In diesem Beitrag beantworten wir folgende Fragen:

  • Kann der Verkauf einer Immobilie, bei dem eine Privatperson die Hilfe eines Bevollmächtigten in Anspruch nimmt, der Umsatzsteuer unterliegen?
  • Welche Tätigkeiten einer Privatperson können zur Besteuerung von Immobilienverkäufen mit der Umsatzsteuer führen?
  • Wie wird der Verkauf von Immobilien aus dem Gesamtgut der Ehegatten besteuert?

In der ersten Hälfte 2025 ergingen zwei wichtige Urteile – das eine des Obersten Verwaltungsgerichts (NSA) und das andere des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) – zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Immobilienverkäufen, die von Privatpersonen getätigt werden. Beide Gerichtsentscheidungen sind äußerst wichtig im Zusammenhang mit der Beurteilung der Voraussetzungen für die Bestimmung, wer als Umsatzsteuerpflichtiger angesehen werden kann (und ob der Verkauf einer Immobilie eine Steuerpflicht begründet). Es ist von großer Bedeutung, dass der EuGH auch darüber entschieden hat, wie die eheliche Gütergemeinschaft bei solchen Umsätzen zu behandeln ist.

 

Auswirkungen der Vollmacht zum Verkauf von Immobilien auf den Status des Umsatzsteuerpflichtigen

Im polnischen Steuersystem unterliegen Privatpersonen, die gelegentlich persönliche Gegenstände aus ihrem Privatvermögen (z. B. Immobilien) veräußern, in der Regel nicht der Umsatzsteuer. Nach den Rechtsvorschriften kann jedoch die Umsatzsteuer auf einen solchen Umsatz erhoben werden, wenn die Art und Weise der Vorbereitung oder Durchführung des Verkaufs den für den gewerblichen Markt typischen Tätigkeiten entspricht, die von anderen Unternehmen im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit vorgenommen werden. Dabei ist es irrelevant, ob eine bestimmte natürliche Person tatsächlich ein angemeldetes Gewerbe betreibt oder nicht.

Die Grenze zwischen der privaten Immobilienverwaltung und dem gewerblichen Verkauf kann jedoch fließend sein, und einer der Faktoren, die bei der Beurteilung dieser Art von Tätigkeit durch die polnischen Finanzbehörden und Verwaltungsgerichte häufig berücksichtigt werden, ist die Tatsache, dass der Steuerpflichtige, der eine Immobilie verkauft, eine Vollmacht erteilt hat.

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Passiver Privatverkäufer und aktiver Käufer, der eine Immobilie im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit erwirbt

Im Urteil des Woiwodschaftsverwaltungsgerichts (WSA) vom 8. August 2021, Az. I SA/Sz 486/21 prüfte das Gericht den Fall, in dem eine Privatperson ein Grundstück an eine Aktiengesellschaft verkaufte. Vor dem Abschluss des Kaufvertrags (im Rahmen des Vorvertrags) wurde der Käufer von dem Verkäufer bevollmächtigt, im Namen des Verkäufers vor allen Behörden der öffentlichen Verwaltung zu handeln und alle tatsächlichen und rechtlichen Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, um Entscheidungen und Genehmigungen im Zusammenhang mit der vom Käufer geplanten Investition zu erhalten, die sich auf dem betreffenden Grundstück befinden sollte.

Ein solches Verfahrensmodell entspricht einer üblichen Marktpraxis, nach der der Käufer den Kauf der Immobilie davon abhängig macht, dass der Verkäufer die entsprechenden öffentlichen Urkunden (z.B. Teilungsbescheide, Bauvorbescheide, Baugenehmigungsbescheide etc.) einholt, was für den Käufer als eine Bestätigung und Sicherheit gilt, dass seine geplanten Investitionsvorhaben auf dem jeweiligen Grundstück durchführbar sein werden.

In einem solchen Fall ist es der Käufer selbst, der auf der Grundlage der vom Verkäufer erteilten Vollmacht die Maßnahmen ergreift, um die Bedingungen des Immobilienkaufvertrags zu überprüfen.

Der Leiter der Landesfinanzauskunft (DKIS) hat in seinem Steuerbescheid festgestellt, dass der Verkäufer in dem oben genannten Fall als Unternehmer gehandelt hat, was bedeutet, dass er die geschuldete Umsatzsteuer auf den Verkauf des Grundstücks zahlen muss. Die Behörde rechtfertigte ihren Ansatz damit, dass die Art und Weise, in der die Transaktion durchgeführt wurde, auf die Zusammenarbeit beider Parteien (des Verkäufers und des Käufers) hindeutete, was den Schluss zuließ, dass es sich bei dem Erwerb der Immobilie um eine Art Joint Venture handelte. Darüber hinaus haben laut DKIS die Maßnahmen des Käufers (die im Namen des Verkäufers auf der Grundlage einer Vollmacht durchgeführt wurden) den Wert des verkauften Grundstücks erhöht und die Immobilie auf dem Markt attraktiver gemacht, was nach Ansicht der Finanzbehörde eine Maßnahme ist, die über die gewöhnliche Verwaltung des Privatvermögens des Verkäufers hinausgeht.

