Karolina BARTKOWIAK
Tax Consultant bei RSM Poland

Die Erstattung der Umsatzsteuer, und genauer gesagt der Differenz zwischen der Vorsteuer und der geschuldeten Steuer, ist fuer Unternehmer oft ein wichtiger Faktor, der sich auf ihre Geschaeftsentscheidungen und -plaene auswirkt, und nicht selten sogar ueber die Liquiditaet des jeweiligen Unternehmens entscheidet. Es ist ein Paradox, weil gerade die Umsatzsteuer eine neutrale Steuer fuer Unternehmer sein soll. Es ist also kein Wunder, dass sich die Unternehmer wuenschen, damit die Umsatzsteuererstattung möglichst schnell erfolgt. Der Gesetzgeber wies bei der Umsetzung (zumindest seiner Meinung nach) des umsatzsteuerlichen Neutralitaetsgrundsatzes im Art. 87 Abs. 2 des Gesetzes vom 11. Maerz 2004 ueber die Umsatzsteuer (im Folgenden: UStG-PL) darauf hin, dass die Steuerdifferenz grundsaetzlich innerhalb von 60 Tagen nach der Einreichung der Steuerabrechnung durch einen Steuerpflichtigen erstattet werden soll. In einem weiteren Satz dieser Vorschrift steht jedoch, dass falls die Begruendetheit der Erstattung einer Nachpruefung bedarf, darf der Vorsteher des Finanzamtes diese Frist bis zum Abschluss der Nachpruefung der Abrechnung des Steuerpflichtigen verlaengern, welche im Rahmen einer amtlichen steuerlichen Vorpruefung, einer Außenpruefung oder eines Steuerverfahrens erfolgt.

In der Praxis erweist sich aber, dass die Finanzbehörden diese Berechtigung leider oft in Anspruch nehmen und den Zeitpunkt der Umsatzsteuererstattung zeitlich verschieben, was oft zu finanziellen Problemen des betroffenen Unternehmens beitraegt. Wie soll man sich also gegen eine unberechtigte Verlaengerung der Frist fuer Umsatzsteuererstattung wehren? Aufgrund des Gesetzes vom 9. April 2015 ueber aenderung des Gesetzes – Recht ueber Verfahren vor den Verwaltungsgerichten (im Folgenden: aenderungsgesetz) ist die Antwort auf diese Frage nicht einfach. Mit dem Inkrafttreten des vorgenannten aenderungsgesetzes zum 15. August 2015 wurde u.a. der Wortlaut des Art. 3 § 2 Nr. 4 des Rechts ueber Verfahren vor den Verwaltungsgerichten (im Folgenden: VvVG) geaendert, der bestimmt, welche Sachen durch Verwaltungsgerichte entschieden werden.

Vor 15. August 2015 konnte man eine Beschwerde gegen alle Verwaltungsakte oder sonstigen Handlungen im öffentlichen Bereich in Bezug auf gesetzliche Rechte oder Pflichten erheben. Ein Steuerpflichtiger konnte also einen im Laufe einer Außenpruefung oder eines Steuerverfahrens erlassenen Beschluss ueber Verlaengerung der Frist fuer Erstattung des Vorsteuerueberschusses bei einem Verwaltungsgericht anfechten.

Mit dem Inkrafttreten des aenderungsgesetzes wurden jedoch von der Kognition der Verwaltungsgerichte u.a. die Verwaltungsakte und Handlungen im Rahmen der im Abschnitt IV, V und VI des Gesetzes vom 29. August 1997 – Abgabenordnung (AO) genannten Verfahren, d.h. im Rahmen der Steuerverfahren, amtlichen steuerlichen Vorpruefungen und Außenpruefungen, ausgeschlossen. Zurzeit liegen also die durch die Finanzbehörden im Laufe einer amtlichen steuerlichen Vorpruefung, eines Steuerverfahrens oder einer Außenpruefung erlassenen Verwaltungsakte, darunter die Beschluesse ueber Verlaengerung der Frist fuer Erstattung des Vorsteuerueberschusses, außerhalb der Kognition der Verwaltungsgerichte. Folglich sind die Beschwerden gegen solche Verwaltungsakte zurueckzuweisen, was uebrigens in der neuesten Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte bereits bestaetigt wurde.[1]

