Przemysław POWIERZA
Tax Partner bei RSM Poland

Im letzten Blog-Beitrag haben wir einen Teil der Anhaltspunkte besprochen, anhand derer Beamte der Steuerbehörden bewerten, ob ein Steuerzahler die gebotene Sorgfalt walten laesst, wenn er eine Zusammenarbeit mit einem neuen Geschaeftspartner aufnimmt. Der heutige Beitrag fuehrt diese ueberlegungen fort und wendet sich weiteren Anhaltspunkten zu.

Aufnahme der Zusammenarbeit mit einem Geschaeftspartner: externe Geschaeftskriterien

Werden Geschaefte unter den nachfolgend geschilderten Umstaenden getaetigt, so kann dies den Verdacht der Steuerbehörden wecken und nicht nur dazu fuehren, dass Vorsteuern nicht geltend gemacht werden können, sondern ebenso dazu, dass man fuer fremde Steuerschulden haftet. Um also nicht in bestimmte Maschen des Steuerbetrugs verwickelt zu werden, sollte bereits bei der ueberpruefung eines neuen Geschaeftspartners darauf geachtet werden, ob nicht Anhaltspunkte fuer geschaeftliche Taetigkeiten bestehen, die auf die nachstehend geschilderten Methoden hinweisen.

Erwerb von Waren zu marktunueblichen Preisen, ohne dass dies wirtschaftlich begruendet waere

Nach Auffassung der Steuerbehörden sollte uns ein von potentiellen Geschaeftspartnern angebotener niedriger Preis von Waren zu erhöhter Wachsamkeit bei der ueberpruefung derartiger Angebote anhalten. So sollte unbedingt geprueft werden, ob solche niedrigen Preise sinnvoll (vor allem wirtschaftlich) begruendet werden können. Ausschlaggebend sind hierbei Kriterien wie Charakteristik der Branche, Umsatzphase (Großhandel, Hersteller, etc.) sowie Mengen. Was soll unter dem Begriff „wirtschaftlich sinnvoll begruendet“ verstanden werden?

Als Beispiele fuer „wirtschaftlich begruendete” Umstaende fuehrt das Finanzministerium an, dass diese trotz eines vom Geschaeftspartner maßgeblich von den aktuellen Marktpreisen angebotenen Preises dann gegeben sein könnten, wenn er Loyalitaetsprogramme einsetzt oder unterschiedlichste Aktionen aufgrund von Lagerraeumungen etc. durchfuehrt. In derartigen Faellen muessen wir uns keine Sorgen machen, mit negativen Konsequenzen rechnen zu muessen. Wann also muss man besondere Achtsamkeit walten lassen?

Erstens dann, wenn ein neu gegruendetes Unternehmen uns „attraktive“ Preise anbietet, die von in eben dieser Branche langjaehrig taetigen Mitbewerbern nicht angeboten werden können (wenn z. B. ein solcher Warenanbieter vergleichbare Preise schlicht nicht bieten kann).

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Und zweitens dann, wenn uns sehr attraktive Preise von einem relativ kleinen, auf diesem Markt taetigen Unternehmen (hiervon ausgenommen sind die Hersteller selbst) angeboten werden, der derlei erhebliche Rabatte normaler Weise, und zwar aufgrund dessen Umsaetze, von einem Hersteller oder Lieferanten eigentlich nicht erhalten sollte, was einen solchen geringen Preis rechtfertigen wuerde. Die vom Finanzministerium geschilderten Beispiele deuten jedoch auf einen sehr engen Blickwinkel hin. Beruecksichtigt man naemlich, dass ein solcher niedriger Preis damit begruendet ist, dass ein kleineres Unternehmen erst fuer sich Maerkte erschließen möchte, ergibt sich ein anderes Bild.