Das Woiwodschaftsverwaltungsgericht teilte jedoch nicht diesen Standpunkt. Das Gericht stimmte dem Verkäufer zu, der in den Streit mit den Finanzbehörden geriet und stellte fest, dass eine Privatperson im Falle des Verkaufs dieser Immobilie nicht der Umsatzsteuer unterliege. In seinen Entscheidungsgründen wies das WSA eindeutig darauf hin, dass die Tätigkeit der Klägerin nicht über die gewöhnliche und rationelle Verwaltung des Privatvermögens hinausgehe und nicht die Merkmale einer Tätigkeit aufweise, die beruflich und professionell ausgeübt werde. Was äußerst wichtig ist – wie das Gericht bemerkt hat – wurden die vom Käufer im Rahmen der vom Verkäufer erteilten Vollmacht ergriffenen Maßnahmen im Interesse des Käufers durchgeführt, dessen Absicht es war, die Immobilie bestmöglich an seine eigenen Zwecke anzupassen.

Gegen das oben genannte Urteil des Woiwodschaftsverwaltungsgerichts legte die Finanzbehörde Beschwerde beim Obersten Verwaltungsgericht (NSA) ein, die jedoch mit dem Urteil vom 23. April 2025, Az. II FSK 2150/21 abgewiesen wurde.

 

EuGH-Urteil – es ist nicht die Form, sondern der Umfang und die Art der Tätigkeiten, die bestimmen, ob Mehrwertsteuer auf Verkauf von Immobilien zu zahlen ist

In seinem Urteil vom 3. April 2025, Aktenzeichen C 213/24, verwies der EuGH auch auf die in der Praxis zentrale Frage der Abgrenzung zwischen der Verwaltung von Privatvermögen und mehrwertsteuerpflichtigen Verkäufen.

Ausgangspunkt des EuGH-Urteils, das sich auf den polnischen Fall bezieht, war die Sachlage, in der ein Ehepaar (Privatpersonen) beschlossen hatte, ihre Immobilie im Miteigentum zu verkaufen, aber die vorbereitenden Tätigkeiten für diesen Verkauf einem gewerblichen Unternehmer übertrug. Dieser nahm als Bevollmächtigter eine Reihe von Handlungen vor: er teilte die Fläche in kleinere Flurstücke auf, nahm den Kontakt mit der bestimmten Behörde auf, um die Änderungen im Raumordnungsplan vorzunehmen, erwarb ein zusätzliches Flurstück zum Zweck der Errichtung von Zugangsstraßen zu den Flurstücken, erschloss die Flächen durch Versorgungsleitungen, führte Marketingaktivitäten zur Werbung für den Transaktionsgegenstand durch und erstellte Kaufverträge.

Der EuGH stellte fest, dass zwar alle Tätigkeiten von einem professionellen Bevollmächtigten ausgeübt würden, dies aber nichts an der Beurteilung der steuerlichen Lage der Grundstückseigentümer selbst ändere, deren Einnahmen aus dem Verkauf von Immobilien in diesem Fall mit der Mehrwertsteuer zu besteuern sind. Der Gerichtshof betonte, dass eine Person, die eine andere Person mit den Vertriebsaktivitäten beauftragt, kann immer noch als Mehrwertsteuerpflichtiger angesehen werden, wenn sie direkt (oder indirekt über einen Bevollmächtigten) aktive Schritte zur Vermarktung von Grund und Boden vornimmt.

Die Art dieser Tätigkeiten ist dabei von zentraler Bedeutung: Der Eigentümer überschreitet die Grenzen der gewöhnlichen Verwaltung von Privatvermögen, wenn er über seinen Bevollmächtigten die für Gewerbetreibende typischen Mittel einsetzt, wie z. B.:

  • Erschließung,
  • Durchführung bewährter Vermarktungsmaßnahmen,
  • Beantragung von Planungsänderungen,
  • Investitionsmaßnahmen. 

Solche Maßnahmen sind mehrwertsteuerrechtlich nicht mehr neutral und fallen, wie der EuGH festgestellt hat, unter die Tätigkeit, die zur Erzielung von Einnahmen ausgeübt wird, was ihre Besteuerung rechtfertigt.

