Piotr STASZKIEWICZ
Audit Partner bei RSM Poland

Wie bereits in dem vorigen Beitrag ueber Bewertung von Vermögenswerten waehrend der Rezession erwaehnt wurde, soll man bei der Bewertung insbesondere die Nutzungsrechte an Vermögenswerten (d.h. an Vermögenswerten im Leasingverhaeltnis) beachten, umso mehr, dass seit mehr als einem Monat eine aenderung des IFRS 16 gilt.

Worauf beruht die Modifikation des IFRS 16 fuer Leasingnehmer?

Wie wir unsere Leser in der Reihe von Beitraegen ueber IFRS 16 ueberzeugten, ist die Analyse jedes Vertrags, der uns das Nutzungsrecht an Vermögenswerten gewaehrt, sehr wichtig. Aufgrund der Vereinbarung uebergibt eine Partei (Leasinggeber) an eine andere Partei (Leasingnehmer) eine Immobilie oder Mobilie zur Nutzung und genauer gesagt uebertraegt sie auf den Nutzer die Nutzungsrechte am Vermögenswert (RoU) gegen eine Gegenleistung. Sogar wenn sich der Zeitraum, fuer den das Recht uebertragen wird, aus dem Vertrag nicht direkt ergibt, ist der Leasingnehmer verpflichtet, das höchstwahrscheinliche Szenario anzugeben, aufgrund dessen die Zahlungen festgelegt werden, die wiederum die Grundlage fuer die Berechnung des Anfangswertes des jeweiligen Vermögenswertes und der Leasingverbindlichkeit bilden. Mit anderen Worten: eine richtige Bestimmung des Zeitraums ist eine erforderliche (aber nicht ausreichende) Voraussetzung fuer eine richtige Bewertung zum Tag der Erstbewertung. Die in den letzten Monaten herrschende Situation fuehrte zu den zusaetzlichen Vereinbarungen zwischen den Parteien, die meistens die Stundung bzw. Reduzierung der periodischen Zahlungen fuer die Nutzung des Vermögenswertes von dem Leasingnehmer zur Folge hatten. Oft kam es auch zur Einschraenkung des Nutzungsrechts, z.B. auf Antrag des Nutzers wurde die Nutzungsflaeche der einzelnen Raeume um 15-25% reduziert. Viele Buchhalter stellten sich dabei die Frage, wie man – aufgrund des IFRS 16 – solche aenderungen in den Buechern erfassen und in dem Quartalsabschluss oder – schon bald – in dem Halbjahresabschluss darstellen soll.

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Bevor wir jedoch auf die einzelnen Lösungen des IASB eingehen, möchte ich hier nur daran erinnern, dass als Modifikation des Leasingvertrags die Verlaengerung/Verkuerzung der Vertragslaufzeit, Erhöhung/Minderung der Anzahl von eingesetzten Vermögenswerten (an denen das Recht von dem Nutzer erworben wurde), Erhöhung/Senkung von vertraglichen periodischen Zahlungen ist. Nennen wir sie „grundlegende Modifikationen”. Diese „grundlegenden Modifikationen” der vertraglichen Vereinbarungen verursachen ein Dilemma – ob wir aufgrund der aenderungen mit einem „neuen Leasingverhaeltnis” zu tun haben oder reicht es aus, das vorhandene zu korrigieren? Wie man sieht, wird der Vorgehensalgorithmus kompliziert – insbesondere im Falle der Neuverhandlung und aenderung der urspruenglichen vertraglichen Vereinbarungen durch die Parteien. Jeweils sollte man doch die Stundung von Zahlungen bzw. die Reduzierung von periodischen Zahlungen in Bezug auf die Bestimmungen der Paragraphen 44-46 des IFRS 16 analysieren.

Bestimmungen des IASB zur Hilfe

Vor mehr als einem Monat wurden dem IFRS 16 die Paragraphen 46A, 46B sowie 60A, C1A, C20A und C20B hinzugefuegt. Was bedeuten sie?

Grundsaetzlich ermöglichen die Paragraphen 46A und 46B auf die Analyse zu verzichten, ob die Erleichterung in Form der Stundung der Zahlung fuer Miete eines Vermögenswertes (RoU) eine Modifikation des Leasingvertrags ist. Erfuellt der Leasingnehmer die im Paragraphen 46B genannten Kriterien, dann kann er solch eine aenderung so betrachten, als ob er mit keiner Modifikation des Leasingvertrags zu tun haette.