Paradoxer Weise sind es naemlich die größeren Unternehmen, die sich – obwohl sie ihren Bestandskunden, sei es auch nur unter Beruecksichtigung ihrer Umsaetze, natuerlich teils erhebliche Preisnachlaesse anbieten könnten – vollkommen rational und marktkonform verhalten: sie nutzen bewusst ihre Markstellung, um maximale Preise zu erlangen. Kleine Unternehmen können in einigen Branchen nur mit der Qualitaet ihrer Produkte punkten und muessen Neukunden mit dem „locken“, was am meisten „zieht“: einem niedrigen Preis. Dies betrifft u.a. die Mineralölbranche, die ohnehin seit laengerer Zeit unter besonderer Beobachtung der Steuerbehörden steht. Dasselbe Problem beobachten wir bei teuren elektronischen Geraeten. Mit dem einfachen Grundsatz „zu billig kaufe ich nicht“ fahren wir zwar gut, wenn es um die Umsatzsteuern geht, aber was bringt uns das, wenn wir deshalb bald Konkurs anmelden muessen? Dies sind nur weitere Beispiele, die verdeutlichen, dass es einfache Rezepte nicht gibt…

Von „guten“ Angeboten verfuehrt achten wir haeufig nicht darauf, worauf diese attraktiven Preise eigentlich beruhen; und genau das sollten wir sehr genau tun, um den Steuerbehörden nicht „unangenehm“ aufzufallen.

Erwerb von Waren, die einer unserer Geschaeftspartner anbietet, der jedoch noch nicht in dieser Branche taetig war und von dem der Steuerzahler bislang keine dieser Branche zuzuordnenden Waren erworben hat, ohne dass dies wirtschaftlich begruendet waere

Dieser Anhaltspunkt soll auf Geschaeftsvorfaelle bezogen werden, in deren Rahmen wir bereits zuvor Waren oder Dienstleistungen von einem Geschaeftspartner erworben haben, dieser neue Geschaeftsvorfall jedoch Waren betrifft, die branchenfremd oder einem anderen Unternehmensprofil zuzuordnen sind, als diese bislang von diesem Geschaeftspartner erworben wurden. Dies ist nicht immer gleichbedeutend damit, dass wir von vornherein hierauf verzichten sollten, da der Verdacht besteht, einem Steuerbetrug auferlegen zu sein. Folgende Umstaende deuten darauf hin, dass die von unserem Geschaeftspartner angebotenen, jedoch einem anderen Profil oder einer anderen Branche als bislang zuzuordnenden Waren eine wirtschaftliche Begruendung finden:

  • aenderung des bisherigen Taetigkeitsbereichs des Geschaeftspartners;
  • Erweiterung des bisherigen Taetigkeitsbereichs, bestaetigt durch z. B. öffentliche Angebote, Referenzen entsprechender Hersteller oder Zulieferer, Angaben auf der unternehmenseigenen Internetseite oder Eintraegen im Gewerbe- bzw. Handelsregister;
  • die Bestellung dieser Waren erfolgte neben Waren, die dem Taetigkeitsbereich des Geschaeftspartners entsprechen;
  • diese Waren wurden von diesem Geschaeftspartner bereits frueher angeboten, wir waren jedoch hieran nicht interessiert oder er bot sie aufgrund unseres Kundenprofils uns nicht an;
  • die neu angebotenen Waren unterliegen bestimmten Konzessionen oder Genehmigungen, die der Geschaeftspartner nun eingeholt hat.

Diese Beispiele sind besonders interessant, da die Gruende, aus denen wir uns fuer den Erwerb von untypischen, nicht unserem Profil entsprechenden Waren entscheiden, sehr haeufig mit Geschaeftsgeheimnissen und unterschiedlichsten Angelegenheiten des Geschaeftslebens zu tun haben, die Vertraulichkeit und Sensibilitaet erfordern. Ruhig können wir schlafen, wenn wir die Gruende (auch wenn diese vertraulich sind), aus denen es zum Geschaeftsabschluss kam, gut kennen. Man sollte unbedingt mit offenen Karten spielen, wenn die Steuerbehörden danach fragen. Ansonsten könnten diese zu unseren Ungunsten interpretiert werden und die Beamten zu Mutmaßungen veranlassen, die wiederum unnötige Verfahren nach sich ziehen, in deren Rahmen nach Gruenden gesucht wird, warum dieser Geschaeftsvorfall seltsam und wirtschaftlich unbegruendet ist.