 

Praktische Schlussfolgerungen aus Urteilen zur Klärung der Besteuerung des Immobilienverkaufs

Die Urteile des WSA und des EuGH haben wichtige Konsequenzen für Privatpersonen, die Immobilien verkaufen. Zunächst weisen sie darauf hin, dass die polnischen Finanzbehörden den Verkäufer nicht gedankenlos und automatisch als Umsatzsteuerpflichtigen betrachten können. Auch wenn die Transaktion professionell organisiert zu sein scheint, ist es dennoch von entscheidender Bedeutung, den konkreten Fall zu analysieren – in erster Linie den Zweck des Verkaufs, den Kontext der Transaktion und den Grad der Beteiligung des Verkäufers. Es ist die tatsächliche Tätigkeit (oder das Fehlen einer solchen) des Verkäufers, die bestimmt, ob der Verkauf der Immobilie der Umsatzsteuer unterliegt.

In der Praxis gehen die Finanzbehörden oft davon aus, dass wenn der Verkäufer jemandem eine Vollmacht zum Verkauf der Immobilie erteilt, dies eine wichtige Prämisse ist, um festzustellen, dass dieser Verkäufer Maßnahmen ergreift, die über die gewöhnliche Verwaltung von Privatvermögen hinausgehen. Es ist jedoch nicht so offensichtlich, und der Zweck und der Umfang der erteilten Vollmacht sind wirklich sehr wichtig für die Beurteilung des Status des Verkäufers in Bezug auf die Besteuerung mit der Umsatzsteuer

Wie sich aus den aufgeführten Urteilen der Verwaltungsgerichte ergibt, ist in den Fällen, in denen die im Rahmen der erteilten Vollmacht vorgenommenen Tätigkeiten im Interesse des Käufers ausgeübt werden, davon auszugehen, dass die erteilte Vollmacht kein Argument dafür darstellt, die Tätigkeiten des Verkäufers als solche anzusehen, die über die Verwaltung des Privatvermögens hinausgehen. Anders sieht es jedoch aus, wenn der Bevollmächtigte nur im Interesse und zugunsten des Verkäufers handelt.

 

Wie wirkt sich Gütergemeinschaft auf die Abrechnung der Steuer auf den Immobilienverkauf aus?

In dem oben genannten Urteil verwies der EuGH auch auf die Frage der ehelichen Gütergemeinschaft in Bezug auf die Besteuerung des privaten Verkaufs der gemeinsamen Immobilie mit der Mehrwertsteuer.

Der Gerichtshof der Europäischen Union vertrat den Standpunkt, dass es – in Übereinstimmung mit den polnischen Rechtsvorschriften – in einer Situation, in der eine eheliche Gütergemeinschaft zwischen den Ehegatten besteht (und diese Ehegatten gemeinsam gegenüber Dritten auftreten, z. B. durch den gemeinsamen Abschluss von Verträgen), möglich ist, die gesetzliche Gemeinschaft als gesonderten Mehrwertsteuerpflichtigen anzusehen.

 

Bisherige Praxis der Finanzbehörden in Polen

Bisher haben die polnischen Finanzbehörden und Verwaltungsgerichte aufgrund des Fehlens eindeutiger Bestimmungen im Umsatzsteuergesetz eine Praxis angewandt, nach der der Verkauf von Immobilien aus dem Gesamtgut der Ehegatten (es sei denn, er wurde im Rahmen der Geschäftstätigkeit eines der Ehegatten durchgeführt) als Verkauf von zwei Mehrwertsteuerpflichtigen (beide Ehegatten) behandelt wurde – natürlich unter der Annahme, dass der Umsatz der Mehrwertsteuer unterlag.

Infolgedessen wurde der Umsatz je zur Hälfte abgerechnet unter der Annahme, dass jeder Ehegatte seinen gleichen Anteil verkauft. 

 

Auswirkungen des EuGH-Urteils auf Ehegatten, die auf Verkauf von Immobilien Steuer zahlen

Das Urteil des EuGH kann, soweit es sich auf die Frage der Anerkennung der ehelichen Gütergemeinschaft als Mehrwertsteuerpflichtiger bezieht, als revolutionär bewertet werden.

Daher ist zu erwarten, dass der Ansatz des EuGH aufgrund des Fehlens von entsprechenden polnischen steuerrechtlichen Bestimmungen das Handeln unseres Gesetzgebers erheblich beeinflussen wird und sicherlich nicht ohne Folgen in Bezug auf die derzeitige Vorgehensweise der polnischen Finanzbehörden und Verwaltungsgerichte sein wird.

Darüber hinaus haben die Ehegatten in der Praxis derzeit ein sehr starkes Argument dafür, dass die zwischen ihnen tätigen Umsätze in Bezug auf die Mehrwertsteuer neutral sind, wenn sie Gegenstände betreffen, die ihrer ehelichen Gütergemeinschaft gehören. Daher lohnt es sich, einen genaueren Blick auf die verfügbaren Optionen und Möglichkeiten zur Minimierung der Steuerlast zu werfen. Wenn Sie Unterstützung bei der Abrechnung der Immobiliensteuer oder einfach nur eine Steuerberatung suchen, sprechen Sie uns an.