Piotr NOWATKOWSKI
International Department Supervisor bei RSM Poland

Die Wahl der Form der Gewerbeausuebung ist enorm wichtig fuer jeden Unternehmer. Bevor diese Entscheidung getroffen wird, soll man die Konsequenzen kennenlernen, welche sie mit sich bringt. Sind wir ein polnischer Unternehmer, so scheint diese Frage – mindestens rein theoretisch – einfach zu sein: Internet (sehr viele Eintraege, aber welchen soll man vertrauen?), Bekannte mit ihrer Erfahrung, endlich ein Anruf bei einer Behörde, um das Thema der Firmengruendung auch von der praktischen Seite kennenzulernen (welche Formulare einreichen und wo, wie viel bezahlen?).

Wenn aber ein Unternehmer der polnischen Sprache nicht maechtig ist, wenn er keine polnischen Bekannten um den Rat bitten kann und selbst wenn es ihm gelingt, die Telefonnummer der Behörde zu finden und er fließend englisch spricht, hört er im Hörer höchstens ein Raunen der Verlegenheit und das Geraeusch des Auflegens. Mit einem Wort: was passiert, wenn ein auslaendischer Unternehmer ein Gewerbe in Polen ausueben will? Welche Auswahl bietet ihm der polnische Gesetzgeber an?

Niederlassungsfreiheit und Recht freier Wahl

Vorbehaltlich, dass es mehrere Formen der Gewerbeausuebung fuer auslaendische Unternehmer in Polen gibt (vom Einzelunternehmen, durch Personen- und Kapitalgesellschaften, bis zu Niederlassungen und Vertretungen), möchte ich an der Stelle die zwei gaengigsten besprechen: d.h. Gruendung einer GmbH und Errichtung einer Niederlassung des auslaendischen Unternehmens.

Welche sind die grundlegenden Unterschiede zwischen den beiden Formen? Vor allem besitzt die Niederlassung, im Gegenteil zu einer GmbH, keine Rechtspersönlichkeit. Dies bedeutet, dass jede Verpflichtung, welche die Niederlassung eingeht, in der Praxis die Verpflichtung des Mutterunternehmens darstellt. Auch wenn die Niederlassung – formal gesehen – mit ihrer Handelsregisternummer, USt.-Id.Nr. und statistischer Nummer REGON als Partei eines Vertrags erscheint, ist die tatsaechliche Partei dieses Vertrags die Muttergesellschaft. Oft wird die Niederlassung von Geschaeftspartnern oder sogar von manchen Behörden als ein unabhaengiges Unternehmen behandelt, indem die Eintragung im Handelsregister mit rechtlicher Unabhaengigkeit der Einheit identifiziert wird. Das ist völlig falsch: eine Niederlassung gilt als eine Abzweigung ihrer Muttergesellschaft.

Die Unterschiede zwischen einer GmbH und Niederlassung findet man auch bei Abrechnungen. Jede Einzahlung des Gesellschafters einer GmbH muss irgendwie formalisiert werden (Darlehen, Nachschuss bzw. Stammkapitalerhöhung), waehrend der Mittelfluss zwischen der Muttergesellschaft und der Niederlassung keinen solchen Einschraenkungen unterliegen. Dies fuehrt dazu, dass die Verfolgung von Abrechnungen zwischen der Muttergesellschaft und der Niederlassung eine gute Koordinierung der Buchhaltung der Muttergesellschaft und der Buchhaltung der Niederlassung verlangt. Meine Kollegin, Monika Wolarska, die bei RSM Poland fuer die Buchhaltung der Niederlassungen von deutschen Unternehmen zustaendig ist, behauptet, dass ohne regelmaeßige und genaue Informationen von der deutschen Muttergesellschaft sehr schwierig ist, sogar den Saldo mit dem polnischen Geschaeftspartner der Niederlassung abzustimmen, wenn die Zahlung der Verbindlichkeiten der Niederlassung eben von ihrer Muttergesellschaft geleistet wird.

Wenn man sich entscheidet, eine Firma zu gruenden und die Form der Gewerbeausuebung waehlt, ist auch ein relevanter Unterschied bei der Vertretungsstruktur einer GmbH und einer Niederlassung zu beruecksichtigen. Bei einer GmbH ist zweifellos die Geschaeftsfuehrung vertretungsberechtigt. Fuer die Niederlassung eines auslaendischen Unternehmens sieht der Gesetzgeber – neben den Geschaeftsfuehrern der Muttergesellschaft, deren Personendaten im Handelsregister zu veröffentlichen sind – noch eine den auslaendischen Unternehmer in der Niederlassung vertretende Person vor. Die Berechtigungen dieses Vertreters – hier haben sogar Juristen Bedenken – werden durch gesetzliche Bestimmungen nicht eindeutig geregelt. In der Praxis ist es wichtig, dass die den auslaendischen Unternehmer in der Niederlassung vertretende Person ihre Adresse in Polen haben muss, die im Handelsregister bekannt gegeben wird. Bei einer GmbH, sogar wenn alle Geschaeftsfuehrer im Ausland wohnen, stellt das kein formelles Hindernis bei der Eintragung im polnischen Handelsregister dar.

Ignorantia iuris nocet

Auslaendische Unternehmer begruenden ihre Entscheidung ueber die Errichtung einer Niederlassung in einem anderen Land statt der Gruendung einer Gesellschaft mit der Politik der Muttergesellschaft, welche dieselbe Form der Gewerbeausuebung unabhaengig von dem Land vorsieht. Einer unserer deutschen Mandanten stellte bei der Begruendung der Entscheidung ueber die Errichtung einer Niederlassung statt der Gruendung einer Gesellschaft fest, dass die Liquidation einer Niederlassung grundsaetzlich einfacher als die einer GmbH ist, wobei er sich nicht dessen bewusst war, dass bei der Liquidation beider Rechtsformen in der Wirklichkeit dieselben Vorschriften Anwendung finden. Dieses lockere Beispiel beweist, dass eine a priori-Entscheidung ueber die Form der Gewerbeausuebung in einem betroffenen Land, ohne entsprechende diesbezuegliche Vorschriften zu kennen und vor allem ohne rechtliche und steuerliche Konsequenzen zu analysieren, nicht immer zu der besten Wahl fuehrt.