Ein den Umstaenden nicht entsprechender Kontakt zum Geschaeftspartner oder seinem Vertreter

In der Welt der modernen Kommunikationstechniken gibt es viele Möglichkeiten, Kontakte zu unseren Geschaeftspartnern zu unterhalten. Sollte dieser Kontakt aus ungeklaerten Ursachen erschwert sein, sollten wir deshalb – nach Auffassung des Finanzministeriums – besondere Vorsicht walten lassen. Was soll das heißen: „nicht geeigneter Kontakt“? Den ministerialen Richtlinien zufolge ist dies vor allem dann der Fall, wenn:

  • der Geschaeftspartner (oder sein Vertreter) hat keinen Hauptwohnsitz in Polen, der Kontakt zu ihm erfolgt ausschließlich in einer Fremdsprache, per auslaendischer E-Mail-Adresse, Instant Messenger oder telefonisch;
  • der Geschaeftspartner weder in Polen wohnt noch einen inlaendischen Ansprechpartner benannt hat;
  • der Geschaeftspartner weder ein Buero noch eine Agentur, Zweigstelle oder Vertretung in Polen unterhaelt und lediglich ueber eine auslaendische Geschaeftsadresse verfuegt;
  • der Geschaeftspartner (oder sein Vertreter) seine Identitaet nicht in einer Art und Weise offenlegt, die es dem Steuerzahler gestattet mit Sicherheit zu bestimmen, mit wem er tatsaechlich in Kontakt steht;
  • ein persönliches Treffen mit dem Geschaeftspartner oder seinem Vertreter nicht möglich ist;
  • dieselbe Person als Vertreter unterschiedlicher Unternehmen auf tritt oder sie als Ansprechpartner zur Klaerung von Details unterschiedlicher Geschaeftsvorfaelle verschiedener Unternehmen benannt wurde.

Diese Anhaltspunkte können natuerlich in vielen Faellen eine Hilfestellung bieten, aber es muss auch ganz klar gesagt werden, dass einige Punkte in der Mehrheit der Faelle schlichtweg absurd klingen. Verhandlungen in einer Fremdsprache? Gespraeche nur telefonisch und per Internet-Messenger? Geschaefte mit jemandem, der nicht in Polen ansaessig ist oder wohnt? Verzeihen Sie den ironischen Unterton, aber das waere so, als ob wir uns eine virtuelle Welt schaffen wuerden, in der man in Polen nur polnisch spricht, wir alle nur mit Honig und Schweinefleisch handeln und man den Kaeufer auf dem Wochenmarkt am besten nur an seinem Zungenschlang erkennen wuerde. Gleich sicherer? Aber die Scherze beiseite: das Problem besteht darin, dass die Steuerbehörden (wie auch die in anderen Laendern weltweit) sehr haeufig nicht den Herausforderungen gewachsen sind, die eine globale Weltwirtschaft mit sich bringt. Gerade bei der Umsatzsteuer kann man besonders schmerzhaft nachvollziehen, hat doch gerade der grenzueberschreitende Umsatz von Waren und Dienstleistungen in  den letzten Jahrzehnten sehr zugenommen. Man muss eben Horizonte erweitern, Wissen erwerben und Fremdsprachen lernen, um mit den Steuerzahlern mithalten zu können.

Kaufen wir also nicht allzu uebereilt und allzu viel von jemandem, der sich nicht mit uns treffen will, dessen Professionalitaet arg zu wuenschen uebrig laesst und der nicht wirklich erklaeren kann, was er in gerade diesem Geschaeftsfeld zu suchen hat. Eine solche Geschaeftsbeziehung kann in der Tat fatale Auswirkungen, auch steuerlicher Art, nach sich ziehen.

