In diesem Beitrag beantworten wir folgende Fragen:

  • Sind Zinsen abzugsfähige Betriebsausgaben?
  • Können die Zinsen für ein Darlehen, das einer polnischen Zweigniederlassung von einem ausländischen Unternehmen gewährt wird, als abzugsfähige Betriebsausgaben behandelt werden?
  • Wann können Kosten der Innenfinanzierung als abzugsfähige Betriebsausgaben behandelt werden?

Am 30. Juli 2025 erging ein wichtiges Urteil des Obersten Verwaltungsgerichts (NSA) in einer Rechtssache (Az. II FSK 1423/22), in der wir den Steuerpflichtigen vertraten. Das Gericht entschied, dass die polnische Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft die an diese ausländische Gesellschaft gezahlte Zinsen als abzugsfähige Betriebsausgaben behandeln kann.

 

Kosten der Innenfinanzierung und Abrechnungen einer Zweigniederlassung eines ausländischen Unternehmens in Polen

Der Fall begann mit einem Antrag auf Erteilung eines Steuervorbescheids, der von der polnischen Zweigniederlassung (PL-Zweigniederlassung) einer ausländischen Gesellschaft gestellt wurde. Aus dem Antrag ging hervor, dass die deutsche Gesellschaft (DE-Gesellschaft) in Deutschland ein Darlehen in EUR aufgenommen hatte. Wichtig ist, dass das Darlehen zu marktüblichen Bedingungen aufgenommen wurde. Dann übertrug die DE-Gesellschaft einen Teil des Darlehens an die PL-Zweigniederlassung. Es sollte betont werden, dass das Kapital von der DE-Gesellschaft in polnischen Zloty zur Verfügung gestellt wurde und der Zinssatz für dieses Kapital auf Marktniveau festgelegt wurde, das für in dieser Währung gewährte Darlehen angemessen ist. Der Antragsteller wies auch darauf hin, dass die Gesellschaft die Erträge aus dem in Deutschland zur Verfügung gestellten Kapital erfasst, während die PL-Zweigniederlassung die damit verbundenen Kosten in Polen trägt.

Die PL-Zweigniederlassung fragte den Leiter der Landesfinanzauskunft (DKIS), ob die Zinsen für das Darlehen, die von der Zweigniederlassung im Zusammenhang mit dem gewährten Darlehen auf das Konto der Gesellschaft gezahlt wurden, als abzugsfähige Betriebsausgaben behandelt werden können.

Der Antragsteller wies darauf hin, dass die Abrechnungen zwischen der DE-Gesellschaft und der PL-Zweigniederlassung nach dem OECD-Ansatz durchgeführt werden, nach dem die Betriebsstätte als eigenständige wirtschaftliche Einheit zu behandeln ist. Nach Ansicht des Antragstellers sind die von der Zweigniederlassung gezahlten Zinsen seine abzugsfähigen Betriebsausgaben.

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Standpunkt des DKIS: Es ist nicht möglich, Zinsen als abzugsfähige Betriebsausgaben zu behandeln

Die Finanzbehörde hielt den Standpunkt des Antragstellers für unzutreffend und behauptete, dass es sich bei dem Vertrag zwischen der DE-Gesellschaft und der PL-Zweigniederlassung nicht um einen Darlehensvertrag im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs handele. Die Behörde wies darauf hin, dass es nicht möglich sei, sich selbst ein Darlehen zu gewähren, und dennoch sei die PL-Zweigniederlassung keine eigenständige Einheit, sondern nur ein organisatorisch und vermögensrechtlich abgesonderter Teil der Gesellschaft. Infolgedessen seien alle Einnahmen und Ausgaben, die der PL-Zweigniederlassung zuzurechnen sind, Teil der Einnahmen und Ausgaben der DE-Gesellschaft, und die Abrechnungen zwischen ihnen sollten neutral sein, was die Entstehung der abzugsfähigen Betriebsausgaben für Zinsen ausschließe. Darüber hinaus verwies der DKIS auch auf die Bestimmung des Art. 16 Abs. 1 Nr. 11 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG-PL), wonach berechnete, aber nicht gezahlte bzw. erlassene Zinsen auf Verbindlichkeiten, einschließlich Darlehen (Kredite), nicht als abzugsfähige Betriebsausgaben gelten.

