Piotr BINDAS
Wirtschafspruefer, Senior Audit Manager bei RSM Poland

Zwar schrieben wir bereits auf unserem Blog ueber die Zusammenarbeit mit einem Wirtschaftspruefer (https://www.rsmpoland.pl/de/insights/blog/wirtschaftsprufungsdienstleist...), aber wenn ich die öffentlich verfuegbare Jahresabschluesse, insbesondere der auf New Connect notierten Gesellschaften durchsehe, habe ich den Eindruck, dass dieses Thema zu selten angesprochen wird. Ich wuerde vorschlagen, Einsicht in einige zufaellig gewaehlte Jahresabschluesse zu nehmen, die von den Emittenten auf ihren Webseiten veröffentlicht werden. Es geht mir dabei nicht darum, die wirtschaftliche Taetigkeit dieser Gesellschaften zu beurteilen, sondern um eine Analyse, wie die Informationen ueber ihre Leistungen in dem jeweiligen Jahr in dem Jahresabschluss beruecksichtigt wird, der meiner Meinung nach als die Information der Geschaeftsfuehrung fuer das uebergeordnete Organ der Gesellschaft, d.h. ihre Eigentuemer, betrachtet werden soll (ja, ja - bei einer Gesellschaft sind ihre Anteilseigner/Aktionaere am wichtigsten, denn sie ist einfach ihr Eigentum). Oft sehe ich die Jahresabschluesse der auf New Connect notierten Gesellschaften durch und als unbeteiligter Leser finde ich dabei zwei Dinge anstößig: Fehlen mancher durch das Gesetz ueber die Rechnungslegung erforderlichen Informationen sowie die Schlampigkeit der veröffentlichten Jahresabschluesse, wodurch das Verhaeltnis der Geschaeftsfuehrung einer Gesellschaft zu diesem Dokument zum Ausdruck kommt.

Mein Jahresabschluss zeugt von mir

Als der Wirtschaftspruefer höre ich oft: „...und noch diese Noten…”, „Wozu so viel?” usw. Ich antworte dann: „Wenn der Gesetzgeber den Mindestumfang von erforderlichen Informationen in einem Jahresabschluss bestimmte, heißt das, dass sie fuer die Beurteilung der Finanzlage der Gesellschaft und ihrer Leistungen im jeweiligen Jahr wichtig und nötig sind”. Die Erfuellung der Informationspflichten hat eine große Bedeutung fuer die Minderheitsaktionaere, insbesondere diese, die ihre Mittel auf New Connect investieren. Da New Connect in einem geringeren Ausmaß als die Warschauer Wertpapierbörse geregelt wird, ist dort das Investitionsrisiko viel höher und somit das Beduerfnis, einen Zugang zu vollstaendigen und transparenten Daten zu haben, viel größer. Ein anderes Thema ist eine bloße Schlampigkeit der aufgestellten Jahresabschluesse. Noch in der Grundschule –  also nicht in einer fernen Vorzeit – setzte man mir in den Kopf: „Mein Heft zeugt von mir”. Heute wuerde ich sagen: „Mein Jahresabschluss zeugt von meinem Verhaeltnis zum Leser".

Ein Jahresabschluss ist wie ein Buchumschlag

Leider hat dieser Misserfolg – d.h. der unvollstaendige und nachlaessig aufgestellte Jahresabschluss –viele Vaeter. Erstens – die Personen, die den Jahresabschluss aufstellen, haben oft weder Faehigkeiten noch Vorstellung darueber, dass der Jahresabschluss nicht zum eigenen Vergnuegen, sondern fuer eine bestimmte Gruppe (Aktionaere) und zu einem bestimmten Zweck (Beurteilung der gesamten Leistungen der Gesellschaft im jeweiligen Geschaeftsjahr aus finanzieller Sicht) aufgestellt wird. Zweitens – die Geschaeftsfuehrungen, von denen die nachlaessig aufgestellten Jahresabschluesse festgestellt und anschließend veröffentlicht werden. Es ist desto auffaelliger, dass ein Buch oft nach seinem Umschlag beurteilt wird und zweifelsohne trifft auf den Umschlag des Buches Unternehmen sein Jahresabschluss am besten zu. Drittens – Aktionaere, denn sie ueben auf die Geschaeftsfuehrungen einen nicht ausreichenden Druck aus, damit sich der vorgenannte Sachverhalt verbessert. Viertens (leider sollten wir hier uns als die Berufsgruppe an unsere Brust schlagen) – Wirtschaftspruefer. Obwohl ich möglichst fern von Einreden bin, dass den Wirtschaftspruefern einfach das erforderliche Wissen fehlt, muss ich leider verschaemt zugeben, dass auch wir in vielen Faellen nicht genug Vorstellungskraft haben, um vorzusehen, was mit einem Jahresabschluss nach dessen Unterzeichnung passiert. Somit landen wir eigentlich wieder am Ausgangspunkt, um zum aehnlichen Schluss wie am Anfang zu gelangen, der lautet: möchten wir die Zusammenarbeit mit einem Wirtschaftspruefer aufnehmen, dann waehlen wir den besten (der aber mit dem billigsten nicht zu verwechseln ist). Ein guter Wirtschaftspruefer unterstuetzt uns mit seinem Wissen im Bereich der Buchfuehrung oder Steuern und laesst uns die Scham wegen der Veröffentlichung eines nachlaessig aufgestellten Jahresabschlusses vermeiden.