Was bleibt einem Steuerpflichtigen in solch einem Fall? Die Finanzbehörden wuerden bestimmt sagen: „Geduldig warten”. Zwar ist die Geduld nach einem alten Spruch die Begleiterin von Weisheit, aber es ist schwierig festzustellen, ob dies sich in dem Geschaeftsleben immer bewahrheitet. Aus diesem Grund sollte man einen alternativen Ausweg aus diesem Patt suchen.

Von unserem Standpunkt ist in den manchen Sachen die Erhebung einer Beschwerde nach Art. 3 § 2 Nr. 9 VvVG möglich, d.h. einer Beschwerde gegen Untaetigkeit der Behörde oder Langwierigkeit des Verfahrens, wobei auch hier die Stimmen zu hören sind, dass solch eine Beschwerde nicht gegen die Untaetigkeit der Behörde oder die Langwierigkeit des Verfahrens als solche, sondern gegen die langwierige Fuehrung eines Verfahrens in Bezug auf eine konkrete Handlung oder einen konkreten Verwaltungsakt zulaessig ist.[2]

Darueber hinaus darf man nicht vergessen, dass ein Steuerverfahren mit einer sachlichen Entscheidung enden soll und ein Steuerpflichtiger in einem Widerspruch gegen den Verwaltungsakt unter den Vorwuerfen gegen den Akt auch auf die Langwierigkeit des Verfahrens und Verletzung sonstiger Verfahrensgrundsaetze durch die Behörde wie Grundsatz der Verfahrensfuehrung auf eine Vertrauen zu den Finanzbehörden erweckende Weise und Grundsatz der materiellen Wahrheit hinweisen kann.

In Zusammenhang mit dem aktuellen Wortlaut der Regelungen in diesem Bereich ist also wichtig, damit sich ein Steuerpflichtiger schon waehrend einer amtlichen steuerlichen Vorpruefung, Außenpruefung und eines Steuerverfahrens seiner Rechte und zugleich der Pflichten von Finanzbehörde bewusst ist. Dadurch kann ein Steuerpflichtiger die ihm zustehenden Rechtsinstrumente unter Beruecksichtigung der treffenden steuerrechtlichen Argumentation und des sorgfaeltig gesammelten Beweismaterials in Anspruch nehmen. Die Vernachlaessigungen auf jeder Stufe (sowohl der Finanzbehörden, als auch des Steuerpflichtigen) können sich naemlich auf die endgueltige Entscheidung der Sache auswirken und fuer den Steuerpflichtigen bestimmte finanzielle Folgen haben. Es lohnt sich also, sich an den gefuehrten Verfahren bewusst zu beteiligen und fuer eine entsprechende Aufzeichnung des Beweismaterials zu sorgen, damit sich wiederum der Spruch „Durch Schaden wird man klug” nicht bewahrheitet.

 

 

 

 

[1] Vgl. u.a. den Beschluss des Woiwodschaftsverwaltungsgerichts Rzeszów vom 20. Oktober 2015, Az. I SA/Rz 1007/15 (rechtskraeftige Gerichtsentscheidung), den Beschluss des Woiwodschaftsverwaltungsgerichts Warszawa vom 21. Januar 2016, Az. III SA/Wa 3226/15 (rechtskraeftige Gerichtsentscheidung) und den Beschluss des Woiwodschaftsverwaltungsgerichts Łódź vom 11. Februar 2016, Az. I SA/Łd 120/16 (rechtskraeftige Gerichtsentscheidung).

[2] Vgl. u.a. den Beschluss des Woiwodschaftsverwaltungsgerichts Lublin vom 4. Februar 2016, Az. I SAB/Lu 1/16 (rechtskraeftige Gerichtsentscheidung).