Bartosz MIŁASZEWSKI
Managing Partner RSM Poland

Was macht eine Entscheidung ueber Unternehmensuebernahme leichter und was schwieriger?

In einer bestimmten Lebensphase eines Unternehmens ziehen die Eigentuemer seine Veraeußerung in Erwaegung. Der Grund dafuer können eine schwierige Marktsituation, Synergien aufgrund der Fusionen mit anderen Unternehmen, das Alter der Unternehmenseigentuemer oder ihre neue Zukunftsplaene sowie viele andere Faktoren sein. Leider eignet sich nicht jedes Unternehmen fuer die uebernahme. Die brutale Formulierung lautet: zwar kann sich jedes Unternehmen fuer die uebernahme eignen, aber nicht immer ist der angebotene Preis fuer den Verkaeufer guenstig. Nicht selten hört man von der uebernahme eines Unternehmens „fuer einen Zloty” und nicht immer betrifft dies ein Unternehmen, das mehr Schulden als Haare auf dem Kopf hat. Warum kommt es vor, dass einige Unternehmen ihren Eigentuemer zu guten Bedingungen aendern, dagegen die anderen kein Interesse an der uebernehme erwecken.

Die Unternehmensorganisation sowie die Branche, in der das jeweilige Unternehmen funktioniert, wirken sich auf dessen Faehigkeit aus, zu einem angemessenen Preis uebernommen zu werden. Nicht nur sind aber dabei von Bedeutung.

Stellen wir uns eine Situation vor, wo ein potentieller Transaktionsgegenstand ein Produktions- und Dienstleistungsunternehmen ist – sagen wir eine XYZ Spółka jawna (dt. OHG), die seit 30 Jahren von zwei Gruendern/Gesellschaftern geleitet wird. Bei der Gesellschaft sind 80 Mitarbeiter beschaeftigt. Sie erwirtschaftet Einnahmen i.H.v. 80 Mio. PLN und 10 Mio. PLN EBITDA jaehrlich. Aufgrund dieser Informationen laesst sich sagen, dass es ein ziemlich interessantes Unternehmen ist und man kann schaetzungsweise annehmen, dass ein Preis von dem Sechsfachen von EBIDTA, d.h. von 60 Mio. PLN ein guter Ausgangspunkt fuer Verhandlungsgespraeche ist.

Ein potentieller Kaeufer setzt sich in Kontakt mit XYZ Sp. j. Er erhaelt allgemeine Finanzdaten des Unternehmens von der Controlling-Abteilung und ihm werden 60 Mio. PLN als Preis fuer XYZ Sp.j. vorgeschlagen. Der potentielle Kaeufer nimmt diesen Kaufpreis als einen angemessenen Preis an, der ein Ausgangspunkt fuer weitere Gespraeche ist.  

Aufgrund einer naeheren Betrachtung der Unternehmensorganisation und Unternehmenslage von XYZ Sp.j. erweist sich jedoch Folgendes:

  1. Der Unternehmenssitz befindet sich in Gebaeuden, die Privatvermögen der Eigentuemer sind, wovon sie Nutzen ziehen, d.h. eine Miete. Die Eigentuemer selbst wohnen ganz daneben. Das ist eine ideale Konstellation fuer sie – sie verschwenden keine Zeit fuer die Zufahrt zum Unternehmenssitz und sind immer am Ort. Die meisten Mitarbeiter wohnen nur einige Kilometer vom Unternehmenssitz. Der verfuegbare Platz ist zu 100% genutzt und es gibt keine Ausbaumöglichkeiten des Unternehmens, denn in den letzten Jahren umwandelte sich die Gegend in ein typisches Wohngebiet und das betroffene Unternehmen gilt als eine der letzten Produktionsstaetten in dieser Gegend.
  2. Die Eigentuemer fuehren aktiv die Angelegenheiten der Gesellschaft. Sie widmeten dem Unternehmen ihr ganzes Leben, indem sie sechs Tage in der Woche ueber 10 Stunden arbeiteten. In der Gesellschaft gibt es eigentlich keine anderen Manager.
  3. Das Unternehmen ist eine Offene Handelsgesellschaft, deswegen werden Honorare der Gesellschafter und zwei ihnen helfenden Söhne als Unternehmenskosten nicht ausgewiesen.
  4. Der größte Kunde des Unternehmens generiert 35% der Einnahmen und 45% des Gewinns des Unternehmens. Die Zusammenarbeit mit ihm dauert seit Aufnahme der Geschaeftstaetigkeit durch die Gesellschaft und die Eigentuemer der beiden Betriebe kennen sich bereits seit Schuljahren.

Nach solch einer Analyse aendert der potentielle Kaeufer seine Meinung und er schlaegt einen anderen Preis vor –  die Eigentuemer lehnen dieses Angebot als unguenstig ab und die Gespraeche werden beendet.

Vom Standpunkt der Veraeußerer ist naemlich die ganze Sache sehr einfach. Das Unternehmen hat das EBITDA von 10 Mio. PLN. Das Sechsfache von EBITDA als Unternehmenskaufpreis ist durch andere Transaktionen auf dem Markt in dieser Branche begruendet. Ein niedrigeres Angebot ist als ein nicht erster Ansatz des Kaeufers zu betrachten. Aber wirklich?