Firmensitz oder Betriebsstaette des Geschaeftspartners befinden sich unter einer Adresse bzw. Anschrift, unter der es keine Anzeichen darauf gibt, dass hier einer Gewerbetaetigkeit nachgegangen wird

Zweifel hinsichtlich der Glaubwuerdigkeit eines Geschaeftspartners sollte – nach Auffassung des Finanzministerium – ebenso der Umstand wecken, wenn Firmensitz oder die Betriebsstaette eines Geschaeftspartners unter einer Anschrift angegeben werden, die auf die Nutzung eines lediglich zu Zwecken der Registrierung angemieteten sog. virtuellen Bueros hindeutet; hiervon ausgenommen sein soll der Umstand, dass die Nutzung einer solchen Anschrift fuer Art und Umfang der betreffenden Geschaeftstaetigkeit angemessen erscheint. Als weiterer Anhaltspunkt dafuer, dass die gebotene Sorgfalt nicht eingehalten wurde, nennt das Finanzministerium den Fall, dass Unternehmenssitz oder Betriebsstaette in einem offensichtlichen Gegensatz zu Art und Umfang der Geschaeftstaetigkeit eines Unternehmens steht. Bietet ein Geschaeftspartner demnach Kraftstoffe in großen Mengen an, die Betriebsstaette aber erweist sich als Garage oder verfallenes Gebaeude, so waere das ein solcher Anhaltspunkt. Ehrlich gesagt verstehe ich nicht ganz denn Sinn, Umfang bzw. Größenordnung einer Geschaeftstaetigkeit (wie zu sehen war, soll hierunter das Umsatzvolumen verstanden werden) mit der Größe des Firmensitzes, der Betriebsstaette, eines Bueroraums, Lagers oder anderen Immobilie zu verknuepfen. Der ueberwiegende Teil heutiger Geschaefte wird in der virtuellen Realitaet abgewickelt. Noch vor nicht allzu langer Zeit fiel es schwer, in Polen auf Geschaeftsreise zu sein und gleichzeitig E-Mails abzurufen, haetten PC-Turm und Bildschirm nur schwer Platz auf dem Schoß des Fahrers oder dem Beifahrersitz gefunden… Heute aber hat man alles im Smartphone. Wozu braucht man da noch ein Buero? Formal muss so eine Gesellschaft schließlich irgendwo angemeldet sein, weil die HGB-Vorschriften dies so verlangen.

Der Geschaeftspartner verfuegt nicht ueber Art und/oder Umfang seiner Gewerbe- bzw. Geschaeftstaetigkeit entsprechende organisatorische sowie technische Voraussetzungen, bestimmte Angebote zu unterbreiten

Besondere Vorsicht sollte man walten lassen, wenn der Geschaeftspartner nicht ueber die dem unterbreiteten Angebot sowie dem Art und Umfang seiner deklarierten Geschaeftstaetigkeit entsprechenden organisatorischen und technischen Voraussetzungen einschl. Personal und hierzu erforderliche Vermögensgegenstaende verfuegt. Als Beispiel fuehrt das Finanzministerium den Fall an, dass ein Geschaeftspartner die Lieferung von Haushaltsgeraeten in großen Mengen sowie von erheblichem Wert anbietet, jedoch gar keinen Zugang (z. B. als Eigentuemer, Mieter, Leasing- oder Auftragnehmer) zu entsprechenden Lagern oder Transportmittel hat.

Ist das nun schon alles was wir tun können, um uns nicht dem Vorwurf des Steuerbetrugs ausgesetzt zu sehen? Leider nicht…

Die verbliebenen Anhaltspunkte dafuer, dass man im Rahmen der Aufnahme einer Zusammenarbeit mit einem neuen Geschaeftspartner auch die hierfuer gebotene Sorgfalt an den Tag legt, bespreche ich in meinem naechsten Beitrag.

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