 

Woiwodschaftsverwaltungsgericht stellt sich auf die Seite der Zweigniederlassung: Zinsen können als abzugsfähige Betriebsausgaben behandelt werden

Der Steuerpflichtige erhob die Beschwerde gegen den Steuervorbescheid der Behörde und gewann vor dem Woiwodschaftsverwaltungsgericht (Az. III SA/Wa 345/22). 

Das Woiwodschaftsverwaltungsgericht (WSA) entschied, dass die von der PL-Zweigniederlassung gezahlten Zinsen, die dem Betrag der Zinszahlung von der DE-Gesellschaft an die Bank entsprechen, von der PL-Zweigniederlassung als abzugsfähige Betriebsausgaben behandelt werden können. In den Entscheidungsgründen betonte das Gericht, dass die Zinsen in engem Zusammenhang mit der Tätigkeit der PL-Zweigniederlassung stünden und die Voraussetzungen für ihre Behandlung als abzugsfähige Betriebsausgaben nach Art. 15 KStG-PL erfüllten. Ferner verwies das WSA auch darauf, dass DKIS zu Unrecht auf Artikel 16 Absatz 1 Nummer 11 KStG-PL Bezug genommen habe, weil die im Antrag genannten Zinsen von der PL-Zweigniederlassung gezahlt worden seien, so dass diese Bestimmung auf sie nicht anwendbar sei

 

Oberstes Verwaltungsgericht steht auch auf der Seite des Steuerpflichtigen: PL-Zweigniederlassung kann Zinsen als abzugsfähige Betriebsausgaben abrechnen

Das Oberste Verwaltungsgericht (NSA) schloss sich der Auffassung des WSA an und stellte fest, dass die PL-Zweigniederlassung berechtigt sei, Zinsen auf das ihr von der DE-Gesellschaft zur Verfügung gestellte Kapital als Betriebsausgaben zu erfassen. Gleichzeitig stellte das Gericht das Fehlen einer eigenständigen Rechtspersönlichkeit der Zweigniederlassung nicht in Frage.

Das NSA betonte, dass der Anteil der Zweigniederlassung des ausländischen Unternehmens an den Kosten für die Rückzahlung der Finanzierung im Hinblick auf die Bestimmungen der Art.15 und 16 KStG-PL eine Bedeutung habe.

Das Oberste Verwaltungsgericht hielt die von DKIS vertretene Position, wonach Abrechnungen zwischen der Gesellschaft und ihrer ausländischen Zweigniederlassung neutral seien, für unzutreffend.

Der Spruchkörper stellte fest, dass, wenn die Position von DKIS als richtig angesehen würde, Doppelbesteuerungsabkommen überflüssig würden, da die Abrechnungen zwischen der Zweigniederlassung des ausländischen Unternehmens und der Hauptniederlassung neutral wären und alle Einnahmen und Ausgaben im Sitzstaat der Hauptniederlassung abgerechnet würden.

 

Wichtige Schlussfolgerungen aus dem Urteil des Obersten Verwaltungsgerichts

  • Mit dem Urteil wird das Recht der Zweigniederlassungen ausländischer Unternehmen bestätigt, die Kosten im Zusammenhang mit der ihnen von der ausländischen Hauptniederlassung zur Verfügung gestellten Finanzierung in Polen abzurechnen. Nach Auffassung des Obersten Verwaltungsgerichts berührt das Fehlen einer eigenen Rechtspersönlichkeit nicht die Möglichkeit, die gezahlten Zinsen als abzugsfähige Betriebsausgaben zu erfassen.
  • Das Urteil macht darauf aufmerksam, dass die sich aus den Doppelbesteuerungsabkommen und den OECD-Leitsätzen ergebenden Grundsätze bei Steuerabrechnungen berücksichtigt werden müssen, was sich auf die Richtigkeit und Sicherheit der Abrechnungen auswirkt.
  • Steuerpflichtige sollten sich um die Fremdvergleichskonformität der Finanzierungsbedingungen kümmern und die Abrechnungen zwischen der Hauptniederlassung und Zweigniederlassung ordnungsgemäß dokumentieren, um ihre wirtschaftliche Rechtfertigung und die Einhaltung der steuerlichen Vorschriften nachweisen zu können.