Aleksandra SYSIAK
Audit Manager bei RSM Poland

IFRS 9 vs. Wertminderung der Forderungen

Im Rahmen der Fortsetzung des Themas Finanzinstrumente finden Sie unten eine Zusammenstellung der wichtigen Aspekte in diesem Bereich in Form von Fragen und Antworten.

Wird die aktuelle Finanzlage unserer Geschaeftspartner in ihrem Jahresabschluss widerspiegelt?

Angesichts der aktuellen Ereignisse aufgrund der COVID-19-Pandemie gewinnt die Vornahme der Wertberichtigungen auf Forderungen an großer Bedeutung. IFRS 9 schreibt naemlich die Analyse der kuenftigen, mit dem jeweiligen Vermögenswert zusammenhaengenden Verluste vor. Wir muessen also ueberlegen, ob es ein reales Risiko gibt, dass die von uns ausgewiesenen Forderungen nicht getilgt werden.

Grundsaetzlich ist ein finanzieller Vermögenswert (unsere Forderung) nach dem Zugang zu fortgefuehrten Anschaffungskosten (Transaktionspreis) unter Einhaltung der Anforderungen zu Wertminderung zu bewerten. 

Wie ist der Ansatz zu Wertminderung nach IFRS 9?

Gemaeß dem allgemeinen Grundsatz verordnet der Standard die Wertberichtigung auf erwartete Kreditverluste in Höhe der erwarteten 12-monatigen Verluste zu erfassen, falls sich das Ausfallrisiko fuer den jeweiligen finanziellen Vermögenswert seit Zugang nicht signifikant erhöht hat bzw. in Höhe der gesamten ueber die Restlaufzeit des Instruments erwarteten Kreditverluste, falls man eine signifikante Erhöhung des Ausfallrisikos beobachten kann (Variante A).

Im Falle der Handelsforderungen sieht der Standard einen vereinfachten Ansatz vor, wo die Durchfuehrung der vorgenannten Analyse des Ausfallrisikos und Bestimmung der Wertberichtigung auf erwartete Kreditverluste in Höhe der gesamten ueber die Restlaufzeit der jeweiligen Forderung erwarteten Kreditverluste nicht notwendig sind (Variante B).

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ueber die Wahl einer dieser Varianten entscheidet das jeweilige Unternehmen aufgrund der anwendeten Grundsaetze der Rechnungslegungspolitik. Es ist zu betonen, dass die Anwendung des allgemeinen Grundsatzes eine haeufigere Pruefung der aenderungen der Kreditwuerdigkeit unserer Geschaeftspartner zur Folge haben wird, jedoch wird die Wertberichtigung beim Zugang geringer als im Falle der Anwendung der vereinfachten Wertberichtigungstabelle sein.

Wie ist die Wertberichtigung bei Anwendung der Wertberichtigungstabelle zu bestimmen?

Bei Bestimmung der Wertberichtigung auf erwartete Kreditverluste kann sich ein praktischer Ansatz, der auf der Erstellung der Wertberichtigungstabelle beruht, als nuetzlich erweisen. Fuer ihre Erstellung kann das Unternehmen seine historischen Daten betreffend Kreditverluste nutzen, die in entsprechenden Faellen um den Einfluss der Informationen ueber die Zukunft (z.B. Einfluss der COVID-19-Pandemie auf die Geschaeftstaetigkeit unseres Geschaeftspartners, Krise im Sektor oder aenderung des Geschaeftsprofils des Kunden) korrigiert werden. Zur Bestimmung der erwarteten Kreditverluste sollen die Handelsforderungen aufgrund der aehnlichkeit des Ausfallrisikos z. B. in Bezug auf Art und Weise der Sicherung der Forderungen, Verkaufssegment oder Region gruppiert werden. Dieses Schema zeigt den beispielhaften Ansatz fuer Bestimmung des Wertes des erwarteten Kreditverlustes.

