Was sind die Grundregeln einer Zoll- und Außenprüfung? Dieses Verfahren, das immer häufiger Anwendung findet, gibt den Beamten viel mehr Befugnisse als bei einer gewöhnlichen Betriebsprüfung.  Was ist also zu tun, wenn eine Zoll- und Finanzbehörde unerwartet handelt? Karolina BARTKOWIAK-DUDZIK, Junior Tax Manager bei RSM Poland, sprach darüber mit "Dziennik Gazeta Prawna".

Wie ist der Umfang einer Zoll- und Außenprüfung in Polen? Gibt es etwas zu befürchten?

Es ist schwer zu sagen, ob es etwas zu befürchten gibt, aber es lohnt sich auf jeden Fall, ein paar Dinge zu beachten, um ruhiger schlafen zu können. 

Wir sollten darauf hinweisen, dass Zoll- und Außenprüfung eine Art von Verfahren ist, das in Polen im März 2017 zusammen mit der Errichtung der Strukturen der Landesfinanzverwaltung eingeführt wurde. Nach den seinerzeit zugrunde legenden Annahmen diente die Zoll- und Außenprüfung der Aufdeckung und Bekämpfung der organisierten Steuerkriminalität und schwerster Steuerverstöße, wie z.B. Mehrwertsteuerkarusselle. In der Praxis stellt sich jedoch heraus, dass dieses Verfahren für jede Steuer gelten kann und eine wachsende Zahl von Unternehmen betrifft, die in Polen tätig sind.

 

Bedeutet also die Einleitung einer Zoll- und Außenprüfung gar nicht, dass wir definitiv eine schwere Straftat begangen und gegen das Steuerrecht verstoßen haben? Behandeln die Finanzbehörden dieses Verfahren lediglich als ein weiteres Instrument, um die Rechtmäßigkeit unseres Handelns zu überprüfen?

Ja, es ist ein weiteres Instrument, und laut dem Bericht des Finanzministeriums nimmt die Zahl der Zoll- und Außenprüfungen allmählich zu. So wurden im ersten Halbjahr 2022 fast 2000 solche Prüfungen eingeleitet – also fast 300 mehr als im gleichen Zeitraum 2021.

Und wie groß ist das Prüfungsrisiko? Und aus welchen Gründen können Unternehmen der Zoll- und Außenprüfung unterliegen?

Es gibt viele Gründe für die Einleitung einer Zoll- und Außenprüfung, aber es ist erwähnenswert, dass sie ihren eigenen Gesetzen folgt. Der Ablauf der Zoll- und Außenprüfung ist charakteristisch und wird durch spezifische Regeln geregelt, die in anderen Verfahren nicht vorkommen. 

Erstens wird die Zoll- und Außenprüfung von den Leitern der Zoll- und Finanzämter auf der Grundlage der Bestimmungen des Gesetzes über die Landesfinanzverwaltung durchgeführt. Derzeit gibt es in Polen 16 solcher Ämter – eines in jeder Woiwodschaft. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Tätigkeitsbereich jedes dieser Ämter auf die Woiwodschaft beschränkt ist, in der sich das jeweilige Zoll- und Finanzamt befindet. Was bedeutet das in der Praxis? In der Tat kann jedes Zoll- und Finanzamt – unabhängig von der Woiwodschaft, in der es seinen Sitz hat – überall in Polen eine Prüfung einleiten und durchführen. 

Zweitens denken wir daran, dass im Falle einer Zoll- und Außenprüfung das zu prüfende Unternehmen über die beabsichtigte Einleitung dieses Verfahrens nicht informiert wird. Im Vergleich zu gewöhnlichen Betriebsprüfungen ist dies ein großer Unterschied – die Einleitung einer Zoll- und Außenprüfung erfolgt sofort zum Zeitpunkt der Zustellung der Befugnis zu ihrer Durchführung an den Unternehmer. Dadurch können die Zoll- und Finanzbehörden sofort mit der Überprüfung beginnen, und die Steuerpflichtigen haben keine Möglichkeit, sich im Voraus auf die durchzuführende Zoll- und Außenprüfung vorzubereiten. 

Und noch etwas, das auch sehr wichtig ist: Bei Zoll- und Außenprüfungen werden die Zeitgrenzen der Prüfungen, die sich aus dem Unternehmergesetz ergeben, nicht berücksichtigt. Was bedeutet das in der Praxis? Das Unternehmergesetz sieht nämlich vor, dass in der Regel, mit den darin vorbehaltenen Ausnahmen, die Dauer aller Prüfungen bei einem bestimmten Unternehmer in einem Kalenderjahr eine bestimmte Anzahl von Tagen nicht überschreiten darf. 

Es sind 12 Arbeitstage bei Kleinstunternehmern, 18 Arbeitstage bei kleinen Unternehmern, 24 Arbeitstage bei mittleren Unternehmern und 48 Arbeitstage bei sonstigen größeren Unternehmern. 

