In diesem Beitrag beantworten wir folgende Fragen:

  • Seit wann sind E-Zustellungen verpflichtend?
  • Wer muss E-Zustellungen nutzen?
  • Kann man eine Klage beim Gericht über E-Zustellungen einreichen? 

E-Zustellungen sollten die Kontakte der Bürger zu den Behörden vereinfachen. Wie sich jedoch herausstellte, wurden sie zu einer Quelle des Chaos und der Missverständnisse. Die Finanzverwaltung ermutigt zwar Steuerpflichtige, diesen Kommunikationskanal zu nutzen, aber verlangt zugleich die Zurückweisung von denjenigen Klagen gegen Bescheide oder Steuervorbescheide, die von Steuerpflichtigen über E-Zustellungen eingereicht werden. Das Woiwodschaftsverwaltungsgericht Warszawa (WSA) lehnte eine solche Vorgehensweise entschieden ab und nannte sie eine „Verfahrensfalle”. 

 

E-Zustellungen: Gesetzgeberisches Chaos

Seit dem 1. Januar 2025 gilt die Pflicht zur Nutzung von E-Zustellungen für öffentliche Stellen und Personen, die Vertrauensberufe ausüben. Seit dem 1. April 2025 gilt diese Pflicht auch für alle im Landesgerichtsregister (KRS) eingetragenen Unternehmen und Rechtsträger, die eine Geschäftstätigkeit ausüben (z. B. Vereine und Stiftungen). Seit dem 1. Juli 2025 müssen E-Zustellungen auch von Unternehmen genutzt werden, die bei Zentralregister und Auskunftsstelle für Geschäftstätigkeit (CEiDG) eingetragen sind. 

Das Problem besteht darin, dass nach dem Gesetz über elektronische Zustellungen Gerichte und Gerichtshöfe erst ab dem 1. Oktober 2029 zur Nutzung von E-Zustellungen verpflichtet sein werden. Nach den geltenden Vorschriften wird eine Klage über dieselbe Behörde eingereicht, deren Tätigkeit, Untätigkeit oder langwierige Verfahrensführung Gegenstand der Klage ist. Eine Klage, die elektronisch eingereicht wird, sollte über ein öffentlich zugängliches IKT-System eingereicht werden, bei dem es sich laut den Vorschriften nur um e-PUAP handelt. 

Gleichzeitig ist gemäß Art.147 Abs. 2 des Gesetzes über elektronische Zustellungen die Zustellung von Korrespondenz, die von einer natürlichen Person im Rahmen einer auf ePUAP zur Verfügung gestellten Dienstleistung versandt wird, bis Ende 2025 in ihren Rechtswirkungen der Zustellung unter Nutzung der öffentlichen Dienstleistung der registrierten elektronischen Zustellung gleichgestellt. Daher glauben einige Steuerpflichtige, dass diese Regel umgekehrt funktioniert und behandeln Klagen, die über E-Zustellungen eingereicht werden, genauso wie Klagen, die über ePUAP vorgebracht werden.

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Woiwodschaftsverwaltungsgericht kritisiert scharf die „Steuerfalle”

Leider verlangt die Finanzverwaltung unter solchen Umständen die Zurückweisung von Klagen, die von Steuerpflichtigen über E-Zustellungen vorgebracht werden, weil nach ihrer Ansicht solche Klagen aus formalen Gründen von vornherein zurückgewiesen werden sollten. 

Eine solche Vorgehensweise des Finanzamtes wurde im Urteil vom 11. Juni 2025 Az. III SA/Wa 778/25 des Woiwodschaftsverwaltungsgerichts Warszawa kritisiert.  

Der Fall betraf einen Unternehmer, der die Erteilung eines Steuervorbescheids bei dem Leiter der Landesfinanzauskunft (DKIS) beantragte. Die gesamte Korrespondenz mit der Finanzbehörde wurde gemäß den geltenden Vorschriften über E-Zustellungen geführt. Nachdem er einen ungünstigen Steuervorbescheid erhalten hatte, beschloss er, ihn anzufechten

Da er nach den Vorschriften verpflichtet war, eine Klage beim Gericht über dieselbe Behörde einzureichen, an die er zuvor Korrespondenz über E-Zustellungen gesendet und empfangen hatte, schien es ihm selbstverständlich, dass er auch über diesen Kommunikationskanal eine Klage einreichen konnte. Leider stieß er auf eine administrative Wand: Der Leiter der Landesfinanzauskunft erklärte, dass der Unternehmer nicht das Recht habe, eine Klage über E-Zustellungen einzureichen, und forderte deren Zurückweisung aus formalen Gründen. Hätte sich das Gericht dieser Auffassung angeschlossen, hätte man die Klage überhaupt nicht im Rahmen materiell-rechtlicher Vorwürfe betrachten müssen. 

Zum Glück für den Steuerpflichtigen stellte das Woiwodschaftsverwaltungsgericht Warszawa fest, dass die derzeit geltenden Vorschriften so unklar sind, dass Steuerpflichtige keine klare Vorstellung davon haben, welches Zustellungssystem bis wann verwendet werden sollte. Nach Auffassung des Woiwodschaftsverwaltungsgerichts würde die Zurückweisung der Klage allein deshalb, weil der Steuerpflichtige ein anderes System als ePUAP genutzt hat, dem Steuerpflichtigen das Recht auf ein Gericht nehmen. Das Gericht stellte auch fest, dass der Gesetzgeber das E-Zustellungs-System gefördert und Steuerpflichtige dazu ermutigt hatte, diesen Kommunikationskanal zu nutzen. Eine Situation, in der die Nutzung von E-Zustellungen die Wirksamkeit der beim Gericht eingereichten Klage beeinträchtigen würde, wäre nach Auffassung des Gerichts mit den Rechtsstaatsprinzipien unvereinbar. 

 

Uneinheitliche Rechtsprechungslinie

Das Urteil des Woiwodschaftsverwaltungsgerichts Warszawa ist nicht das einzige Urteil über E-Zustellungen, das für Steuerpflichtige von Vorteil ist. 

Einen ähnlichen Standpunkt vertrat das Woiwodschaftsverwaltungsgericht Gdańsk in seinen Urteilen vom 17. Juli 2025, Az. III SA/Gd 189/25 und III SA/Gd 190/25 und vom 16. Juli 2025, Az. I SA/Gd 302/25 sowie das Woiwodschaftsverwaltungsgericht Lublin in seinem Urteil vom 4. Juni 2025, Az. I SA/LU 88/25.

Dies ist eine Änderung der Rechtsprechungslinie, die zuvor für Steuerpflichtige ungünstig war. Es kann mit Sicherheit gesagt werden, dass ein Steuerpflichtiger, der sich mit einer Behörde ausschließlich über E-Zustellungen kommuniziert hat, nicht dafür bestraft werden kann, dass er denselben Kanal nutzt, um eine Klage einzureichen, daher lohnt es sich, für eigene Rechte zu kämpfen.