Erwarteter Kreditverlust   =  Ausfall-wahrscheinlichkeit  x  im Risiko stehender Betrag zum Ausfallzeitpunkt x  Verlust im Falle der Wertminderung

Die Ausfallwahrscheinlichkeit soll die beste erreichbare Schaetzung der erwarteten kuenftigen Verluste fuer den jeweiligen Segment (Gruppe) widerspiegeln und mit den historischen Kennzahlen fuer Uneinbringlichkeit der Forderungen abgestimmt werden. Es ist zu beachten, dass historische Daten auf solch eine Weise zu korrigieren sind, damit sie aktuelle Umstaende in dem jeweiligen Segment (die Finanzlage der jeweiligen Gruppe von Geschaeftspartnern) und rationale Erwartungen zu der Zukunft widerspiegeln. Es sind auch diejenigen Folgen von der historischen Periode zu entfernen, die fuer kuenftige Cash-Flows aus dem Vertrag irrelevant sind.

In der Wertberichtigungstabelle kann man z.B. feste Wertberichtigungssaetze je nach Anzahl der Tage bestimmen, um welche die jeweilige Forderung aus Lieferungen und Leistungen ueberfaellig ist (z.B. 1 Prozent, falls die Forderung nicht ueberfaellig ist, 2 Prozent, falls sie weniger als 30 Tage ueberfaellig ist, 3 Prozent, falls sie mehr als 30 jedoch weniger als 90 Tage ueberfaellig ist, 20 Prozent, falls sie 90-180 Tage ueberfaellig ist usw.). Die Schaetzungen von aenderungen an erwarteten Kreditverlusten sollen die aenderungen der verbundenen Daten widerspiegeln, die sich in den naechsten Perioden beobachten lassen wie aenderungen der Arbeitslosenquoten, Immobilien- und Warenpreise, des Zahlungsstatus oder sonstigen Faktoren, die auf die Kreditverluste bei einem Finanzinstrument bzw. Gruppe von Finanzinstrumenten hinweisen. Die fuer die Schaetzung der erwarteten Kreditverluste angewendeten Methodologie und Annahmen sind durch das Unternehmen regelmaeßig zu ueberpruefen, um jegliche Abweichungen zwischen den Schaetzungen und tatsaechlichen Daten betreffend Kreditverluste zu reduzieren.

Als erwarteter Kreditverlust gilt also der im Risiko stehende Betrag, worunter der Forderungssaldo im Nennwert zu verstehen ist, der um die auf die vorgenannte Art und Weise ermittelte Ausfallwahrscheinlichkeit und den geschaetzten Verlust im Falle der Wertminderung (Prozentsatz der Forderung, der beim Eintritt des Verlusts nicht wiedergewonnen wird) korrigiert wird. Fuer jede Forderungsgruppe sollte man den Wert des erwarteten Kreditverlustes separat ermitteln.

Wie ist der erwartete Kreditverlust in den Buechern zu erfassen?

Der so berechnete erwartete Kreditverlust wird in dem Finanzergebnis in direkter Verbindung zum Forderungskonto bzw. ueber das Konto der Wertberichtigungen auf Forderungen erfasst (entscheidend ist dabei die Rechnungslegungspolitik) erfasst.

Zusammenfassung

Die Anwendung des praktischen Ansatzes nach IFRS 9 kann den Prozess der Erfassung der Wertberichtigung auf erwartete Kreditverluste deutlich erleichtern. Grundsaetzlich ist die Wertberichtigung ein Schaetzungswert, jedoch lassen die entsprechende Methodologie und Annahmen aufgrund einer gruendlichen Analyse und Kenntnis der Branche sowie Verhalten unserer Geschaeftspartner die glaubwuerdigen Werte der erwarteten Kreditverluste ermitteln. Der Standard stellt neue Herausforderungen fuer viele Unternehmen, denn bei der Ausarbeitung des Ansatzes und der Methodologie ist auch die Entwicklung und Umsetzung der bestimmten Modelle fuer Schaetzung der erwarteten Kreditverluste wichtig, die mit dem Kreditrisikomanagement-Prozess und den mit Budgetierung und Finanzplanung zusammenhaengenden Prozessen entsprechend integriert werden.

Verfolgen Sie unsere Blogbeitraege zum Thema Finanzinstrumente – in dem naechsten Beitrag beschreiben wir einige Zweifel unserer Mandanten zur Definition des Finanzinstruments.

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