Diese Regelung gilt jedoch nicht für Zoll- und Außenprüfungen, was bedeutet, dass eine Zoll- und Finanzbehörde eine solche Prüfung bei einem bestimmten Unternehmer auch dann veranlassen kann, wenn das sich aus dem Unternehmergesetz ergebende Zeitlimit in einem bestimmten Kalenderjahr bereits ausgeschöpft ist.

 

Die Einleitung einer Zoll- und Außenprüfung ist daher für einen in Polen tätigen Steuerpflichtigen eine Überraschung – es ist nicht möglich, sich darauf vorzubereiten. Und wie sieht es mit den dabei angewandten Verfahren aus? Wie läuft eine Zoll- und Außenprüfung ab? 

Es ist darauf hinzuweisen, dass die Bestimmungen des Gesetzes über die Landesfinanzverwaltung den uns prüfenden Beamten sehr weitreichende Befugnisse garantieren. Erstens können die Zoll- und Finanzbehörden natürlich die Bereitstellung von Belegen verlangen, die sich auf den Gegenstand der Prüfung beziehen, aber die Prüfer – und das ist wichtig und charakteristisch für eine Zoll- und Außenprüfung – können auch die Vorlage von Akten, Belegen und Büchern verlangen, die zwar in irgendeiner Weise mit dem Gegenstand der Prüfung zusammenhängen, sich aber auf einen anderen Zeitraum als Prüfungszeitraum beziehen. 

Im Rahmen der Zoll- und Außenprüfung können die Beamten auch den zu prüfenden Unternehmer und Zeugen vernehmen. Die Prüfer haben das Recht, das Eigentum den zu prüfenden Unternehmers zu betreten und sich darin auf der Grundlage eines Dienstausweises zu bewegen, ohne dass sie einen Passierschein benötigen. 

Viele Zweifel und Kontroversen werden auch durch die Möglichkeit der Durchsuchung von Räumlichkeiten (einschließlich Wohnräumen) aufgeworfen, auch wenn der Steuerpflichtige in diesen Räumlichkeiten keine Geschäftstätigkeit ausübt. Eine Durchsuchung im Rahmen einer Zoll- und Außenprüfung kann unter Einsatz von technischen Geräten und Diensthunden durchgeführt werden. Und obwohl eine Wohnungsdurchsuchung in der Regel der Einwilligung des Staatsanwalts bedarf, kann sie in dringenden Fällen auch ohne Einwilligung des Staatsanwalts durchgeführt werden. In einem solchen Fall sollte eine solche Durchsuchung vom Staatsanwalt genehmigt werden. 

Beamte der Landesfinanzverwaltung und des Zoll- und Finanzdienstes haben auch das Recht, Personen zu durchsuchen, Fahrzeuge anzuhalten und andere Tätigkeiten im Rahmen des Straßenverkehrsgesetzes durchzuführen.

 

Daher ist der Ablauf einer Betriebsprüfung und einer Zoll- und Außenprüfung eindeutig unterschiedlich und die letztere bedeutet definitiv mehr Ärger und Unannehmlichkeiten. Was kann ein Unternehmer also tun, damit dieses Verfahren möglichst erträglich ist?

Das Wichtigste ist, zu wissen, welche Rechte und Pflichten dem zu prüfenden Unternehmen und dem Prüfer obliegen. Die alte lateinische Maxime: ignorantia iuris nocet, d.h. Unkenntnis des Gesetzes schadet, gilt hier auf jeden Fall. 

Unsere Erfahrung zeigt, dass die Beamten bei vielen Prüfungen Verfahrensfehler begehen, die sich auf die Lage des Steuerpflichtigen und sogar auf das Ergebnis einer Zoll- und Außenprüfung auswirken können. In einem solchen Fall ist es notwendig, all diese Verstöße und Mängel rechtzeitig aufzudecken und entsprechend aufzulisten. 

In solch einem Fall sind erfahrene Vertreter mit entsprechenden Kenntnissen und Erfahrung unersetzlich. Ein Steuerpflichtiger, der auf eigene Faust handelt, kann sich nicht nur hilflos, sondern auch durch den Ablauf der gesamten Prüfung überfordert fühlen.

 

Während einer Betriebsprüfung können wir in vielen Phasen Erklärungen abgeben und unsere Kommentare und Schlussfolgerungen hinzufügen... Ist das auch bei einer Zoll- und Außenprüfung möglich?

Natürlich. Bei einer Zoll- und Außenprüfung hat der Steuerpflichtige das Recht, aktiv daran teilzunehmen. Das Wichtigste ist, was passiert, wenn sie zu Ende ist. 