Wann ist die aenderung der Zahlungen fuer RoU keine Modifikation des Leasingvertrags? Paragraph 46B weist darauf hin, dass alle unten genannten Kriterien erfuellt werden muessen:

  • die aenderung der Leasingzahlungen fuehrt zu einer geaenderten Gegenleistung fuer den Leasingvertrag, die im Wesentlichen gleich oder geringer ist als die Gegenleistung fuer den Leasingvertrag vor der aenderung;
  • jegliche Reduzierung der Mietzahlungen betrifft nur Zahlungen, die urspruenglich am oder vor dem 30. Juni 2021 faellig waren (z.B. ein Zugestaendnis/eine aenderung des Vertrags gegenueber dem Leasingnehmer wuerde diese Voraussetzung erfuellen, falls sie die Reduzierung von Leasingzahlungen bis 30. Juni 2021 verursachen wuerde und zugleich die Leasingzahlungen nach 30. Juni 2021 erhöhen wuerde);
  • es gibt keine wesentlichen aenderungen an anderen Bedingungen des Leasingvertrags.

Es ist zu beachten, dass Gegenstand der aenderung des IFRS 16 nur diejenigen aenderungen in Vertraegen sind, welche die Stundung von Zahlungen aufgrund der COVID-19-Pandemie betreffen. Die aenderung z.B. des Umfangs des Leasingvertrags (Verringerung bzw. Erhöhung der Anzahl des zur Nutzung uebergebenen Vermögenswertes) oder die Verlaengerung bzw. Verkuerzung der Vertragslaufzeit sind die haeufigsten Modifikationen des Leasingvertrags, insbesondere, falls sie in dem Vertrag urspruenglich nicht genannt wurden und keine Grundlage fuer die Befreiung im Sinne der aenderungen des IFRS 16 bilden. Falls bis 30. Juni 2021 die Zahlungen reduziert oder z.B. fuer 5 Monate ausgesetzt werden, aber die weiteren Zahlungen werden um den zuvor reduzierten bzw. ausgesetzten Teil verhaeltnismaeßig erhöht, d.h. der Leasingnehmer zahlt insgesamt das Gleiche, dann kann man sagen, dass der Gesamtbetrag, der von den beiden Parteien vereinbart wurde, unveraendert bleibt und somit liegt  aufgrund der eingefuehrten Paragraphen keine Preisaenderung vor und diese aenderung ist als Modifikation des Leasingvertrags nicht zu behandeln.

Man soll hinzufuegen, dass im Falle der aenderung des Umfangs des Leasingvertrags bzw. Leasingpreises das Subjekt analysieren soll, ob diese aenderung nicht ein Teil der urspruenglichen Vertragsbedingungen war. Das Subjekt hat den Paragraphen 2 des IFRS 16 anzuwenden und die Vertragsbedingungen sowie alle wesentlichen Tatsachen und Umstaende zu beachten. Die wesentlichen Tatsachen und Umstaende können Vertraege, Gesetzesvorschriften oder sonstige Vorschriften und Regelungen umfassen, die auf die abgeschlossenen Vertraegen anzuwenden sind.

Die Mietvertraege können z.B. die Klauseln ueber Zahlungsaenderungen beim Eintritt von bestimmten Ereignissen oder Umstaenden enthalten. Die Maßnahmen der Regierung (z.B. die angeordnete Schließung der Verkaufsstellen des Einzelhandels fuer eine bestimmte Zeit aufgrund des COVID-19) können fuer die Auslegung solcher Klauseln wie höhere Gewalt, die in dem urspruenglichen Vertrag bzw. in den geltenden Rechtsvorschriften oder Regelungen enthalten waren, relevant sein. Diejenigen Zahlungsaenderungen, die aus den Klauseln in dem urspruenglichen Vertrag oder aus den geltenden Vorschriften resultieren bzw. ein Teil der urspruenglichen Bedingungen des Leasingvertrags sind, sind fuer Zwecke des IFRS 16 keine Modifikation des Leasingvertrags.

Zum Schluss möchte ich erwaehnen, dass die durch IASB vorgeschlagenen aenderungen durch EFRAG positiv beurteilt wurden und man erwartet, dass sie durch die EU an der Wende zum 4. Quartal genehmigt werden. Die aenderungen des IFRS 16 wird man auf die Abschluesse mit der Abschlussperiode ab 1. Juni 2020 und spaeter sowie retrospektiv einschließlich der zum 28. Mai 2020 nicht unterzeichneten (nicht autorisierten) Abschluesse anwenden können. Darauf weisen die hinzugefuegten Paragraphen C1A und C20A hin. Mit der Anwendung der aenderungen haengt natuerlich die Notwendigkeit der entsprechenden Angaben zusammen, was in dem Paragraphen 60A erwaehnt wurde. Dagegen befreit der Paragraph C20B die Leasingnehmer von der Darstellung der Informationen, die durch IAS 8 aufgezwungen wurden, welche die entsprechende Darstellung der Berichtigung jedes Bestandteils des Abschlusses betreffen, der von der aenderung des IFRS 16 „betroffen” werden könnte.

Sollten Sie Fragen zu diesem Thema haben, bitte setzten Sie sich mit uns wie immer direkt in Verbindung.

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