Karolina BARTKOWIAK
Tax Consultant bei RSM Poland

Es ist nichts Innovatives, wenn ich sage, dass wohl jedes Unternehmen zum Zweck hat, die besten Finanzergebnisse zu erzielen. Es ist klar, dass das Endfinanzergebnis aus Einnahmen und Gewinnen sowie Kosten und Verlusten besteht. Unternehmer bemuehen sich, die Ersten zu generieren und die Anderen zu beschraenken. Zum Thema Kostenbegrenzung bei den Kapitalgesellschaften stellt sich oft die Frage, ob die Aufsichtsratsmitglieder fuer die Ausuebung ihrer Funktion in diesem Organ ein Gehalt erhalten sollen. Manche sagen, dass der Arbeitsaufwand oder die fuer die Erfuellung der Pflichten des Aufsichtsratsmitgliedes einer (insbesondere kleinen) Gesellschaft gewidmete Zeit so gering sind, dass die Notwendigkeit der Auszahlung des Gehaltes dafuer keinen Grund hat. Ist die obige Behauptung begruendet und lohnt sich wirklich eine solche Ersparnis fuer die Gesellschaft?

Unentgeltlich bedeutet Einnahmen fuer die Gesellschaft

Eben nicht ganz… In den letzten Jahren vertreten Verwaltungsgerichte und Steuerorgane immer öfter die Meinung, dass in Situationen, wenn die Aufsichtsratsmitglieder in der Gesellschaft ihre Funktionen unentgeltlich ausfuehren (d.h. die Gesellschaft zahlt ihnen kein Gehalt dafuer aus), stellt die von der Gesellschaft erhaltene Leistung in Form der Funktionsausuebung von den Mitgliedern des Aufsichtsrates ohne Gehalt einen aequivalenten Vorteil dar. Diese Leistung hat fuer die Gesellschaft ein konkretes finanzielles Ausmaß, indem der Gleichwert einer hypothetischen Verguetung der Gesellschaft zur Verfuegung steht und keinen Aufwand fuer die Gesellschaft darstellt, anders wenn das Gehalt festgesetzt und ausbezahlt waere. Die Zuwendung umfasst also die gesparten Ausgaben, die die Gesellschaft tragen wuerde, wenn die Leistung einen aequivalenten Charakter haette. Diese Meinung findet ihre Bestaetigung u.a. in der Entscheidung des Hauptverwaltungsgerichtes vom 29. Oktober 2015, Aktenzeichen II FSK 2232/13 sowie im Urteil des Woiwodschaftsverwaltungsgerichtes in Wrocław (Breslau) vom 22. Januar 2014, Aktenzeichen I SA/Wr 2061/13.

Infolge dessen nehmen die Steuerorgane und Verwaltungsgerichte an, dass im Falle der unentgeltlichen Ausuebung der Funktion von den Mitgliedern des Aufsichtsrates in den Kapitalgesellschaften (das betrifft analogisch auch die Vorstandsmitglieder oder Mitglieder der Revisionskommission), eine zu versteuernde Einnahme fuer die Gesellschaft aus der Entgegennahme der unentgeltlichen Leistung im Sinne des Art. 12 Abs.1 Pkt. 2 des Körperschaftssteuergesetztes  vom 15. Februar 1992 (d.h. Gesetzblatt vom 2014, Pos. 851 mit aenderungen) (weiter auch UPDOP) entsteht.

Der Wert der unentgeltlichen Leistung wird in Anlehnung an die Vorschriften des Art. 12 Abs. 6 Pkt. 1 und 4 des Körperschaftssteuergesetzes (UPDOP) festgelegt, also entweder aufgrund der Marktpreise fuer die Dienstleistungen dieser Art (mit Beruecksichtigung der Umstaende im Einzelfall) oder – falls die Leistung, die im Bereich der Geschaeftstaetigkeit ausgefuehrten Dienste als Grundlage hat – aufgrund der Preise, die gegenueber anderen Marktverbrauchern geboten werden. In der Rechtsprechung wird angenommen, dass die Festlegung der Leistungshöhe in Anlehnung an die Marktpreise bedeutet, dass ein solcher Betrag bestimmt wird, der der Höhe eines Gehaltes entspricht, das die Gesellschaft ihren eigenen Aufsichtsratsmitgliedern wahrscheinlich zu zahlen haette oder der Höhe eines Gehaltes, das die gegebene Gesellschaft den Aufsichtsratsmitgliedern gezahlt hat oder zahlt (falls manche von ihnen ein Gehalt bekommen, und andere nicht).

Zusammenfassend – falls Personen, die Funktionen in den Organen der Kapitalgesellschaften ausueben, keine Verguetung dafuer erhalten, entsteht fuer die Gesellschaft eine Einnahme aus der Entgegennahme der unentgeltlichen Leistung, und die Höhe dieser Einnahme entspricht meistens der Höhe einer Verguetung, die die Gesellschaft den Mitgliedern dieser Organe zu zahlen haette, falls die Leistung entgeltlich ausgeuebt worden waere. Es kann sich aber in der Praxis erweisen, dass die richtige Bestimmung des Wertes der unentgeltlichen Leistung sehr schwer ist.

