 UZK die Zollbehörden zum Verlangen einer Sicherheitsleistung in den Faellen, wo dies fakultativ ist, wenn die fristgerechte Entrichtung der der Zollschuld entsprechenden Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben und anderen Abgaben ihres Erachtens nicht gewaehrleistet ist;
  • Grundsaetze fuer Funktionieren von Zollverfahren – beispielsweise wird das Umwandlungsverfahren unter zollamtlicher ueberwachung abgeschafft und dessen Funktion wird durch aktive Veredelung uebernommen;
  • verbindliche Zolltarifauskuenfte – eine vZTA-Entscheidung ist die warenkundliche Entscheidung, die eine Rechtssicherheit in Bezug auf die zolltarifliche Einreihung von Waren gewaehrleisten soll. Aus diesem Grund soll das vZTA-System noch mehr vereinheitlicht werden, um die Situationen zu vermeiden, wenn die gleiche Ware von zwei Staaten unterschiedlich eingestuft wird. Die Nachweise ueber die Zolltarifnummer der jeweiligen Waren werden fuer 3 Jahre ausgestellt (zurzeit sind sie ausgestellt fuer 6 Jahre) und sie werden sowohl fuer die Zollbehörde, als auch fuer den Wirtschaftsbeteiligten bindend sein. Zurzeit gelten sie nur fuer Zollbehörden. Die vor 1. Mai 2016 erteilten vZTAs bleiben jedoch gueltig.
  • Erlangen des Status eines zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten (AEO);
  • Bestimmung des Zollwertes von Waren.

Status eines AEO

Der Status eines AEO wird den vertrauenswuerdigen und zahlungsfaehigen Wirtschaftsbeteiligten verliehen, bei denen durch die Organisation, Infrastruktur und die genutzten Sicherungen fuer EDV-Systeme und Orte der Warenlagerung bzw. entsprechend fuer Beförderungsmittel die Sicherheit der Orte und Waren sichergestellt und der unberechtigte Zugriff darauf verhindert wird.

Mit dem Status eines AEO haengt die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Vereinfachungen nach zollrechtlichen Vorschriften und Erleichterungen im Bereich der Zollkontrollen zusammen.

Ab 1. Mai 2016

In Bezug auf den einzufuehrenden UZK wird die Institution des zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten (AEO) nicht deutlich geaendert. Als die wichtigste aenderung fuer den Wirtschaftsbeteiligten gilt das Hinzufuegen eines neuen Kriteriums fuer die Antragsteller der AEO-C-Bewilligung – naemlich der praktischen oder beruflichen Befaehigungen. Die Zollbeamten ueberpruefen berufliche Befaehigungen der Personen, die bei einem AEO fuer schluesselhafte Vorgaenge zustaendig sind. Geaendert wird auch das Kriterium fuer Beachtung von Rechtsvorschriften durch dessen Erweiterung um die steuerrechtlichen Vorschriften und keine vorherige Verurteilung wegen schwerer, im Rahmen der Wirtschaftstaetigkeit des Antragstellers begangener Straftaten. Sonstige AEO-Kriterien werden nur einigermaßen modifiziert. Dies haengt mit der Notwendigkeit einer erneuten Beurteilung des vorher bewilligten Status eines zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten zusammen. Zu beachten ist auch die aenderung der Bezeichnung in diesem Bereich. Man spricht nicht mehr von einem AEO-Zertifikat, sondern von einer AEO-Bewilligung.

Gemaeß Art. 38 UZK kann ein im Zollgebiet der Union ansaessiger Wirtschaftsbeteiligter, der die Kriterien des Art. 39 UZK erfuellt, beantragen, dass ihm der Status eines zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten bewilligt wird. Dieser Status besteht aus den folgenden Arten von Bewilligungen:

  1. der eines zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten fuer zollrechtliche Vereinfachungen, durch die dem Inhaber bestimmte Vereinfachungen nach den zollrechtlichen Vorschriften gewaehrt werden – AEO C;
  2. der eines zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten fuer Sicherheit, durch die dem Inhaber sicherheitsrelevante Erleichterungen gewaehrt werden – AEO S.

Man kann gleichzeitig ueber zwei Arten von Bewilligungen: AEO C und AEO S verfuegen. Im Falle der gebuendelten Bewilligung bleibt ihre Buchstabenkennzeichnung AEO F erhalten.

Bedingungen und Kriterien

Kriterien und Bedingungen, die von einem Subjekt zu erfuellen sind, das die Bewilligung des Status eines AEO beantragt, wurden in Art. 39 UZK bestimmt. Es sind u.a.:

  1. Beachtung von Rechtsvorschriften – der Antragsteller darf keine schwerwiegenden oder wiederholten Verstöße gegen die zoll- oder steuerrechtlichen Vorschriften und keine schweren Straftaten im Rahmen seiner Wirtschaftstaetigkeit begangen haben;
  2. Verfuegen ueber ein entsprechendes System fuer Verwaltung von Aufzeichnungen – der Antragsteller muss ein erhöhtes Maß an Kontrolle seiner Taetigkeiten und der Warenbewegung mittels eines Systems der Fuehrung der Geschaeftsbuecher und gegebenenfalls Beförderungsunterlagen, das geeignete Zollkontrollen ermöglicht, nachweisen,
  3. Zahlungsfaehigkeit – sie gilt als nachgewiesen, wenn der Antragsteller sich in einer zufrieden stellenden finanziellen Lage befindet, die es ihm erlaubt, seinen Verpflichtungen in Zusammenhang mit der betreffenden Taetigkeit nachzukommen;
  4. praktische oder berufliche Befaehigungen – in Bezug auf die in Artikel 38 Absatz 2 Buchstabe a genannte Bewilligung betr. AEO C praktische oder berufliche Befaehigungen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der ausgeuebten Taetigkeit stehen,
  5. Sicherheitsstandards – in Bezug auf die in Artikel 38 Absatz 2 Buchstabe b genannte Bewilligung betr. AEO C angemessene Sicherheitsstandards, die als erfuellt gelten, wenn der Antragsteller nachweist, dass er angemessene Maßnahmen aufrecht erhaelt, um fuer die Sicherheit der internationalen Lieferkette zu sorgen, wozu auch die körperliche Unversehrtheit und Zugangskontrollen, logistische Prozesse und Umgang mit spezifischen Arten von Waren, Personal und die Feststellung seiner Handelspartner zaehlen.

Vorteilhafter Status eines AEO

In Bezug auf den aktuellen Sachverhalt gelten die vorgenannten Kriterien als Erweiterung der Bedingungen fuer Gewaehrung von Beguenstigungen. Jedoch sind die Vorteile aufgrund der Bewilligung  so wichtig, dass es sich lohnt, die ueberpruefung in diesem Bereich durchzugehen. Dadurch kann ein Wirtschaftsbeteiligter die in dem neuen Zollkodex vorgesehenen Vereinfachungen (zentrale Zollabwicklung, Eigenkontrolle, Befreiung von der Verpflichtung zur Gestellung der Waren bei Zollbehörden) in Anspruch nehmen. Durch die zentrale Zollabwicklung kann er die Waren in der gesamten EU physisch abwickeln. Gleichzeitig sind die Zollanmeldungen immer bei der gleichen Zollstelle abzugeben, die fuer den Ort zustaendig ist, an dem der jeweilige Wirtschaftsbeteiligte ansaessig ist. Es ist eine große Erleichterung vom logistischen Standpunkt. Die Eigenkontrolle laesst dagegen dem Wirtschaftsbeteiligten einige Kontrollen selbstaendig durchfuehren, die normalerweise durch Zollbehörden durchgefuehrt werden. In Praxis soll dies den Abwicklungsprozess beschleunigen. Bereits jetzt ist die Zollabwicklung ohne Gestellung der Waren bei Zollbehörden möglich. In Zukunft können die Bewilligung fuer Befreiung von der Verpflichtung zur Gestellung der Waren bei Zollbehörden nur die Wirtschaftsbeteiligten mit der AEO-C-Bewilligung erhalten. Ein Wirtschaftsbeteiligter mit dem Status eines AEO wird auch berechtigt sein, eine niedrigere Sicherheit z.B. bei Anwendung der besonderen Verfahren zu leisten. In manchen Faellen wird er sogar von dieser Verpflichtung befreit. Darueber hinaus beantragt ein zugelassener Wirtschaftsbeteiligter eine Bewilligung fuer ein besonderes Verfahren (z.B. die aktive Veredelung) oder den Betrieb eines Verwahrungslagers, dann kann man gemaeß den neuen Vorschriften annehmen, dass manche Bedingungen fuer Zuerkennung dieser Bewilligungen erfuellt wurden und sie brauchen nicht erneut geprueft zu werden.

Verschaerfung der Vorschriften fuer nicht zugelassene Wirtschaftsbeteiligte

Ein weiteres Argument fuer Beantragung des Status eines AEO ist eine unguenstige aenderung der Vorschriften im Bereich der zwingend vorgeschriebenen Sicherheitsleistung fuer Zollschuld bei den Wirtschaftsbeteiligten ohne diesen Status. Zurzeit kann man die aktive Veredelung anwenden, die ermöglicht, keine Einfuhrabgaben fuer die einzufuehrenden Bestandteile zu entrichten, falls die daraus hergestellten Waren in Laender außerhalb der EU ausgefuehrt werden. Dieses Verfahren wird auch in Zukunft verfuegbar sein. Zurzeit gibt es jedoch keine Pflicht zur Leistung einer Sicherheit (z.B. durch Hinterlegung oder Bankgarantie) fuer den Betrag einer potenziellen Zollschuld, die entstehen wuerde, wenn die Waren nicht ausgefuehrt wuerden. In Zukunft wird eine solche Sicherheit obligatorisch sein – man muss also mit den zusaetzlichen Kosten, z.B. einer Bankprovision rechnen. Als ein AEO kann man diese Kosten senken oder meiden. Die aktive Veredelung ist nur ein Beispiel fuer den Fall, wo solch eine Sicherheit zwingend vorgeschrieben sein wird, jedoch soll sich diese Pflicht grundsaetzlich auf alle Vorgaenge erstrecken, welche die Entstehung einer Steuerschuld zur Folge haben können.

 

In dem naechsten Tax Alert erhalten Sie Informationen ueber die umsatzsteuerlichen Folgen der aenderung von vorgenannten Zollvorschriften.

 

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