Vom Standpunkt des Kaeufers sieht dagegen diese Sache folgend aus:

  1. Das berichtete EBIDTA liegt bei 10 Mio. PLN.
  2. Hier ist eine Berichtigung in Bezug auf Honorare von zwei schwer arbeitenden Gesellschaftern und ihren Söhnen notwendig. Der Kaeufer schaetzte diese Berichtigung auf 750 Tsd. PLN.
  3. Dadurch wird das EBIDTA auf 9,25 Mio. PLN gesenkt.
  4. Der Kaeufer zog in Betracht, dass er nach der Unternehmensuebernahme die Produktion um zumindest 50% erhöhen will, was an dem jetzigen Standort nicht möglich ist. Die Kosten der Standortverlegung liegen bei 1 Mio. PLN. Nicht zu vergessen ist auch, dass sich der Veraeußerer ueber die Entscheidung ueber Standortverlegung nicht freuen wird, weil er dadurch die Einnahmen aus Miete verliert (und es ist allgemein bekannt, dass er keine Ideen fuer Nutzung dieser Flaeche auf eine andere Weise hat).
  5. Die aenderung des Unternehmensstandorts kann die Rotation der Mitarbeiter zur Folge haben, die jetzt zur Arbeit mit dem Auto bzw. mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren werden muessen (40-50 Minuten hin anstatt eines Spaziergangs von ein paar Minuten). Die auf die Rotation bezogenen Kosten schaetzte der Kaeufer auf 1 Mio. PLN.
  6. Der Kaeufer beachtete auch das Risiko fuer Verlust des Hauptkunden, das von ihm auf 40% geschaetzt wurde. Er berichtigte also das EBITDA um 60% in dem Teil, der durch die Zusammenarbeit mit dem Hauptkunden generiert wurde, d.h. den Betrag von 4,5 Mio. PLN. Die Berichtigung betrug also 1,8 Mio. PLN.

Aufgrund dieser Ermittlungen unterbreitete der Kaeufer ein Angebot fuer einen Betrag, der auf folgende Weise berechnet wurde:

  1. Das berichtete EBITDA: 10 Mio. PLN.
  2. Gemindert um die Berichtigungen von insgesamt 2,55 Mio. PLN, d.h. von:
    1. 0,75 Mio. PLN – Berichtigung in Bezug auf die nicht ausgewiesenen Honorare der Gesellschafter und ihrer Familienangehörigen,
    2. 1,8 Mio. PLN – Berichtigung in Bezug auf das Risiko fuer Verlust des Hauptkunden.
  3. Der als das Sechsfache von EBITDA berechnete Firmenwert betrug also 6*(10 Mio.PLN-2,55 Mio. PLN) = 44,7 Mio. PLN.
  4. Zusaetzlich wurde der Firmenwert durch folgende Betraege gemindert:
    1. 1 Mio. PLN – Kosten der Standortverlegung,
    2. 1 Mio. PLN – Kosten in Bezug auf Rotation der Mitarbeiter aufgrund der Standortverlegung.

Letztendlich wurde der vorlaeufige Firmenwert von dem Kaeufer auf 42,7 Mio. PLN geschaetzt, d.h. auf 28% weniger als sich aus den Rechnungen des Veraeußerers ergab. Das urspruengliche Angebot des Verkaeufers wurde abgelehnt, denn es erwies sich, dass XYZ Sp.j. auf die uebernahme nicht vorbereitet ist.

Die wesentlichen Belastungen fuer die Transaktion sind:

  1. Kundenkonzentration – der Hauptkunde generiert 35% der Einnahmen und 45% des Gewinns.
  2. Eine zu enge Bindung der Eigentuemer und zugleich der bisherigen Geschaeftsleitung zu dem Unternehmen:
    1. keine anderen Manager,
    2. Firmensitz auf dem Gelaende, welches das Privatvermögen der Eigentuemer ist,
    3. die Tatsache, dass die Eigentuemer eigentlich auf demselben Grundstueck wohnen.
    4. private Beziehung der Eigentuemer zu dem Hauptkunden.

Waehrend die Fragen ueber die Notwendigkeit der Standortverlegung und der richtigen Ermittlung von EBITDA zweitrangig sind und im Laufe der Verhandlungen zu entscheiden sind, ist die Kundenkonzentration ein erhebliches Risiko und so wie eine enge Bindung des Unternehmens zum bisherigen Eigentuemer auf zu vielen Ebenen erschwert dieses Risiko deutlich dem neuen Unternehmenseigentuemer ein optimales Unternehmensmanagement nach der uebernahme. Der neue Eigentuemer muesste dann den Firmenstandort aendern, eine neue Geschaeftsfuehrung einberufen, die bisherigen Mitarbeiter an den neuen Standort gewöhnen, neue Mitarbeiter anstelle dieser, fuer welche so viele aenderungen nicht zu akzeptieren waeren, beschaffen und einarbeiten.

Und gerade diese Faktoren sprechen dafuer, das XYZ Sp.j. kein ideales Unternehmen fuer uebernahme ist –  zumindest aus Sicht des potentiellen Kaeufers.