Teilhaber sind von der Regel ausgenommen

Gemaeß der vorwiegenden Meinung der Verwaltungsgerichte und Steuerorgane gibt es eine Ausnahme dieser Regel, wenn die Funktionen in den Organen der Gesellschaft Personen ausueben, die gleichzeitig Teilhaber (oder Aktionaere) der gegebenen Gesellschaft sind. Die Unterscheidung ergibt sich daraus, dass dem Gesellschafter aus den Anteilen einer Gesellschaft mit beschraenkter Haftung bestimmte Vermögensrechte zustehen, insbesondere ein Recht auf Dividenden oder ein Recht auf das Vermögen der Gesellschaft im Falle ihrer Auflösung. Das bedeutet, dass die unentgeltliche (ohne Gehalt) Ausuebung der Funktion eines Mitglieds des Gesellschaftsorgans messbare wirtschaftliche Vorteile dem Gesellschafter bringen kann. Anders gesagt bekommt ein Vorstandsmitglied oder ein Aufsichtsratsmitglied, das gleichzeitig Teilhaber (Aktionaer) der Gesellschaft ist, wirtschaftlich Vorteile in Form einer Dividende, obwohl er keine „direkte” Verguetung aus der Ausuebung der Funktion als Mitglied des gegebenen Organs erhaelt. In diesem Fall kann keine Rede von der fehlenden aequivalenz sein, was eine notwendige Bedingung zur Entstehung einer Einnahme fuer die Gesellschaft aus der unentgeltlichen Leistung darstellt. Falls also ein Gesellschafter die Funktion des Mitglieds eines Organs dieser Gesellschaft ohne Gehalt ausuebt, entsteht keine Einnahme aus der unentgeltlichen Leistung fuer die Gesellschaft. Diese Meinung wurde auch von dem Hauptverwaltungsgericht unter anderem im Urteil vom 29. Oktober 2015, Aktenzeichen II FSK 2232/134 sowie vom 4. April 2014, Aktenzeichen II FSK 1094/2012 vertreten.

Interessant ist es, dass die obige Ansicht auch in der Situation aktuell bleibt, wenn die Funktion in einem Organ der Kapitalgesellschaft  kein Gesellschafter ausuebt, sondern sein Mitarbeiter, der zur Ausuebung der Funktion im Organ der abhaengigen Gesellschaft entsendet wird. Die Steuerorgane weisen also darauf hin, dass die Leistung des Teilhabers (der natuerlichen Person), der als Organmitglied taetig ist, keine unentgeltliche Leistung darstellt, weil der Teilhaber kuenftig eine Dividende als aequivalent erwarten kann, genauso wie die Leistung einer juristischen Person zu betrachten ist, die zwar nicht persönlich die Leistung realisiert, aber entsprechende natuerliche Person dazu delegiert (und die Kosten dafuer traegt) (vergl. individuelle Interpretation des Finanzministers, vertreten vom Direktor des Finanzamtes in Bydgoszcz vom 3. April 2013, ITPB3/423-23/13 sowie vom 3. Februar 2011, ITPB3/423-618/10/AM).

Ausgezahlte Verguetung – mehr Vorteile als Nachteile

In Anbetracht der obigen Argumentation der Verwaltungsgerichte und Steuerorgane soll bei der Planung der Organisation und Funktionsverteilung der Kapitalgesellschaften ueberlegt werden, wer die Funktionen in den Gesellschaftsorganen ausueben wird und ob er das unentgeltlich oder gegen Verguetung macht. Nicht jede Einsparung erweist sich im Endergebnis vorteilhaft fuer die Gesellschaft. Ich meine hier nicht nur die anfallende Körperschaftssteuer aufgrund der oben genannten Einnahme aus der unentgeltlich erhaltenen Leistung, sondern auch eventuelle Zinsen aufgrund der ausstehenden Steuer, die bis zu 12% im Jahresverhaeltnis betragen können.

Durch Festsetzung und Auszahlung der Verguetung an die Aufsichtsratsmitglieder fuer die Ausuebung der Funktion in den Gesellschaftsorganen begrenzt die Gesellschaft das Risiko, dass die Steuerorgane die Entstehung der Einnahme aus der Entgegennahme der unentgeltlichen (oder teilweise entgeltlichen) Leistung erkennen. Vielmehr, die Ausgaben fuer die Auszahlung der Verguetung können als Werbungskosten gemaeß Art. 16 Abs. 1 Pkt. 38a des Körperschaftssteuergesetzes (UPDOP) angerechnet werden. Die außerfinanziellen Vorteile duerfen nicht vergessen werden, wie z.B. die positive Einstellung der Aufsichtsratsmitglieder und die Verbesserung ihrer Motivation zur sorgfaeltigen Ausuebung ihrer Pflichten, was zweifellos zusaetzliche Profite fuer die Gesellschaft bringt…