Piotr STASZKIEWICZ
Wirtschaftspruefer, Audit Partner bei RSM Poland

In der Wirtschaftswelt ist es nicht so einfach wie man es in den Hochschullehrbuechern beschreibt – aber genauso dadurch unterscheidet sich die Theorie von der Praxis. Besonders sichtbar ist das in unserem Land, wo junge Absolventen der Wirtschaftsuniversitaeten auf die Geschaeftswirklichkeit besonders schmerzhaft stoßen. Eine kalte Dusche wird ihnen bei dem Versuch der selbstaendigen Buchfuehrung, Steuerabrechnung, Aufstellung eines Jahresabschlusses oder Durchfuehrung der Pruefung eines Jahresabschlusses gegeben. So ist es und man kann nichts dafuer – zumindest solange in dem Schulsystem die von den Experten geleiteten case study basierten Programme von Praktiken und Schulungen nicht eingefuehrt werden.

Theorie vs. Praxis am Beispiel einer Bilanz

Einer der Gebiete, wo in der Theorie alles klappt und miteinander uebereinstimmt, ist Finanzberichterstattung. In der Praxis kommt es aber vor, dass die Jahresabschluesse bei den Subjekten mit auslaendischer Beteiligung in ein paar Varianten aufgestellt werden: fuer Zwecke der lokalen Berichterstattung (gemaeß dem Rechnungslegungsgesetz), der Berichterstattung der Kapitalgruppe (zwecks Konsolidierung auf Stufe der Kapitalgruppe – gemaeß der Rechnungslegungspolitik dieser Gruppe) bzw. fuer Zwecke einer ordnungsgemaeßen Steuerabrechnung. Bei der beschraenkten Verarbeitungskapazitaet muessen die Buchhalter die Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung fuer drei verschiedene Empfaenger erstellen. In Bezug auf die Abweichungen zwischen den lokal geltenden Grundsaetzen ordnungsmaeßiger Buchfuehrung, fuer die Kapitalgruppe geltenden Grundsaetzen ordnungsmaeßiger Buchfuehrung und dem Steuerrecht stehen die Buchhalter nicht selten vor dem Dilemma, ob sie auf Kosten der Datenqualitaet in der lokalen Bilanz den erforderlichen Bericht fuer die Kapitalgruppe rechtzeitig erstellen sollen oder ob sie vielleicht mehr Zeit der Erstellung einer ordnungsgemaeßen Steuererklaerung auf Kosten der Qualitaet der in dem satzungsgemaeßen Jahresabschluss und/oder Berichtspaket erfassten Daten widmen sollen. Muss es so sein?

Eine Bilanz erstellen und nicht verrueckt werden

Aus den von uns durchgefuehrten Pruefungen der Jahresabschluesse und sonstigen Pruefungen geht hervor, dass sehr oft die Abweichungen zwischen den internationalen und landesweiten Grundsaetzen ordnungsmaeßiger Buchfuehrung bzw. den steuerrechtlichen Vorschriften nicht analysiert werden, ganz zu schweigen von ihren Entstehungsgruenden. Wir empfehlen unseren Mandanten die Inanspruchnahme der Unterstuetzung von Experten im Bereich Steuerrecht und Finanzberichterstattung, damit diese Abweichungen Schritt fuer Schritt beseitigt werden.  Diese Anfangsmuehe lohnt sich naemlich und wird ihnen in der Zukunft die Erfuellung der Berichterstattungspflichten deutlich erleichtern.

Beispielsweise kann man fuer Zwecke der Steuererklaerung, der lokalen Bilanz bzw. des Berichtspakets im Bereich der Abschreibungen auf Sachanlagen die größten Abweichungen beseitigen und entsprechende Korrekturen vornehmen, so dass der Abschreibungssatz sowohl handelsrechtliche Voraussetzungen (auch fuer Zwecke der Gruppenkonsolidierung), als auch steuerliche Voraussetzungen erfuellt. Ein anderer Bereich kann die Bewertung von Vorraeten oder die Anwendung verschiedener Kurse fuer die Bilanzbewertung sein. Nach der durchgefuehrten Analyse bleiben sicherlich noch manche Abweichungen bestehen, man soll jedoch danach streben, damit sie – erstens – fuer die Berichterstattung als Ganzes irrelevant sind oder – zweitens – damit ihr Wert mit den entsprechenden handelsrechtlichen Aktiva/Rueckstellungen fuer latente Steuern korreliert wird. Fuer den Empfaenger der Berichterstattung ist naemlich von Bedeutung, um in Bezug auf den Jahresabschluss den Effektivsteuersatz sehen zu können, der dem Körperschaftsteuersatz nahe liegt.

Ich hatte zum Ziel, auf alle Abweichungen hinzuweisen, die bei Erstellung einer Bilanz in mehreren Varianten, d.h. einer handelsrechtlichen Bilanz, Bilanz der Kapitalgruppe oder einer Steuerbilanz entstehen können. Ich wollte Ihnen nur andeuten, dass eine ausfuehrliche und ordnungsgemaeß durchgefuehrte Analyse der Abweichungen zwischen den internationalen und landesweiten Grundsaetzen ordnungsmaeßiger Buchfuehrung bzw. den steuerrechtlichen Vorschriften zu ihrer Reduzierung fuehren kann. Es muss also nicht so sein, dass die Buchhalter zwei oder drei Bilanzen vorbereiten, waehrend es möglich ist, verschiedene Erwartungen der betroffenen Subjekte (des Mutterunternehmens/der Kapitalgruppe, der öffentlichen Anstalten, Banken, Geschaeftsleitung) miteinander in Einklang zu bringen.