Przemysław POWIERZA
Steuerberater, Tax Partner bei RSM Poland
Head of German Desk

Als Anfang 2003 die ersten Bestimmungen ueber die Auslegung der steuerrechtlichen Vorschriften in die Abgabenordnung aufgenommen wurden, verkuendete das Finanzministerium seinen großen Erfolg. Den Steuerpflichtigen wurde mitgeteilt, dass von nun an die Rechtssicherheit erheblich steigt, weil die Art und Weise, auf welche die Vorschriften auszulegen und anzuwenden sind, praktisch im Voraus bekannt sein wird. In Praxis – wie es meistens vorkommt – erwies sich, dass die Sicherstellung der Einheitlichkeit der vergebenen Interpretationen (zunaechst waren sie bei dem Vorsteher jedes Finanzamtes zu beantragen, jetzt werden sie ausschließlich von einigen bestimmten Leitern der Oberfinanzdirektionen vergeben) und Festlegung des Umfangs des Schutzes, der dadurch den fragenden Steuerpflichtigen gewaehrleistet wird, sehr problematisch sind. Dann erschien aus Initiative des Oberverwaltungsgerichts die „Geister-Interpretation” – zwar vergeben, aber immer noch nicht zugestellt. Darueber hinaus gibt es jetzt auch eine andere Schwierigkeit – falls die erhaltene Interpretation nach dem Standpunkt des Steuerpflichtigen den Rechtsvorschriften nicht entspricht, dann ist er gezwungen, auf die endgueltige Entscheidung sogar...5 Jahre zu warten. Das Problem liegt darin, dass sich die Vorschriften in dieser Zeit mehrmals aendern können, waehrend der Steuerpflichtige auf die Ausuebung der Geschaeftstaetigkeit verzichtet. Nicht jeder kann sich (sowohl mental, als auch finanziell) leisten, gegen den Strom zu schwimmen.

Neulich kam bei uns die Serie mit dem Titel „Erhalten der individuellen Interpretation der steuerrechtlichen Vorschriften” (gluecklicherweise) zu Ende. Im Januar 2011 stellten wir den ORD-IN Antrag und im April 2011 erhielten wir eine steuerliche Interpretation von dem Finanzminister. Unserer Meinung nach widersprach sie aber den geltenden Rechtsvorschriften. Nach ihrer Anfechtung vor dem Gericht des ersten Rechtszuges (die Aufforderung des Ministers zur Beseitigung der Rechtsverletzung blieb wie immer erfolglos) wurde zwar ein fuer uns guenstiges Urteil erlassen, aber die Anweisungen der Richter fuer den Minister waren so unpraezise, dass auch diese geaenderte Interpretation angefochten werden muesste. Das endgueltige Urteil wurde durch das Woiwodschaftsverwaltungsgericht im Oktober 2012 erlassen. Im Dezember hat sich aber der Finanzminister entschieden, eine Revision bei dem Oberverwaltungsgericht einzulegen. Das guenstige Urteil wurde ... im April 2015 gefaellt und die Interpretation wurde gemaeß den Anweisungen der Richter erst im September 2015 geaendert.

Mahlen die Muehlen der Gerechtigkeit langsam? Nein,  eher ist dieses System einfach krank. Der Minister vergibt die Interpretation „nach dem Muster”, indem er in der Regel die profiskalische Rechtsauslegung durchsetzt. Ist ein Steuerpflichtiger mit solch einem Verstaendnis der Rechtsvorschriften nicht einverstanden, geht er vor das Woiwodschaftsverwaltungsgericht. Dort fehlt aber an Sachkennern, deswegen wird die Sache auf das Oberverwaltungsgericht abgewaelzt, wo sie keine Wahl mehr haben, als sie zu analysieren. Meistens macht dies ein Richterassistent, denn der Richter alleine hat nur so viel Zeit, um auf sein eigenes Urteil einen kurzen Blick zu werfen. Vertieft sich also ueberhaupt jemand auf irgendwelcher Stufe in das Problem des Steuerpflichtigen? Leider laesst sich diese Frage nur so beantworten: das System fuer steuerliche Interpretationen ist weder zuverlaessig noch schnell. Also wozu ist es ueberhaupt?