Der Abschluss einer Zoll- und Außenprüfung (d. h. aller im Bereich des Steuerrechts durchgeführten Prüfungstätigkeiten) bedeutet, dass die prüfende Behörde das Prüfungsergebnis mit der Information über festgestellte Unregelmäßigkeiten formulieren muss. Wichtig (und zugleich charakteristisch für eine Zoll- und Außenprüfung) ist die Tatsache, dass der Steuerpflichtige keine Möglichkeit hat, den eigenen Standpunkt, Erklärungen oder Einwände gegen das Ergebnis der Prüfung vorzutragen. Der Steuerpflichtige hat nur die Möglichkeit, innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt des Prüfungsergebnisses eine Berichtigung der geprüften Steuererklärungen einzureichen. 

Wird die Berichtigung trotz der bei der Zoll- und Außenprüfung festgestellten Unregelmäßigkeiten nicht innerhalb der oben genannten Frist eingereicht (oder berücksichtigen die Finanzbehörden die eingereichte Berichtigung nicht, z. B. weil sie nicht alle im Prüfungsergebnis festgestellten Fragen abdeckt), wird die Zoll- und Außenprüfung automatisch zu einem Steuerverfahren.

 

Und wer führt dieses Steuerverfahren durch?

Ein Steuerverfahren, das sich unmittelbar von der Zoll- und Außenprüfung herleitet, wird von derselben Behörde durchgeführt. 

Und das ist ein Problem, das beachtet werden sollte, denn das Steuerverfahren wird von demselben Leiter des Zoll- und Finanzamtes durchgeführt, der über das für uns ungünstige Ergebnis der Zoll- und Außenprüfung entschieden hat. Darüber hinaus war es bisher so, dass, wenn ein Steuerpflichtiger nach Beendigung des Steuerverfahrens eine Beschwerde einlegte, dieser Fall – wieder einmal – von derselben Behörde, d. h. von demselben Leiter des Zoll- und Finanzamtes, geprüft wurde. 

Dies war eine klare Abkehr vom Grundsatz der devolutiven Wirkung: die Beschwerden wurden nicht von einer höheren Instanz geprüft, sondern von derselben Behörde, die einen bestimmten Bescheid erlassen hatte. Glücklicherweise hat sich diese Regelung geändert – im Juli 2023 traten die Vorschriften in Kraft, nach denen eine Beschwerde gegen den Bescheid des Leiters des Zoll- und Finanzamtes vom örtlich zuständigen Leiter der Oberfinanzverwaltungsdirektion geprüft wird.

 

Wenn ein Unternehmer mit den Ergebnissen der Zoll- und Außenprüfung und dem daraus resultierenden Steuerverfahren nicht einverstanden ist, kann er dann in irgendeiner Weise einen Rechtsbehelf dagegen einlegen?

In diesem Fall sind die Verfahrensvorschriften ziemlich eindeutig: Ab dem Zeitpunkt der Einleitung einer Zoll- und Außenprüfung wird der jeweilige Fall von dem Leiter des Zoll- und Finanzamtes und im Falle einer möglichen Beschwerde des Steuerpflichtigen von dem Leiter der Oberfinanzverwaltungsdirektion bearbeitet. Der Steuerpflichtige hat wiederum das Recht, gegen den Bescheid des Leiters der Oberfinanzverwaltungsdirektion (mit dem das Steuerverfahren beendet wird) eine Klage beim Woiwodschaftsverwaltungsgericht einzulegen. 

Aus diesem Grund empfiehlt unser Steuerberaterteam den Steuerpflichtigen, die Vorgehensweise der Behörden bereits in der frühesten Phase – also ab dem Zeitpunkt der Einleitung einer Zoll- und Außenprüfung oder vielleicht sogar schon früher – sorgfältig zu überprüfen. Dies soll einerseits das Risiko einer negativen Entscheidung für einen bestimmten Steuerpflichtigen verringern und andererseits sicherstellen, dass seine eigenen Rechte während der Prüfung geschützt werden.

 

Steuerpflichtige, die sich für einen Streit mit dem Finanzamt entscheiden, stehen daher vor einer schwierigen Auseinandersetzung – muss eine Zoll- und Außenprüfung immer mit so großen Problemen enden?

Natürlich nicht. Es ist auch unmöglich, ein perfektes Rezept für den Umgang mit einer solchen Situation zu geben. Die Vorgehensweise des Steuerpflichtigen in einem bestimmten Verfahren hängt davon ab, was die Behörde von uns erwartet...Man darf jedoch nicht vergessen, dass der Steuerpflichtige nicht immer verpflichtet ist, alle Belege bereitzustellen, da es manchmal passiert, dass die Behörden ihre Befugnisse überschreiten. Aus diesem Grund wird empfohlen, in jeder Phase der Prüfung äußerste Vorsicht walten zu lassen und die Unterstützung von Personen in Anspruch zu nehmen, die mit den polnischen Steuervorschriften und der Praxis der Finanzbehörden bestens vertraut sind.